FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Ebony Bones

Ebony Bones

Ebony Bones veröffentlicht ihr neues Album „Nephilim“

Ebony Bones ist niemand, der vor großen oder komplexen Themen zurückschreckt. „Epochal“ ist ein Begriff, der inflationär verwendet wird, aber er passt für „Nephilim“, das dritte Studioalbum der britisch-jamaikanischen Musikerin Ebony Bones.

Von Natalie Brunner

Es ist ein Album passend für eine Zeit, in der es keine Selbstverständlichkeit mehr ist, Menschen in Seenot zu retten. „Nephilim“ ist ein Album über Rassismus, Kolonialismus, Verdrängung und Zensur. Die Namensgeber, die „Nephilim“, waren Halbgötter und frühe Opfer von Zensur; sie wurden, wie Miss Ebony Bones im Interview erzählt, von den Römern aus der Bibel verbannt.

Ebenfalls aus dem öffentlichen Bewusstsein verbannt wurde der Inhalt der zutiefst rassistischen Rede, die der rechtskonservative britische Abgeordnete Enoch Powell von 50 Jahren, im April 1968, hielt. Diese Rede ging als „Rivers Of Blood Speech“ in die Geschichte Großbritanniens ein. Sie darf wegen Volksverhetzung in Großbritannien nicht zur Gänze öffentlich gespielt werden. Mit Samples aus der „Rivers Of Blood“-Rede eröffnet Ebony Bones ihr furioses Stück „No Black in the Union Jack“ - es sei nämlich falsch, eine öffentliche Auseinandersetzung mit solchen Ansichten durch Zensur zu unterbinden. Sie würden so in neuem sprachlichen Gewand zurückkehren und zu Entscheidungen wie den Brexit führen, so Ebony Bones in „No Black in the Union Jack“. Im Interview mit FM4 sagt sie, dass die in der Schule nichts über Powell und seine Rede gehört habe, genau so wenig habe sie Detailliertes über die Geschichte des Kolonialismus gelernt. Durch Totschweigen würden verbrecherische Ideologien und die ihnen folgenden Aktionen aber nicht verschwinden, meint Miss Bones.

Die Nummer „Oh Leopold“ handelt von König Leopold II. von Belgien. Er persönlich war bis 1908 der „Eigentümer“ des Kongos und stahl vor allem Elfenbein und Kautschuk. Schätzungen zufolge kostete der Raubzug des europäischen Monarchen 10 Millionen Menschen das Leben.

Ein weiterer großer Gänsehaut und Tränen erzeugender Moment auf „Nephilim“ ist die Ebony-Bones-Version von Junior Murvins und Lee „Scratch“ Perrys Reggae-Klassiker „Police and Thieves“ aus dem Jahr 1976. Die Nummer wurde nur ein Jahr später von The Clash gecovert und ist ein bis heute politisch aktuelles Stück, das eine auf Seiten des Unrechts stehende Polizei anprangert. Ebony Bones hat es mit einem Kinderchor aufgenommen als Kommentar zur tödlichen Polizeigewalt gegen Afroamerikaner.

„Bone of My Bones“ hieß das vor neun Jahren erschienene, erste Album von Ebony Bones und zu dieser musikalischen Selbstdefinition findet sie am Ende von „Nephilim“ auch zurück. „Bones of My Bones, Pt. 2“ ist auch inhaltlich ein Hoffnungsschimmer, dass kein faschistisches Regime, und laut Ebony Bones leben wir in einem solchen, die Solidarität unter den Menschen gänzlich ausmerzen wird.

mehr Musik:

Aktuell: