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Filmstills aus "The Wrestler"

Fox Searchlight

Ringen mit „The Wrestler“

Nun also doch „The Wrestler“ nachgeholt. Alles wie erwartet. Mein zweifelhaftes Glück war, dass das Herz von Randy „The Ram“ Robinson irgendwann nicht mehr mit kann.

Von Martina Bauer

Mickey Rourke gehört für mich in die 1980er. In das Jahrzehnt, in dem er mehr als ein Dutzend Filme gedreht hat. Schon vor Kim Basinger und dem Kühlschrank war Rourke mit Filmen wie „Diner" (Barry Levinsons Regie-Debüt) oder „Rumble Fish“ (von Francis Ford Coppola) aufgefallen. Und wurde später für das fiebrige „Angel Heart“ oder wegen der weißen Haare in „Im Jahr des Drachen" geliebt. 1989 erschien schließlich sein zweiter bekannter Erotikfilm "Wilde Orchidee“ und mit diesem End-Dekaden-Film endete auch mein Interesse an seiner Schauspiel-Kunst.

Comeback

Erst 2008 und mit der bejubelten Hauptrolle in „The Wrestler“ katapultierte Mickey Rourke sich wieder in meine Aufmerksamkeit. Dazwischen hatte er einige Jahre ausschließlich und professionell geboxt. Wie er ja schon in seiner Jugend trainierte und Kämpfe bestritt, was wiederum in seinen 1988er Film „Homeboy“ eingeflossen war, der auf einer von Rourke verfassten Geschichte basiert.

"The Wrestler“ ist jedenfalls vor allem auch wegen seines Regisseurs interessant: Darren Aronofsky. Aber - und wie anderweitig erwähnt - meine Bange vor Mickey Rourkes Äußerem und generell Allem, was mit Ring-Kämpfen im weitesten Sinn zu tun hat, haben mich den Film schließlich doch bleiben lassen.

Filmstills aus "The Wrestler"

Fox Searchlight

Gute Entscheidung. Denn jetzt weiß ich: „The Wrestler“ ist genau wie erwartet/befürchtet. Eine Sozialdrama-Studie mit ordentlich Gekloppe, die mich immer wieder vor die Frage stößt, wie v i e l Mickey Rourke da eigentlich drinnen stecken könnte?

Ringend

Er gibt Randy „The Ram“ Robinson. Dessen große Karriere ist 20 Jahre her. Heute hat er Hörgerät plus Medikamenten-Abhängigkeit, lebt abgehalftert im Trailerpark und von altem Ruhm.

Schon der erste Show-Kampf, bei Minute 15, zwingt mich zum Wegschauen. Körperliches Grauen. Und nochmal 15 Minuten später wird getuckert, plus es kommen weitere Gerätschaften zum Kampf-Einsatz. Ich drücke auf Pause. Wenn das so weitergeht, werde ich den Film knicken. Mein zweifelhaftes Glück ist, dass Randy einen Herzanfall erleidet und das Wrestling sein lassen muss.

Wortkarg und wie schon immer auch irgendwie verhuscht artikulierend bemüht er sich fortan um seine Herzens-Stripperin, gespielt von Marisa Tomei. Wie er lebt sie vom eigenen Körper. Wie er tut sie sich schwer, über den eigenen Schatten zu springen. Jedes Annähern folglich ein Gummiband, zuerst ausdehnend, dann zurückschnalzend.

K.O.

Ähnlich läuft die Annäherung mit der Tochter alias Evan Rachel Wood ab. Neben den Szenen, die zeigen, wie sehr die Wrestling-Community Randys eigentliche Familie ist, bilden die Vater-Tochter-Treffen für mich die sehenswertesten des Films. Voll großer Emotion und Tränen, die auch klar machen: Hier ist ein Mega-Tollpatsch am Werk, dessen Äußeres ziemlich gut sein Inneres widerspiegelt. Gezeichnet im wahrsten Sinne. Den eigenen Teufelskreis wird er wohl nicht durchbrechen und die (gespielte) Wrestling-Aggression letztlich sein finales Ausdruckmittel bleiben.

Filmstills aus "The Wrestler"

Fox Searchlight

In der FM4 Sommerserie Das erste Mal stellen sich Filmredakteure endlich jenen berühmten oder vieldiskutierten Streifen, die sie bislang immer verpasst haben.

Und bevor mich das Zusehen insgesamt rat- und hilflos zurücklässt, ich meine Vorbehalte begründet sehe, kommt noch ein Griff in die Witzkiste. Randy hat einen Über-Wasser-Halt-Job in der Delikatessenabteilung angenommen und sein Boss so: die Frauen wollen an dein Fleisch.
Mir ist das Lachen aber vergangen.

Anderer Fun, nämlich Fact: War schön, mal wieder die Mickey Rourke Biografie der Heyne Filmbibliothek heraus zu kramen. Erscheinungsdatum übrigens 1989.

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