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Bravourös: Kendrick Lamar in der Serie „Power“

Ich muss zugeben, ich hatte zu Beginn meine Probleme mit „Power“. Die Serie kam mir ein bisschen vor wie eine äußerst ungute Mischung aus Strebertum und Posertum.

Von Natalie Brunner

Schon die Ausganssituation des Drehbuchs hielt ich für den absurdesten Schwachsinn: Ein Drogendealer, der nicht mehr Drogendealer sein will, sondern ehrbarer Geschäftsmann, steckt seine unredlich verdiente Kohle in einen Nachtclub, um sie so zu legitimieren. Ich bitte euch! Ein Nachtclub, um Geld zu legitimieren? Dass dies eine schlechte Idee ist, kann euch jede Oma erzählen, die noch nie etwas von Hip Hop gehört hat geschweige denn einen Nachtclub betreten hat.

Sehr verwundert war ich auch, dass 50 Cent seine letzten Krümelchen G-Unit Credibility für so einen Topfen hergibt, als hätte er mit Vitaminwasser nicht schon genug verdient. Langer Rede kurzer Sinn, das Ausgangsszenario von „Power“ ist so flach wie mein Lieblings Yo-Mama-Witz: „Yo Mama is so stupid she puts two 25 cent coins in her ears and thinks she is listening to Hip Hop.“ Möchtegern epochal, an der Grenze zur Parodie auch die Namensgebung in „Power“: Die Hauptfigur Ghost eröffnet den Club Truth und trifft dort seine High-School-Liebe wieder, die inzwischen blöderweise die Staatsanwältin ist, die ihn jagt. 50 Cent ist sein Mentor, der im Gefängnis sitzt und sein Drogengeschäft wieder zurückhaben möchte, das Ghost in seiner Abwesenheit ein bisschen zu gut geführt hat.

Omari Hardwick und 50 Cent

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Was sich ja eigentlich ganz gut trifft. Der eine will nicht mehr, der andere will zurück. Nicht so bei „Power“, weil da wären ja noch die ganzen Intrigen. Und da sind wir jetzt auch schon bei dem Punkt angelangt, an dem die Serie beginnt, mich zu amüsieren und mir zu gefallen. Ich hab ja früher auch nicht begeistert „Dallas“ gesehen, weil ich tiefe Wahrheiten übers Ölgeschäft lernen wollte, oder „Falcon Crest“, weil ich mich für die Winzerei interessierte, sondern weil ich Charaktere sehen wollte, die moralisch verwerfliche, unrealistische und vollkommen überzogene Handlungen setzen.

Multimediales Gegenmittel zur Mittelmäßigkeit

Aber dann, von Folge zu Folge, geschieht etwas Unerwartetes: Die Charaktere gewinnen an Tiefe und also die Serie an Zuseherinnen. Mittlerweiler sind wir bei Staffel 5 von Power angelangt und am 29. Juli 2018 kam „Power“ für einen Moment in die Sphäre einer bis heute nicht erreichten TV-Serien-Offenbarung namens „The Wire“.

Der von 50 Cent gespielte Charakter Kanan trifft auf einen Junkie namens Laces und ist von dessen Wahnsinn so überzeugt, dass er ihn auch gleich als Auftragskiller anheuert. Der obdachlose Crackhead wird bravourös gespielt von einem Kendrick Lamar. Es ist sein erster Serien-Auftritt und „Power“ könnte da nicht weiter entfernt sein von der zweidimensionalen Glossiness der ersten Folgen.

Sogar CNN fand es berichtenswert, wie gut Kendrick schauspielt und sendet ein Interview, in dem Lamar erklärt, dass er denselben Ansatz wie beim Rappen hat. „I think that’s just the approach I learned to take with my music, to always have that open space to evolve. I don’t want to be something that people will predict or know. I want to be something out of the ordinary, but something I connect to at the same time. A drug abuser. Laces. A hot head. A dude that’s just ready to go, always on the tape. It’s just a character that I know, I know so well, just growing up in Compton.“

Auf viele Wiedersehen mit Laces in der bereits in Auftrag gegebenen 6. Staffel von „Power“ darf gehofft werden.

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