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Adventure Time Serie

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Mehr als eine Lieblingsfernsehserie

Für einen ersten Trip ins „Land of Ooo“ ist es nie zu spät. Gedanken zum Ende der Cartoon-Serie „Adventure Time“

Von Natalie Brunner

„Adventure Time“, die Cartoon Serie, kommt nach 8 Jahren und zehn Staffeln zu einem Ende. Adventure Time mag auf den ersten Blick eine süße Kinderserie sein, zu der es auch viel kindergerechtes Merchandise gibt. Der erste Blick täuscht aber gewaltig. „Adventure Time“ erklärt die Mythen von Raum und Zeit und lässt das Undenkbare vorstellbar werden. Kindern gefällt das ganze, weil ihr Geist noch nicht von der Ratio versklavt wurde.

Das Ende von „Adventure Time“ ist ein Abschied von etwas, das für mich viel mehr ist, als nur eine Lieblingsfernsehserie. „Adventure Time“ war in den letzten Jahren ein sprudelnder Quell von Erstaunen, Inspiration und Weisheiten, die nur von Eingeweihten als solche zu erkennen sind.

Eine Geheimlehre unter Eingeweihten, die es mir ermöglicht hat, viele vergnügliche Stunden mit Brüdern und Schwestern zu verbringen, die ich sonst nie als geistesverwandte Wesen erkannt hätte. Wesen die in der Lage sind, die beengenden Gesetze von Raum und Zeit wegzuwischen.

Ein zufällig eingestreutes Lumpy Space Princess-Zitat hier, oder eine Gunter-Referenz da, und wurde sie mit den richtigen Worten oder auch nur mit einem Leuchten in den Augen erwidert, dann war klar: Ich bin einer Schwester oder eines Bruders im Geiste ansichtig.

Das Vice-Magazin nannte „Adventure Time“ einmal eine Religion. Das ist nicht ganz richtig, weil Religionen sind dogmatisch, oft autoritär. „Adventure Time“ ist die Cartoon gewordene pure Freude an ungebändigtem psychedelischen Spaß und Dimensionen brechenden Popmystizismus.

Bitte glaubt nicht, dass ich das Wort „Psychedelisch“ leichtfertig verwende. Nichts macht mir mehr Angst als psychedelische Substanzen. Es reicht, in meiner Gegenwart das Wort LSD auszusprechen, und ich renne schreiend davon. Die Beschreibung der Wirkung dieser Substanz löst bei mir Grauen aus: „Die Realität wird zersplittert und die Fragmente fügen sich neu zusammen. Das Zeitempfinden ist völlig anders, zuvor nicht bemerkte Details treten hervor. Mensch ist nicht mehr Herrin ihrer Gedanken, sondern sie tragen eine.“ Das ist die mir Angst einflößende Beschreibung eine LSD-Trips, und genau so würde ich aber auch „the Land of Ooo“ beschreiben, in dem „Adventure Time“ tausende Jahre nach unserer Zeit spielt.

Tausend Jahre, nach dem „Great Mushroom War“, dem Abwurf der Atombomben, hat eine neue Form von Magie, gespeist mit Überbleibseln unserer Realität von 2010 bis 2018, sich breit gemacht.

Bevölkert wird Ooo von sehr vielen Prinzessinnen:

  • Princess Bubblegum, die über ein Königreich aus Süßigkeiten herrscht und selbst ein genialer Kaugummi mit engelhafter Seele und dem Verstand eines Genies ist.
  • Marceline, the Vampirequeen, die zarte Folksongs schreibt und ihren Vater Fürst der Finsternis zurück in die Unterwelt geschickt hat.
  • Flame Princess ist Battle Rapperin und Beherrscherin des Feuers, die sich auch gegen ihren von Zerstörungswut getriebenen cholerischen Vater aufgelehnt hat.
  • Meine persönliche Lieblingsheldin: LSP, Lumpy Space Princess, eine violette Wolke, die davon überzeugt ist, sehr attraktiv zu sein. Selbstverständlich hat auch sie ihren Eltern eine Absage erteilt. Sie lebt - obwohl super verzogen, permanent nörgelnd und von ihrem Aussehen besessen - lieber mit den Wölfen im Wald, als sich von ihren Eltern irgendwas sagen zu lassen.

Finn und Jake, ein Menschenjunge und sein sich morphender Hund sind zwar die von Abenteuerlust getriebenen Hauptfiguren, aber die weiblichen Heldinnen sind für mich die wahren Stars. Hunderte von Jahren alt, aber dabei nie alternde rebellische kluge Teenager.

Wenn ihr nicht zu den Eingeweihten gehört, werdet ihr das alles wahrscheinlich nur für wirres Gebrabbel halten. Es hat also gar keinen Sinn, euch von den unzähligen anderen Dimensionen zu erzählen, die es noch in „Adventure Time“ gibt. Von Prismo dem Wishmaster, bei dem ewige Afterhour ist, vom Party God, der wie eine Mischung aus Werwolf und Brostep DJ aussieht, dem rachsüchtigen Eichhörnchen, das Jake verfolgt.

Unter all dem Wunderbaren und Magischen werden ernste und tiefgehende philosophische Fragen verhandelt, ontologische Konzepte in Cartoonform gebracht. Bevor ich in Tränen ausbreche, weil am 3. September die letzten Folgen der zehnten Staffel veröffentlicht werden, und sich die Tore zum Land of Ooo dann für immer schließen: Es gibt 10 Staffeln, 283 Folgen, jede ist ein Meisterwerk, das man immer und immer wieder sehen kann. Für einen ersten Trip ins „Land of Ooo“ ist es nie zu spät.

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