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Umtiti gibt Hazard die Hand

APA/AFP/GABRIEL BOUYS

Blumenaus WM-Journal

Wie die WM helfen wird aus den Blasen rauszukommen

Was bleibt, was nachwirkt und wie Österreichs Fußball profitieren wird.

Von Martin Blumenau

Auch Fußball existiert in Blasen, mit Scheuklappen, fixiert aufs eigene Tun, die unmittelbaren Einflüsse und Strukturen. Große Turniere sind die allzweijährliche Gelegenheit des gleich kollektiven Blicks nach außen, jenseits der Tellerränder.

Das ist der 40. und letzte Eintrag ins WM-Journal 2018. The daily blumenau bietet seit 2013 ebenso wie sein Vorgänger, das Journal, regelmäßig Einträge zu diesen Themenfeldern.

Blumenaus WM-Journal 2018 gibt es auch als Podcast!

Sage niemand, der moderne Fußball wäre nicht lernfähig.

Noch vor zwei Jahren bei der von Portugal (zurecht) gewonnenen Euro scheiterten sowohl Frankreich als auch Kroatien an einer taktisch schlaueren Mannschaft, die weniger an Ballbesitz, also Quantität, sondern mehr an schnellem Umschalten und Ball-Qualität interessiert war. Belgien (damals noch konventionell arrangiert) wusste sich gegen einen Gegner mit 5er-Kette nicht zu helfen. Spanien ging im Achtelfinale gegen ein ähnlich choreografiertes Italien unter, und ein taktisch sehr unbewegliches England gegen Island.

Sieben Spieler der damaligen englischen starting lineup waren 2018 wieder dabei - aber eben gänzlich anders sortiert. Und das war wohl der entscheidende Unterschied zu z.B. Deutschland, wo keine Lehren gezogen wurden, weil man sich das damalige Halbfinal-Aus gegen den Gastgeber schönredete und in seiner Wohlfühl-Blase verblieb.

Das war die WM: das Finale, das kleine Finale, Fußball wird American Football und Fußball & Politik

Das erste Semifinale FRABEL, das zweite Semifinale ENGCRO und die drei großen Themen vor dem Halbfinale.

Der erste Viertelfinaltag mit FRAURU und BRABEL, der zweite Viertelfinaltag mit SWEENG und RUSCRO und Die Lust auf einen neuen Weltmeister.

Der erste Achtelfinaltag mit FRAARG und URUPOR, der zweite Achtelfinaltag mit SPARUS und CRODEN, der dritte Achtelfinaltag mit BRAMEX und BELJAP und der vierte Achtelfinaltag mit SWESUI und COLENG und Die Festung Europa und die Sache mit dem Star-Fokus.

15 Tage Gruppenphase mit Tag 1, Tag 2, Tag 3, Tag 4, Tag 5, Tag 6, Tag 7, Tag 8, Tag 9, Tag 10, Tag 11, Tag 12, Tag 13, Tag 14 und Tag 15.

Und nach einer Einführung in die WM dann die Gruppenvorstellungen: Gruppe A, Gruppe B, Gruppe C, Gruppe D, Gruppe E, Gruppe F, Gruppe G, Gruppe H.

Alle Gewinner dieser Fußball-WM, also vor allem die Halbfinalisten, haben ihre Lehren gezogen und das getan, was die die Süd-/Mittelamerikaner abseits der großen Zwei schon seit geraumer Zeit als Mittel verwenden, um sich gegen personell und infrastrukturell überlegene Gegner durchzusetzen: Sich etwas überlegt, was kleinere Gegner dominiert, was gleichklassige Kontrahenten herausfordert und überlegene Konkurrenz unerwartet trifft. Der daraus entstehende Ideen-Mix (prinzipielle Variabilität im System, zumindest zwei Spielpläne, lautloses Switchen durch selbstverständliches In-Game-Coaching, spezielles Augenmerk auf Standards etc.) tat all den Großen, die sich auf eine einzige Stärke (nämlich ihr Spiel durchziehen zu können) verlassen hatten, ordentlich weh.

Im Normalfall werden die Großen eine entsprechende Analyse vornehmen und schon 2020 hart zurückschlagen - im Fall von Spanien, die sich in ihrer Blase so wohlig eingerichtet haben, dass sie die Außenwelt gar nicht mehr zur Kenntnis nehmen wollen, aber warten wir jetzt schon seit vier Jahren auf den Turnaround. Brasilien hat unter Tite deutliche Fortschritte gemacht, ist aber trotzdem noch zu berechenbar; und der DFB kann morgen schon von Lothar Matthäus übernommen werden. Es wird also durchaus spannend.

Für eine kleinere Fußball-Nation wie Österreich sollten eigentlich andere kleinere Nationen mit vergleichbaren Möglichkeiten als Vorbild dienen. In den letzten Wochen haben sich da Polen oder die Schweiz aus dem Spiel genommen, auch das in den letzten Jahren aus der Nähe zu betrachtendes serbische Beispiel hat eher gezeigt, wie man eine Idee wieder zugrunde richtet. Und an Schweden, Island oder Russland ist einfach nichts vorbildhaft.
Insofern bleibt dem ÖFB gar nichts anderes übrig als sich - wie hier ausgeführt an Belgien oder England zu orientieren.

Es wird aber auch ein Einfluss auf die Profiligen feststellbar sein: ehrgeizige und vife Trainer wie Ilzer, Schopp, Glasner, Grabherr, Weissenböck, Sageder, Mählich oder Hickersberger aber auch Arrivierte wie Rose, Letsch oder Vogel arbeiten sicher bereits an Ideen für kreative Standards oder bauen ihre Dreierketten neu.

Was sonst noch bleibt: viel Statistik, Mateo Kovacic’ Widmung, ein womöglich oder auch doch nicht verändertes Russland und jede Menge betriebsblinde Interpretationen, die Kritik an Ustascha-Fahnen mit Fremdenhass gleichsetzen und somit klassisch innerhalb der Blase bleiben. Auch das kann also ein WM-Fazit sein.

PS: Heute Vormittag wurde endlich das All-Star-Team der WM erstellt (das dauert immer so lang): Courtois; Meunier, Varane, Granqvist, Lucas Hernandez; Pogba, Kanté, Modrić; Mbappé, Griezmann, Eden Hazard.
Da mögen nun Trippier, Yerry Mina, Coutinho, Cherychev, Perisic, Kane, Lukaku oder der Sieger der media attention fehlen, stimmig ist es allemal.

Und damit ist die WM nun endgültig vorbei.

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