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Mountainbiker backflippt von einer Holzrampe

Simon Welebil

Das Crankworx Mountainbike Festival und Innsbruck wachsen zusammen

Innsbruck ist noch nicht die „Bike City“, als die es sich gerne vermarktet, aber das Spektakel beim Crankworx Mountainbike Festival macht Lust auf mehr.

Von Simon Welebil

Große Veränderungen sieht man nicht im Festivalgelände des Bikepark Mutters etwas oberhalb von Innsbruck, seit das Crankworx Mountainbike Festival hier 2017 zum ersten Mal Station gemacht hat. Einzig die riesigen Holzrampen des Slopestyle-Kurses, über die die weltbesten Freestyle-Mountainbiker jetzt wieder ihre Flips und Spins machen, haben ein wenig Patina angesetzt. Ein ganzes Jahr lang sind sie unbenutzt gewesen, womit sie das Schicksal vieler anderer Sportstätten teilen, deren Dimensionen zu groß für den Hobbysport sind. Von den Anlagen, die für das prestigeträchtigste Event der Mountainbike Gravity Szene entstanden sind, wird nur der Pumptrack regelmäßig befahren.

Schon vor der Crankworx-Premiere letztes Jahr gab es Kritik aus der lokalen Mountainbike-Szene, dass die Bike-Infrastruktur in Innsbruck nicht reif für eine Veranstaltung dieser Größenordnung sei, die Tausende Bikefans nach Innsbruck bringen soll, die nicht nur zuschauen wollen, sondern auch ihre Räder mitbringen. Von offizieller Seite wurde dem damit begegnet, dass man das „Pferd von hinten aufzäumen wolle“, dass mit dem Crankworx die Sichtbarkeit und Akzeptanz erhöht würde und damit auch Investitionen in weitere Anlagen und den Breitensport folgen würden.

Die Bike-Infrastruktur um Innsbruck wächst

Und seit sich Innsbruck für das Crankworx entschieden hat, habe sich auch einiges in Bezug auf Infrastruktur getan, sagt Steffen Arora. Vor einigen Jahren hat er mit einer PR-Agentur daran gearbeitet, das Crankworx nach Tirol zu holen, mittlerweile hat er die Branche gewechselt, ist Tirol-Korrespondent des Standard und Verfasser des Radblogs Tretlager. Im letzten Jahr sind etwa im nahen Stubaital zwei neue Trails gebaut worden, der Arzler-Alm-Trail wurde erweitert und auch in Mutters und Götzens, den Standorten des Crankworx, wurden Trails erweitert und modifiziert. Es geht aber nicht so schnell voran wie erhofft. In den großen Tourismusregionen Serfaus-Fiss-Ladis und Sölden im Tiroler Oberland wird in einem ganz anderen Tempo gebaut und investiert.

Steffen Arora

Simon Welebil

Steffen Arora

Zur „Bike City“, als die sich Innsbruck auch mit dem Crankworx vermarktet, fehlt laut Steffen Arora allerdings noch sehr viel. „Ich finde Innsbruck steht ganz am Anfang, einmal eine Bike City werden zu können“, sagt er. Für Steffen Arora erfordert das nämlich zuerst einmal eine positive Einstellung zum Fahrradfahren. Das beginne mit der Fahrradinfrastruktur in der Stadt, die noch nicht fahrradfreundlich sei. Den Autos werde im Gegensatz zu den Rädern viel zu viel Platz eingeräumt, es gäbe auch keine Verbindung zwischen den Trails im Norden und im Süden der Stadt und auf den touristisch intensiv genutzten Bergen gelte es, die Nutzungskonflikte zwischen Wandernden, Jäger*innen, der Forstwirtschaft und Biker*innen, wofür das Tiroler Mountainbike-Modell 2.0 aber gute Voraussetzungen biete. Was auch noch fehle, sei die eigene Erfahrung mit dem Sport, „zu sehen, dass das nichts Verrücktes, Extremes ist, sondern im Grunde wie Schifahren im Sommer ist, ein Sport, den man auch mit Familie und Kindern, Alt und Jung ausüben kann.“

Innsbruck lernt die Begeisterung fürs Mountainbiken

Ob ein Hochleistungs-Event wie das Crankworx, dessen gigantische Sprünge natürlich auch schwere Stürze mit sich bringen, das Image des verrückten und extremen Sport korrigieren kann, ist fraglich, die Schi-Abfahrt auf der Kitzbühler Streif ist ja auch nicht unbedingt die beste Werbung für den Breitensport. Was das Crankworx aber auf jeden Fall kann, ist Begeisterung zu entfachen.

Schon 2017 haben sich Tausende Innsbrucker*innen vom Crankworx zum Reinschnuppern in die für viele fremde Welt des Mountainbike-Gravity-Sports verführen lassen, auch durch freien Eintritt. Ein Jahr später sind sie wieder alle da und sogar bereit, diesmal Eintritt zu bezahlen, um einigen der weltbesten Mountainbiker*innen zuzusehen, wie sie den Berg hinunterrasen und durch die Lüfte fliegen.

Heimische Rider*innen heizen die Stimmung an

Wetterbedingt wird der Auftakt des Crankworx 2018 einen Tag nach hinten verschoben, dafür beginnt er aus heimischer sportlicher Perspektive optimal. Valentina Höll, gefeiertes Downhill-Nachwuchstalent aus Saalbach, holt sich, von den euphorischen Zuschauer*innen angetrieben, beim Pumptrack-Rennen den dritten Platz.

Vali Höll gibt Autogramme

Simon Welebil

Vali Höll

Das erste österreichische Crankworx-Podium ist auch für die 16-Jährige selbst überraschend gekommen. Am Vortag hat ihr Vater ihr noch von dem Antritt beim Rennen abgeraten, um sich nicht gegen die Stars der Szene zu blamieren, schlussendlich hat sie sich erfolgreich qualifiziert und erst im Halbfinale gegen Crankworx-Dominatorin Jill Kintner ihr einziges K.O.-Duell verloren - „ein Wahnsinn, das erste Mal auf einem Elite-Podium zu stehen“, meint sie danach im Interview.

Auch als am Freitag beim Whip-Off vor malerischer Bergkulisse zum ersten Mal hohe Sprünge am Programm stehen, übernehmen Rider aus Österreich die Rolle der Publikums-Einheizer. Wenn Trial-Superstar Fabio Wibmer, Elias Schwärzler oder Peter Kaiser mit ihren Bikes möglichst quer durch die Luft segeln, werden die Oohs und Aahs besonders laut und machen das Event für die Rider zum Highlight des Jahres.

Dass bei den großen Freestyle-Events danach heimische Rider*innen keine große Rolle mehr spielen, tut der guten Stimmung keinen Abbruch mehr. Den Auftrag des großen Mountainbike-Spektakels erfüllen beim Signature Event des Crankworx, dem Slopestyle, eben die internationalen Stars der Szene. Wie im Vorjahr setzt sich der US-Amerikaner Nicholi Rogatkin im Slopestyle vor dem Kanadier Brett Rheeder durch und Tausende Fans bejubeln die Rider im Ziel. Innsbruck ist auf den Mountainbike-Geschmack gekommen und hat das Crankworx Festival ins Herz geschlossen. Man kann gespannt sein, wie viele das aufs Bike bringt.

Update Sonntagabend:

Vali Höll rockt auch den abschließenden Downhill am Sonntag, gewinnt die Nachwuchsklasse überlegen und wäre mit ihrer Zeit auch wieder auf dem Crankworx-Podium gelandet, wenn sie in der Elite-Klasse gestartet, diesmal vor Jill Kintner und nur knapp hinter Tracey Hannah.

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