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Drake in Blackface

Pusha T

hiphop lesekreis

Rap-Zeilen weit unter der Gürtellinie

Im Krieg der Worte zwischen Pusha T und Drake (sowie Kanye West) wurde an persönlichen Tiefschlägen und anderen Gemeinheiten nicht gespart. Der FM4 HipHop-Lesekreis hat die Ursprünge dieser Auseinandersetzung und ihren Verlauf analysiert.

Von Stefan „Trishes“ Trischler

Rap-Beef ist eine seltsame Sache. Einerseits ist diese Art des sprachlichen Wettkampfes so alt wie HipHop selbst. Ihre Wurzeln hat die gegenseitige Beschimpfung in den Dozens, die vor allem in der afro-amerikanischen Community verbreitet waren. Eine spielerische Auseinandersetzung, in der Schlagfertigkeit und sprachliche Kreativität gewinnen, die auch beide Seiten anspornt, sich möglichst pointiert auszudrücken. So gesehen hat Beef auch viele Künstler_innen zu Rap-Höchstleistungen angetrieben und ist für uns Fans eine aufregende Sache.

Weil die so gewonnene Aufmerksamkeit (auch HipHop-Medien lieben die Reichweite steigernden Wortwechsel) auch bestens für die Eigenwerbung eingesetzt werden kann, wurde der Diss dann zum beliebten Promo-Modell, am besten noch unterfüttert mit saftigen persönlichen Untergriffen. Von 2Pacs Behauptung, mit Notorious BIGs späterer Frau Faith Evans geschlafen zu haben bis hin zu Jay-Z, der bei einem großen Open-Air-Konzert in New York Bilder eines tanzenden jungen Prodigy projizieren ließ. Ersteres war der Höhepunkt des Eastcoast/Westcoast-Streits, der letztlich auch hinter den bis heute ungelösten Morden an beiden Protagonisten steht. Zweiteres ein Seitenstrang des epischen Beefs zwischen Jay-Z und Nas, wer denn jetzt der neue King Of New York sei - womöglich war das fast zeitgleich mit Nasir veröffentlichte Album von Jay und Beyoncé da auch wieder ein kleiner Akt der Aggression nach langer Ruhe...

Von außen betrachtet können Beef und Diss Tracks aber, zugegeben, auch ziemlich lächerlich wirken:

Trotzdem hat ein Großteil der HipHop-Welt kürzlich den Atem angehalten, als sich Pusha T und Drake öffentlich in die Haare gerieten. Pusha, der früher mit seinem Bruder Malice das Duo The Clipse bildete, bezieht sich im Song Infrared auf die Geschichte, dass sich Drake offenbar einige seiner Texte von einem Ghostwriter namens Quentin Miller schreiben ließ:

It was written like Nas, but it came from Quentin

Dieser Angriff dürfte Drake ziemlich verärgert haben, im weniger als 24 Stunden danach veröffentlichten Duppy Freestyle beschwerte er sich über Pusha Ts Dreistigkeit, rotzte auch in Richtung Kanye und beschuldigte Pusha T schließlich, in Bezug auf sein Lieblingsthema, das Verkaufen von Crack, maßlos zu übertreiben:

Man, you might’ve sold to college kids for Nike and Mercedes / But you act like you sold drugs for Escobar in the ’80s

Mehr Lyrics:

Der FM4 HipHop-Lesekreis zum Nachlesen oder als Podcast.

Danach erwähnte er relativ unmotiviert noch den Namen von Pusha Ts Verlobter, der dank diverser Online-Artikel ohnehin nicht soo geheim war. Für Pusha, der viel Wert auf seine Privatsphäre legt, war damit aber eine Grenze überschritten. Was ihn prompt dazu motivierte, in The Story Of Adidon gleich mehrere Grenzen zu überschreiten. Wie das Instrumental ist auch das Cover an Jay-Zs Story Of OJ angelehnt, nur zeigt es Drake in Blackface, offenbar ein Foto aus dessen Schauspieler-Tagen. Inhaltlich geht es zum einen um Drakes nicht so glückliche Familiengeschichte:

You mention wedding ring like it’s a bad thing / Your father walked away at five — hell of a dad thing / Marriage is somethin’ that Sandi never had, Drake / How you a winner but she keep comin’ in last place?

Dann erzählte Pusha T der Welt auch von Drakes verstecktem Kind mit einer ehemaligen Porno-Darstellerin und gibt ihm ein paar wohlgemeinte Ratschläge fürs Vater-Sein:

You are hiding a child, let that boy come home / Deadbeat mothafucka playin’ border patrol, ooh / Adonis is your son / And he deserves more than an Adidas press run, that’s real

Nachdem so auch die angekündigte Schuh-Kollaboration Adidon einen ziemlich schlechten Beigeschmack erhält, hat Pusha noch folgende Zeilen für Drakes Freund und Produzenten Noah 40 Shebib, der seit mehr als 10 Jahren an Multipler Sklerose leidet:

OVO 40, hunched over like he 80—tick, tick, tick / How much time he got? That man is sick, sick, sick

Einen eigentlich Unbeteiligten aufgrund seiner Krankheit zu verspotten, ist natürlich grauslich, da sind sich alle Beobachter einig. Trotzdem hat Pusha T die Auseinandersetzung gewonnen, nicht zuletzt, weil Drakes neue Single in dem Getöse ziemlich untergegangen ist - und weil der kanadische Rap-Star nicht mehr geantwortet hat. Der selbst gefürchtete Rap-Mogul J Prince aus Houston ging mit der Behauptung durch die Medien, er habe den Streit in Zusammenarbeit mit Kanye beigelegt, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Aber der Mann hat auch gerade ein Buch zu verkaufen...

Der FM4 HipHop-Lesekreis mit Dalia Ahmed, Mahdi Rahimi, Ole Weinreich und meiner Wenigkeit hat sich die diversen Diss-Tracks genauer angehört und auch die Vorgeschichte erzählt:

FM4 HipHop-Lesekreis: Pusha T vs. Drake

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