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Toni Kroos Deutschland

APA/AFP/Nelson Almeida

Blumenaus WM-Journal

Kroos löst das Problem, das durch ihn existiert.

Sorry, beeindruckendes Belgien & Mexiko: das Thema ist trotzdem „tschland“. Gerade wegen des Last-Minute-Kopf-aus-der-Schlinge-ziehens.

Von Martin Blumenau

Den pampigen Flash-Interviews von Kroos und Reus konnte man es schon entnehmen: da hatte „Die Mannschaft“ und/oder das Löwsche Trainerteam einen auf Wagenburg gemacht, und sich selber in den Glauben versetzt, dass sich tatsächlich viele freuen würden, wenn der Weltmeister in der Vorrunde scheitert. Das mag auf große Teile der Welt zutreffen, für Deutschland, auch auf die nicht-nationalistischen Teile, stimmt das nicht, auch medial.

The daily blumenau bietet seit 2013 ebenso wie sein Vorgänger, das Journal, regelmäßig Einträge zu diesen Themenfeldern.

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Aber wieder bekommen die Rechtspopulisten recht: Einfache Feindbilder helfen einfach immer.

In Österreich wünscht auch kaum jemand dem Nachbarn was Schlechtes. Als Weltmeisterbesieger oder zumindest Viertelfinalistbesieger lebt es sich besser als als Vorrundenauscheider-Besieger.

Jetzt aber zur Analyse: dass Deutschland im Bewerb bleibt und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ins Achtelfinale geht (und zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen wird, gegen wen...), hat nichts mit Glück zu tun. Die deutlich bessere Mannschaft hat es erzwungen, spät zwar, aber das späte Sieg- oder Ausgleichstor gibt’s hier bei der WM schon öfter und es ist auch im restlichen wirklichen Fußball-Leben Teil der Moderne.

Tschutti Heftli Matchplakat Deutschland Schweden

Tschuttiheftli

Das Glück hatte nur bei der Gruppenauslosung eine Rolle gespielt. Mit stärkeren Gegnern als Südkorea und Schweden (das sind mit Verlaub die schwächsten Europäer beim Turnier) wie sie etwa in den Gruppen D und E zu finden sind, wäre der Titelverteidiger schon weg. Die eklatanten Schwächen in der Gesamtstruktur und vor allem der Defensive der Mannschaft hätte in einer besser besetzten Gruppe keine Zeit auszuheilen, mit einer Instant-Schnellkur.

Deutschlands Problem beginnt beim De-facto-Ausfall von Neuer, Boateng und Hummels, dem defensiven Herz. Alle drei kämpfen, sofern sie spielen, mit sich und ihren maximal 90% Betriebstemperatur und sind nicht der große Rückhalt früherer Tage/Jahre/Turniere.

Dazu kommt die Verständniskrise des Toni Kroos. Der hat nach langen Jahren, in denen die Potentiale seiner Neben- und Vorderleute deren tatsächliche Klasse überlagerten, erkannt, dass ER der einzige konstante Weltklasse-Spieler Deutschlands ist. Und angesichts des Ausfalls seiner Rückendeckung macht er sich - zurecht - einen Kopf darum. Wohin das führt, sieht man: der Versuch sich im linken Halbraum unsichtbar zu machen, initiativloses Spiel und dann üble Fehler, die den Rückstand bringen, kollektive Verunsicherung. Gut, dafür gleicht er das mit seinem Siegtreffer wieder aus. Aber wäre Kroos’ Kopf klar, könnte er - wie früher - auch ein paar der potentials durchschleppen. Oder den beim Team in Pflichtspielen immer geistig abwesenden Özil. Oder den durch seine Erdogan-Aktion selbstverstümmelten Gündogan.

Tschutti Heftli Matchplakat Mexiko Südkorea

Tschuttiheftli

Wenn nun die drei hinten und Kroos als Sicherheitsgeber ausfallen und keiner der anderen das aufzufangen versteht, dann kommt das Mexiko-Spiel heraus. Wobei dort auch die Coaching-Missgriffe von Team Löw nicht unterschlagen werden sollen. Wenn Hummels nach dem letzten Wechsel in Richtung Bank rausbrüllt, was denn das für die nun blanke linke Seite neben ihm bedeuten solle und die dann für Minuten tatsächlich von niemandem bespielt wird, dann stimmt etwas nicht. Und trägt auch nicht zum Sicherheitsgewinn bei.

Immerhin das war heute besser. Der letzte Wechsel, der wieder zu „Hollywood“ (dem alten Happel-Begriff für volles Risiko) führte, brachte wieder eine blanke linke Seite, die aber von einem Mann mit Spielverständnis selbstständig gefüllt wurde. Von Toni Kroos, der mit diesem Opfer ein schiefes, aber wirkungsvolles 2-2-5 möglich machte. Und sich deshalb wieder die Messias-Stellung (für sich) verdient hatte, und dann auch den finalen Freistoß selbstsicherer schießen konnte, als alles andere an Ballberührung davor. So gesehen, muss man Boateng dankbar sein, dass er vom Platz gestellt wurde und diese kritische Situation heraufbeschworen hatte, ohne die Kroos wiederum wohl nicht mehr zurückgekehrt wäre.

Tschutti Heftli Matchplakat Tunesien Belgien

Tschuttiheftli

Fürs nächste Spiel bedeutet das nicht viel. Aber es ist eben nur Korea, und deren bedauerliche Vorstellung gegen die wieder mit herzlicher Freude ins Spiel gegangenen Mexikaner wiederholte, was man bereist vorher wusste: sie werden die Top 30 dieser WM nur mit Mühe schaffen; und sind kein Maßstab für irgendjemanden.

Ebenso wenig wie den schönen Sieg Mexikos überbewerten, sollte man den zweiten hohen Sieg Belgiens. Nicht, weil mit Tunesien eben kein Kleinhäusler weggeschossen wurde - die Nordafrikaner waren auf Augenhöhe und riskierten dann (aus der Not) einen Deut zu viel - sondern, weil Belgiens Probleme, wie bei der Euro, dann beginnen werden, wenn sie in Rückstand geraten und eine zweite Idee in ihr Spiel bringen müssen. Dann wird’s spannend.

1. Runde
Deutschland : Mexiko 0:1 Review
Schweden : Südkorea 1:0
2. Runde
Südkorea : Mexiko 1;2
Deutschland : Schweden 2:2 Review
3. Runde
Mexiko : Schweden 0:3
Südkorea : Deutschland 2:0

Gruppe F

Schweden 2 0 1 5:2 6
Mexiko 2 0 1 3:4 6
Südkorea 1 0 2 3:3 3
Deutschland 1 0 2 2:4 3
Gruppe A Gruppe B Gruppe C Gruppe D
Russland Portugal Frankreich Argentinien
Saudi-Arabien Spanien Australien Island
Ägypten Marokko Peru Kroatien
Uruguay Iran Dänemark Nigeria
Gruppe E Gruppe F Gruppe G Gruppe H
Brasilien Deutschland Belgien Polen
Schweiz Mexiko Panama Senegal
Costa Rica Schweden Tunesien Kolumbien
Serbien Südkorea England Japan

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