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Regierung bringt 12-Stunden-Arbeitstag auf Schiene

Gestern hat die ÖVP-FPÖ-Regierung ziemlich unangekündigt einen Gesetzesentwurf für eine Arbeitszeitflexibilisierung im Parlament präsentiert. Darin ist geplant, dass die tägliche Höchstarbeitsgrenze auf 12 Stunden angehoben werden soll.

Von Irmi Wutscher

Im österreichischen Arbeitsrecht gibt es die Normalarbeitszeit und die Höchstarbeitszeit. Die Normal-Arbeitszeit ist und bleibt 8 Stunden am Tag und 40 Wochenstunden. Zusätzlich dazu können die Arbeitgeberinnen Überstunden anordnen. Bisher ist das nur bis höchstens 10 Stunden am Tag gegangen. Nach dem neuen Gesetzesentwurf können es bis zu 12 Stunden am Tag werden. Die Überstunden müssen natürlich weiterhin mit Zuschlägen ausbezahlt werden.

Die Regierung sagt, mit diesem neuen Entwurf gebe es jetzt die Möglichkeit zu flexibleren, modernen Arbeitsverhältnissen. So sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck heute zum Ö1 Mittagsjournal: „Es gibt viele Kollektivverträge, in denen genau das geregelt ist. Für mich ist verwunderlich, dass das so einen Aufruhr gibt, wenn man etwas in ein Gesetz gießt, dass in so vielen Kollektivverträgen geregelt ist.“

Um die Hälfte mehr

„Bei der Arbeit geht es darum, ob ich die Wohnung bezahlen kann, ob ich einen Job habe, beruflich aufsteige“, sagt der Arbeitsrechtsexperte Martin Risak. „Das heißt typischerweise gibt es ziemlich wenig Freiheit im Arbeitsverhältnis. Sondern man stimmt dem zu, weil man Angst um seinen Job hat.“

Bei acht Stunden Normalarbeitszeit sind das um die Hälfte mehr, für die man bereitstehen muss. Ablehnen kann man diese Zusatzstunden wegen „überwiegender persönlicher Interessen“ – zum Beispiel wenn man ein Kind hat, das betreut werden muss. Nur ist das nicht neu, sagt Martin Risak: „Das war auch schon in der Vergangenheit der Grund, warum ich ablehnen kann. Aber auch nur, wenn es für mich nicht vorhersehbar ist, dass ich drankomme.“ Am gleichen Tag also ja, für die Überstunden nächste Woche muss ich Betreuung organisieren.

Außerdem muss der_die Arbeitnehmer_in von sich aus nachweisen, dass sie die Überstunden nicht machen kann. Jedes Mal sagen „ich habe ein Kind“ geht da nicht, sagt Risak. Denn die Überstundenbereitschaft steht in jedem Arbeitsvertrag – und der_die Arbeitnehmerin muss Vorkehrungen treffen, damit sie Überstunden leisten kann. Sonst hätte sie den Vertrag eigentlich gar nicht annehmen können.

Frauen in Teilzeit

12-Stunden-Arbeitstage gibt es in Österreich schon in der Industrie oder in Krankenhäusern zum Beispiel. Jetzt dehnt sich das auf andere Branchen aus: „Damit sickert das jetzt hinüber in die ganz normale Verkaufs- und Büroarbeit. Das ist recht bezeichnend: Das sind die Leute, die bis dato gefunden haben, sie sind verhältnismäßig sicher. Wo es nicht Kollektivverträge gibt, aufgrund derer man verhältnismäßig gut verdient. Wenn man schaut: wer arbeitet in solchen Bereichen, dann sind das zum Großteil Frauen.“

Und gerade im Handel und in der Büroarbeit arbeiten die Frauen besonders oft Teilzeit. Hier wirkt sich der 12-Stunden-Tag besonders stark aus: „Stellen sie sich vor, sie sind für 3 Stunden angestellt und auf einmal sollen Sie 12 arbeiten! Das ist nicht irgendwas. Gerade für Teilzeit-Beschäftigte ist der 12-Stunden-Arbeitstag natürlich noch viel gravierender!“ Denn damit haben die Firmen bei den Teilzeit-beschäftigten einen viel höheren Flexibilisierungsspielraum.

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Kurze Woche ist nicht neu

Die Regierung argumentiert, dass mit der neuen Regelung die 4 Tage Woche möglich wird. Es ist von mehr Freizeit die Rede, dass Pendler_innen weniger oft in die Arbeit fahren müssen. „Wir entkriminalisieren damit auch vieles, was im täglichen Arbeitsleben schon stattfindet. Es gibt immer wieder Mitarbeiter, die sagen, ich arbeite für ein Projekt lieber 10, 10 und 8 Stunden und habe dann am Freitag frei“, so Wirtschaftsministerin Schramböck.

Nur: Eine 4-Tage-Woche geht ja jetzt schon, in dem man 4 Tage 10 Stunden arbeitet. Und auch das Arbeitszeit-Modell eines kurzen Freitags gibt es jetzt schon. In vielen Betrieben arbeiten die Angestellten 9 Stunden und gehen dann Freitag zu Mittag nach Hause. „Dort, wo das möglich ist, haben wir das derzeit schon. Und ich halte das wirklich für einen Mythos, dass derzeit keine vernünftigen Arbeitszeitmodelle möglich sind. Das einzige was nicht möglich ist: kurzfristig bis zu 12 Stunden anzuordnen.“

12 Stunden ohne den Betriebsrat

Bisher können 12-Stunden Arbeitstage nur angeordnet werden, wenn es vorübergehend besonders viel Arbeit gibt. Und es muss eine Betriebsvereinbarung dazu geben. „Bisher ging das nur mit der Zustimmung des Betriebsrates – und den Betriebsrat schaltet man hier vollkommen aus“, sagt Martin Risak.

Jetzt sollen sich das die Arbeitnehmerinnen alleine mit den Vorgesetzten ausmachen, sie die Idee der Wirtschaftsministerin: „Das ist immer so, dass das eine Beziehung auf Augenhöhe ist, es sind hier Erwachsene in den Unternehmen.“, sagt Margarete Schramböck zu Ö1. „Wenn die Mitarbeiterinnen das Thema Pflege oder Kinderbetreuung haben, dann wird man sich das auf Augenhöhe aussprechen. Ich gebe ganz klar den Auftrag an die Unternehmen, das nicht auszunutzen.“

Martin Risak ist davon nicht überzeugt: „Es hat ja einen Grund, warum es Gewerkschaften und Betriebsräte gibt. Die sind dafür da, weil einzelne nicht auf Augenhöhe mit dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin verhandeln können.“

Die ÖVP-FPÖ-Regierung möchte den Gesetzesentwurf zu den neuen Arbeitszeiten möglichst schnell durchbringen: es soll keine normale Begutachtungsfrist geben und das Gesetz schon im Juli beschlossen werden. Dann könnte es bereits im Jänner 2019 in Kraft treten. Die Gewerkschaft ist empört und denkt über Maßnahmen nach, wie zum Beispiel Streiks.

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