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We Happy Few

Compulsion

game

A very British dystopia

Das First-Person-Abenteuer „We Happy Few“ zeigt eine bizarre, überaus originelle Dystopie. Spielerisch stellt es sich allerdings selbst ein Bein.

Von Rainer Sigl

Was für eine düstere alternative Welt: Das Jahr ist 1964, die Nazis haben den Zweiten Weltkrieg gewonnen, und in Großbritannien herrscht ein autoritäres Regime. Auf der fiktiven britischen Insel Wellington Wells aber leben die Menschen in einer zuckersüßen Idylle. Zumindest kommt ihnen das so vor, solange sie die staatlich verordnete Psychodroge Joy täglich zu sich nehmen.

Im dystopischen First-Person-Abenteuer “We Happy Few” verweigern wir in der Gestalt eines Mitarbeiters der Zensurbehörde genau das und sind daraufhin bald als Staatsfeind Nummer Eins auf der Flucht. Es ist eine sehr britische Dystopie, mit zwanghaft grinsenden Bobbies, Teeparties in verwüsteten englischen Gärten und jeder Menge sarkastischer Kommentare auf einen höflich-angepassten Lebensstil typisch britischer Prägung. Keep calm and carry on - auch wenn die Welt in Scherben liegt.

Paranoia and Survival

“We Happy Few” erzählt aber nicht nur die Geschichte von Arthur Hastings, sondern lässt uns auch in zwei weitere Rollen schlüpfen. So ergibt sich ein interessanter Blick aus drei verschiedenen Perspektiven auf diese Welt; ein netter narrativer Trick. Die bizarre Welt von Wellington Wells zeigt sich dabei stets als bedrückend oppressiver Überwachungsstaat, in dem Konformität und Angst vor der Staatsgewalt, aber auch vor seinen Mitbürgern Hand in Hand gehen.

Zu tun haben wir in allen drei Story-Kapiteln aber letztlich dasselbe: Wir durchqueren die halb offene Spielewelt, um verschiedene Aufgaben zu erledigen, verstecken uns vor unseren gehirngewaschenen Mitbürgern oder bekämpfen sie mit allerhand recht britischen Nahkampfwaffen wie Regenschirmen. Was leider außerdem die Spielzeit füllt, ist unablässiges Sammeln, denn auf der Suche nach Rohstoffen und Gegenständen dürfen wir auch nicht den kleinsten Mistkübel undurchsucht lassen.

We Happy Few

Compulsion

Schade um das Potenzial

“We Happy Few” hätte eigentlich ein anderes Spiel werden sollen, und das merkt man: Ursprünglich, und sogar noch bis vor wenigen Monaten in der Early-Access-Phase des Spiels, war es als offenes Sandbox-Spiel konzipiert, in dem das Sammeln und Basteln eigener Gegenstände ganz zentral war. Leider ist es dieses Erbe, das das Spiel oft recht ermüdend werden lässt, denn statt der bitterbösen Handlung folgen zu können, sind wir allzu oft dazu vergattert, endlos Schränke und Kisten zu durchsuchen.

“We Happy Few”, erschienen für Windows, PS4 und Xbox One.

Schade drum, denn das erzählerische Potenzial des Abenteuers wird dadurch leider ziemlich verwässert. Die immer wiederkehrenden und sich angesichts Themas und auch Stils förmlich aufdrängenden Vergleiche mit der Kultserie „Bioshock“ übersteht das mit einem zugegeben weitaus kleineren Budget verwirklichte “We Happy Few” nicht - dafür steht die britische Bizarro-Welt auf zu wackeligen spielerischen Beinen.

„We Happy Few“ ist eine originelle Dystopie, die eine bedrückend seltsame Geschichte von Konformitätszwängen, Selbstbetrug und den Gefahren des Duckmäusertums erzählen will, sich aber leider dabei allzu oft selbst ein Bein stellt. Als Spiel ist es leider nur Mittelmaß. A pity.

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