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Szenenbilder aus Mission Impossible:Fallout mit Tom Cruise

Constantin Film

Stunt-Porn

Tom Cruise gibt mal wieder den Geheimagenten als Extremsportler: In „Mission: Impossible - Fallout“ dreht sich alles um tatsächlich atemberaubende Actionsequenzen.

Von Christian Fuchs

Irgendwann, vor ein paar Jahren, wurde ja gemunkelt, dass Jeremy Renner vielleicht die „Mission: Impossible“ Kinoreihe als Hauptdarsteller übernehmen könnte. Aber das blieb natürlich nur ein Gerücht. Während Renners Chefanalytiker-Figur im neuen, sechsten Teil der Agentensaga gar nicht mehr auftaucht, ist ER natürlich omnipräsent. Sein aalglattes Trademark-Grinsen, sein markanter Blick, gespenstisch frei von Augenringen und Alterserscheinungen und vor allem sein durchtrainierter Körper füllen die Leinwand über weite Strecken aus.

Man könnte diese Spionageserie auch „Die unmöglichen Missionen des Tom Cruise“ nennen. In keiner anderen Blockbuster-Franchise steht ein einziger Star so sehr im Mittelpunkt. Auch in „Mission: Impossible - Fallout“ geht es hauptsächlich darum, dem 56-jährigen Superstar bei halsbrecherischen Actionszenen zuzusehen. Dass Cruise den größten Teil seiner wahnwitzigen Stunts selber absolviert, wie uns die Promotionmaschinerie einhämmert, macht mittlerweile die Hauptattraktion der Reihe aus.

Szenenbilder aus Mission Impossible:Fallout mit Tom Cruise

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Tom Cruise, übernehmen sie!

Blicken wir aber einmal kurz zurück. 1996 erhält Superagent Ethan Hunt seinen ersten Leinwand-Auftrag und trommelt die Spezialtruppe IMF zusammen, die für die US-Regierung besonders verzwickte Einsätze übernimmt. Während die Sixties-Serie, auf der „Mission: Impossible“ basiert (bei uns als „Kobra, übernehmen sie!“ gelaufen) auf originelle technische Gadgets und clevere Spionagetricks setzt, besticht in der Kinoversion vor allem der Hauptdarsteller mit seiner Wendigkeit. Tom Cruise lässt sich den Stoff von Brian De Palma auf den Designer-Leib maßschneidern. Der legendäre Thriller-Regisseur kann allerdings nur mit ein paar eleganten Einbruchssequenzen betören, ansonsten verbreitet der erste „Mission-Impossible“-Spielfilm retrospektiv eher gepflegte Langeweile.

Anno 2000 folgt dann das unvermeidliche Sequel, mit dem John Woo, das einstige Actiongenie aus Hongkong, seinen künstlerischen Ruf als Regisseur demoliert. „Mission: Impossible II“ entpuppt sich als riesiges aufgeblasenes Nichts, als Siegeszug einer extrem abgeschmackten Ästhetik über jeglichen Inhalt, peinliche Limp-Bizkit-Songs auf dem Soundtrack passen haarscharf zu dem Debakel. Allerdings etabliert sich Tom Cruise darin bereits als schauspielernder Extremsportler, man denke an die Free Climbing Sequenz, die laut schreit: Der Typ hängt da wirklich persönlich in den Felsen.

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Erst mit Teil Drei, an einem Punkt, wo andere Action-Franchise-Unternehmungen absacken, wird die zwiespältige Saga wirklich sehenswert. Hollywood-Wunderkind J.J. Abrams, damals als TV-Serien-Innovator bekannt, kümmert sich in seinem Spielfilmdebüt anders als seine Vorgänger intensiv um die Charaktere, die auf der Leinwand kämpfen, schießen und sich in die Tiefe abseilen. Seine klassische Inszenierung federt in „Mission: Impossible III“ die üblichen sinnentleerten Materialschlachten ab, mit Schauspielgott Philip Seymour Hoffman hat Abrams auch den bis dato eindringlichsten Bösewicht der Reihe parat.

Ein paar Jahre später schlüpft Tom Cruise, nachdem ihn hochbezahlte Marketingstrategen aus einem Karrieretief herausboxen, erneut in die Rolle von Ethan Hunt. J.J. Abrams übernimmt bei „Mission: Impossible – Ghost Protocol“ nur die Produzentenrolle, im Regiestuhl sitzt Brad Bird, ein verdienter Oscargewinner in Sachen Animationskino. Und der Pixar-Großmeister, dem wir das Meisterwerk „Ratatouille“ verdanken, zeigt, dass er auch im Realfilm-Sektor bestehen kann. Handlungstechnisch wird es nicht das letzte Mal sein, dass Ethan Hunt und sein Team gegen einen soziopathischen Bad Guy kämpfen, der einen Nuklearkrieg anzetteln will.

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Der rasende Körper als Hauptattraktion

Erstmals in der Mannschaft rund um Cruise dabei: Simon Pegg als Hi-Tech-Nerd, der eine Selbstironie in den Film bringt, die zu den Frühzeiten der Reihe noch undenkbar gewesen wäre. Der britische Komiker taucht zusammen mit Mission-Impossible-Urgestein Ving Rhames auch im fünften Teil auf. „Mission: Impossible – Rogue Nation“, der Film, in dem sich Tom Cruise unter anderem spektakulär von der Wiener Staatsoper abseilt, wird von Christopher McQuarrie inszeniert, einem Regisseur und Autor, der mittlerweile zum wichtigsten Kollaborateur des Stars mutierte. Kaum eine Produktion von und mit Cruise, bei der sein best Buddy nicht in irgendeiner Form involviert ist.

Bei „Mission: Impossible - Fallout“ darf McQuarrie sogar zum zweiten Mal hintereinander bei einem Streifen der Kinoserie im Regiestuhl sitzen. Und sich einen weiteren Bruch mit den Regeln erlauben: Der Film ist ein direktes Sequel seines Vorgängers „Rogue Nation“, Handlungsstränge und Figuren daraus werden wieder aufgegriffen. Auch der diabolische Ex-Agent Lane (vom eigentlich lässigen Sean Harris mit zischelnder Stimme als Karikatur dargestellt) taucht wieder auf und zieht aus dem Hochsicherheitsgefängnis heraus die Fäden.

Szenenbilder aus Mission Impossible:Fallout mit Tom Cruise

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Die Story gibt sich kompliziert, verpackt den Kampf gegen Lanes Terror-Organisation „Die Apostel“ in ein Spiel der Maskeraden und Täuschungen. Dabei lösen sich all die Twists und Turns letztlich auf relativ banale Weise auf. Aber wie eingangs festgehalten, es geht bei diesem Wettlauf mit der Zeit, rund um tickende Plutoniumbomben, natürlich nicht wirklich um eine brilliante Geschichte. Und auch Darsteller wie Superman Henry Cavill als zwielichtiger CIA-Kleiderschrank und Rebecca Ferguson als toughe Agentin sind am Ende eher nur Staffage.

SEINE unerhörte Fitness lässt uns den Atem anhalten. Wie der Mittfünfziger Tom Cruise über die Dächer Londons sprintet, einen Sky-Jump aus schwindelerregender Höhe wagt oder beim Hubschrauberkampf zwischen Felsklippen selber am Steuer sitzt, das wirkt fast wie von einem heimischen Energydrink-Hersteller gesponsert. Ist „Mission: Impossible - Fallout“ also nicht mehr als ein überlanger Kino-Bungee-Sprung? Nicht ganz. Denn wenn im Zeitalter der digitalen Tricks der kämpfende, rasende, springende menschliche Körper zur Hauptattraktion eines Films wird, hat das schon wieder einen speziellen Charme. Auch wenn man zweieinhalb Stunden geballten Stunt-Porn erst einmal verdauen muss.

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