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Rapid und Antifa Sticker

Michael Bonvalot

Warum Rapid gegen Slovan ein Hochrisikospiel ist

Auftritte von Rechtsextremen drohen, wenn Rapid am Donnerstag auf Slovan Bratislava trifft.

Von Michael Bonvalot

In der Qualifikation zur Euro League gibt es mit der Begegnung von Rapid Wien und Slovan Bratislava ein Spiel, das es in sich hat. Die rechtsextreme Fanszene der Slowaken ist eng mit rechten Fans aus dem Anhang von Erzrivalen Austria Wien verbündet. Und auch bei Rapid könnten problematische Gruppen auf den Plan treten. Bereits in der Vergangenheit gab es Auseinandersetzungen zwischen Fans von Rapid und Slovan.

Die Fankurve von Slovan Bratislava ist seit Jahren für ihre neonazistischen Rülpser bekannt. Einen besonders üblen Höhepunkt gab es im Jahr 2015. Damals präsentierten Anhänger des Vereins ein Banner mit der Aufschrift „Refugees Welcome“ und zwei Zügen, die auf das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau zufahren. Garniert war das Banner mit einem Smiley.

Danach wurde ein Bild dieses Banners sogar stolz auf der offiziellen Seite der Ultras Slovan präsentiert, wie die antifaschistische Austria-Fanseite Ostkurve statt Ustkurve aufgedeckt hat. Dass sich antifaschistische Fans der Austria mit Slovan beschäftigen, ist kein Zufall. Denn die Szene von Slovan hat beste Verbindungen zu neonazistischen Gruppen aus dem Anhang von Austria Wien. Damit bekommt das Spiel gegen Rapid besondere Brisanz.

In Bratislava und beim Rückspiel in Wien könnte es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der verschiedenen Fangruppen kommen. Beide „Lager“ werden voraussichtlich noch durch Gruppen aus anderen Ländern verstärkt werden.

Rapid und Antifa Sticker

Michael Bonvalot

„Unsterblich“ in der Slowakei

Der Kontakt zwischen rechten Fans von Slovan und Austria lief ursprünglich vor allem über die Neonazitruppe „Unsterblich“ (Ust), die bei der Austria bereits seit 2013 offiziell unerwünscht ist. Diese Neonazis benützen aber weiterhin vor allem Auswärtsspiele, um ihre einschlägigen Symbole zu präsentieren.

Einerseits treten die Neonazis immer wieder bei internationalen Spielen der Austria auf, etwa im Oktober 2016 in Rom gegen AS Roma. Dort präsentierten sie auch ihr Banner: eine „Reichskriegsfahne“ in den Farben der Austria und der Aufschrift „Unsterblich“.

Andererseits und vor allem weichen die braunen Kameraden zu Spielen von Slovan in die Slowakei aus. Die Reichskriegsfahne ist dabei ebenfalls immer mit dabei. Gern besucht werden auch Auswärtsspiele der Slowaken. Das ist kein Zufall. Für die sogenannte „Erlebnisfraktion“, also Fans, die sich gerne prügeln, sind Auswärtsspiele besonders attraktiv. Vor allem dort kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit gegnerischen Fans und der Polizei. Gleichzeitig wird mit gemeinsamen Auswärtsfahrten auch das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt.

unsterblich banner bei spiel

austria80.at

austria80.at

Die Zusammenarbeit von Slovan und Neonazis aus der Austria-Szene ist gut dokumentiert. Im April 2017 etwa gab es bei einem Auswärtsspiel Auseinandersetzungen zwischen Anhängern von Slowaken und der Polizei. Während die Situation eskalierte, ist auf Videos die Nazi-Fahne von Unsterblich gut erkennbar. Auch von einem Spiel im Mai 2018 gibt es einschlägige Bilder. Wieder waren rechte Austria-Fans mit ihrer Reichskriegsfahne bei einem Auswärtsspiel von Slovan präsent, diesmal in Trnava.

Zusammenarbeit wird intensiver

In jüngerer Vergangenheit ist die Verbindung zwischen Slovan und rechten Austria-Fans sogar nochmals enger geworden. Lief der Kontakt zuerst vor allem über Unsterblich, hat nun die „Hauptgruppe“ der Austria, der Fanclub Fanatics, die Verbindungen zu Slovan weitgehend übernommen.

„Slovan und die Austria“ postet die Seite „Ostnews“, das Verlautbarungsorgan der Fanatics, stolz im Februar 2017. Immer wieder wird bei Spielen der Austria auch ein „Freundschaftsbanner“ Austria-Slovan präsentiert, wo der Buchstabe „H“ in Frakturschrift zu sehen ist, ein klassisches Symbol der Hooligan-Szene.

Die Fanatics sind dafür bekannt, dass sie seit vielen Jahren eng mit Unsterblich zusammenarbeiten. Jüngst hat sich diese Truppe auch nochmals verstärkt. Der immer wieder einschlägig rechts auftretende Austria-Fanclub Inferno ist nun eine „Sektion“ der Fanatics und wurde damit geschluckt. Diese rechten Gruppen im Anhang der Austria werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Bratislava gegen Rapid präsent sein.

Rapid und Antifa Sticker

Michael Bonvalot

Probleme im Anhang der Violetten gibt es aber nicht nur bei Auswärtsspielen der Slowakei. Auch im eigenen Stadion und bei Spielen in Österreich unterwandern Neonazis die Austria-Szene. Vom letzten Heimspiel der Austria vor der Sommerpause etwa berichtet „Ostkurve statt Ustkurve“: „Mehrere Nazis mit Tatoos wieder mittendrin. Aufkleber mit ‚Love Football, Hate Antifa‘ sowie der Aufschrift Austria Wien in einem Keltenkreuz (!). Wurden umgehend überklebt.“

Erst kürzlich tauchte auch ein Video von der Ost-Tribüne der Austria auf. Auf den Toilettenanlagen sind einschlägige neonazistische Symbole erkennbar, etwa ein SS-Zeichen in einem Lorbeerkranz, eine Wolfsangel und eine Odal-Rune. Dazu kommen rassistische Beschimpfungen. Die Schmierereien auf den Toiletten dürften bereits länger vorhanden sein, wie Fans berichten. Hier wäre also eindeutig der Verein gefordert.

Antifaschistische Austria-Fans

Doch bei der Austria gibt es auch mehr als genug Fans, die mit den Rechten und Neonazis nichts zu tun haben wollen. Das betrifft nicht nur einzelne Fans, sondern auch wichtige Fanclubs. Es passt auch viel besser zu diesem Traditionsverein mit seiner jüdischen Vergangenheit. Im Netz ist vor allem die Seite „Ostkurve statt Ustkurve“ für antifaschistische Fans der Veilchen ein wichtiges Sprachrohr.

Austria Fans gegen Links Schwedenplatz

Ostkurve statt Ustkurve

Rosa von Ostkurve statt Ustkurve sagt zu FM4: „Im Stadion und in der Kurve sind die Nazis eine klare Minderheit. Doch sehr viele Fans, die mit den Rechten nichts zu tun haben wollen, gehen nicht mehr so gern ins Stadion wie früher.“ Sie weist auch auf die allgemeine politische Entwicklung hin: „Wir kennen die Wahlergebnisse in Österreich, vor allem junge Männer wählen rechts. Es wäre naiv zu glauben, dass sich das nicht in den Kurven großer Vereine wie Austria oder Rapid widerspiegelt.“

Rosa glaubt, dass vor allem der Verein sich noch viel klarer gegen Neonazis positionieren müsste. „Da gäbe es viele Möglichkeiten, etwa Merchandising, Bannerwerbung, die Stadionzeitung, Transparente vor der Fantribüne, Statements von Spielern. So könnte der Verein auch verlorene Fans wieder zurückholen.“

Provokationen vor Austria-Stadion

Doch auch auf Seite von Rapid könnten problematische Gruppen die Spiele mit Slovan nützen. Bereits im Vorfeld der Begegnung wurde etwa vor dem Horr-Stadion der Austria eine riesige Aufschrift mit den Worten „Jude Slovan“ sowie zwei Davidsternen angebracht.

Das Bild wurde auf einer tschechischen Hooligan-Seite veröffentlicht, verantwortlich für die Aufschrift sollen Hooligans der Wien-Sektion von Sparta Prag sein. Die wiederum wurden in der Vergangenheit selbst immer wieder einschlägig auffällig.

Reichskriegsfahne Ust bei Slovan

sport24 sk

Reichskriegsfahne Ust bei Slovan

Im Oktober 2015 etwa fielen Sparta-Fans bei einem Spiel gegen den deutschen Verein Schalke 04 durch Hitler-Grüße und einschlägige Aufkleber auf. Zwischen den Pragern und Slovan gibt es regelmäßige Konfrontationen und eine traditionelle Rivalität. Bisher gibt es zwar keine offizielle Zusammenarbeit zwischen Fans von Rapid und Sparta, doch vor dem Hintergrund der aktuellen Provokationen ist nicht auszuschließen, dass diese Hooligans auf Seite von Rapid präsent sein werden.

Zweifelhafte Verbündete

Auf Seite von Rapid könnten bei den Spielen gegen Slovan auch Fans von Ferencváros Budapest präsent sein. Diese Gruppe ist traditionell mit dem Anhang der Grünen verbündet, 2014 gab es sogar eine eigene Choreographie der Rapid-Fans mit den Logos beider Vereine und dem Slogan „Grün Weiß regiert in Wien, Budapest und überall."

Bedenklich allerdings ist der Hintergrund vieler organisierter Ferencváros-Fans. Wer „Ferencváros Fans" in eine Suchmaschine eingibt, wird schnell zahllose Bilder der Budapester Grünen mit neonazistischen Symbolen finden, etwa das Keltenkreuz, das „88"-Symbol (das für Heil Hitler steht) oder das „White Power" Logo.

Im Netz findet sich auch ein Interview mit der führenden Ferencváros-Fangruppe „Green Monsters". Dort erklären die Budapester Grünen über ihre Gesinnung: „Natürlich sind wir Patrioten und Rechte, so wie jeder Anhänger von Ferencváros". Direkt unter dieser Aussage findet sich dann ein Bild mit dem NS-Keltenkreuz.

Rechtsextreme im Rapid-Anhang

Und schließlich gibt es auch im Anhang von Rapid selbst immer wieder Probleme mit rechten Gruppierungen. Im Stadtbild von Wien etwa tauchen regelmäßig einschlägige Aufkleber auf, etwa das Logo von Rapid im Stil einer Flagge der US-Südstaaten. 2017 beschimpften Rapid-Fans bei einem Nachwuchs-Derby Spieler der Austria sogar mehrmals als „Judenschweine“.

Auch beim jüngsten Skandal rund um Symbole der faschistischen Ustascha-Bewegung auf der Wiener Ottakringer Straße könnten Fans von Rapid involviert gewesen sein. Bei Feiern während der WM hatten Anhänger der Kroaten Anfang Juli mehrmals Fahnen dieser mörderischen Terror-Verbündeten des Hitler-Regimes präsentiert.

Auch einschlägige Aufkleber sind auf Bildern zu sehen, etwa eine kroatische Fahne mit dem Ustascha-Wappen und der deutschen Aufschrift „Endsieg“. Kaum thematisiert wurde aber, dass direkt daneben Aufkleber mit der Aufschrift „Rapid Wien Hooligans“ verklebt wurden.

„Das sind die Sängerknaben, eine rechtsextreme Schlägertruppe von Leuten mit kroatischem Hintergrund. Die sind regelmäßig im Weststadion von Rapid präsent“, erzählt ein Fan der Grünen, der namentlich nicht genannt werden möchte. Eine Zaunfahne dieser Gruppe hängt bei Spielen von Rapid jedenfalls regelmäßig direkt neben dem Banner der führenden Gruppe „Ultras Rapid“.

Was ist zu erwarten?

Rapid Sticker

Michael Bonvalot

Konfrontationen zwischen Fans von Rapid und Slovan hatte es bereits in der Vergangenheit gegeben. 2007 spielten die Hütteldorfer im damaligen UI-Cup gegen Slovan Bratislava. Bereits in Wien kam es zu Problemen. Fans von Bratislava hatten am Absperrzaun zur Nebentribüne gezerrt und offenbar versucht, den Zaun umzureißen. Die Polizei stürmte daraufhin den Sektor.

Beim Rückspiel in Bratislava soll es dann rund um das Stadion zu unschönen Szenen gekommen sein. „Rapidler haben dort auf Anhänger von Slovan regelrecht Jagd gemacht“, erzählt der Rapid-Fan. Die slowakischen Behörden haben nun mit einem Sicherheitskonzept geantwortet, das unter Rapid-Fans für Unmut sorgt.

Gerade einmal 500 Tickets wurden beim Auswärtsspiel für Fans der Grünen freigegeben, Ansammlungen von Rapid-Fans im Stadtzentrum von Bratislava sollen aufgelöst werden. Die Rapid-Anhänger werden in einem Buskonvoi aus Österreich direkt zum Auswärtssektor des Pasienky-Stadions gebracht und nach Spielende wieder zurück nach Wien chauffiert.

Einschränkungen für Rapid-Fans

Für Rapid-Fan Stefan „eine Frechheit“. Er glaubt auch nicht, dass es sich hier um den Schutz der Rapid-Fans handelt. „Das ist eine Rache der slowakischen Behörden für die Auseinandersetzungen im Jahr 2007 in Bratislava“, meint er.

Was sich Stefan wünscht: „Es muss auch weiter möglich sein, sich in Ruhe ein internationales Spiel anzusehen, ohne dass es Probleme mit Polizei oder Hooligans gibt.“ Von Neonazis distanziert er sich dabei eindeutig: „Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, dass alle Nazis scheiße sind, egal ob bei Slovan, Rapid oder anderswo.“

Rapid und Antifa Sticker

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Hier ist Stefan sich vereinsübergreifend mit Rosa von der Austria-Fanseite „Ostkurve statt Ustkurve“ einig: „Uns geht es nicht nur um Probleme bei der Austria. Wir würden uns etwa freuen, wenn es auch bei Rapid antifaschistische Fan-Seiten gibt.“ Für Rosa handelt es sich letztlich „um ein gesellschaftliches Problem“. Ihr Wunsch: „Wir wollen eine Kurve und eine Gesellschaft, wo alle Menschen gleich viel wert sind, egal woher sie kommen, welches Geschlecht sie haben und wen sie lieben.“

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