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Noga Erez

Noga Erez

song zum sonntag

Du kennst mich nicht

Der Song zum Sonntag: Noga Erez feat. Sammus - „Cash Out“

Von Christoph Sepin

Annahmen, Mutmaßungen, Vermutungen: „You don’t know me“, wiederholt Noga Erez immer wieder in ihrem neuen Lied „Cash Out“ und meint das auch so. Eine Abrechnung mit vorschnellen Meinungen, mit Schubladisierungen und konservativ-gesellschaftlichen Zwängen, verpackt in ein hervorragendes Stück Musik.

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  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

So richtig verstehen kann man die Brillanz der aus Tel Aviv stammenden Noga Erez erst, wenn man es zu einer Liveshow der Musikerin geschafft hat. Als Trio präsentiert sich die Gruppe live, mit Noga Erez tanzend, rappend, anprangernd in der Mitte stehend. An Sampler, Synthesizer und elektronischen Drums hinter ihr die Bandmitglieder Ori Rousso und Ran Jacobovitz.

Das ist einmal minimalistisch, dann wieder schnell eskalierend, einmal Pop mit jeder Menge großen Hooks, dann wieder harter HipHop und Instrumental-Elektronik. Mit dem Lied „Cash Out“, das Noga Erez vor wenigen Tagen veröffentlicht hat und auf dem sie mit der aus Philadelphia stammenden Rapperin Sammus zu hören ist, schafft es die Musikerin, auch in der Studioaufnahme nah an die pure, mitreißende Energie der Liveperformances heranzukommen.

„Keep your head low, check, keep your weight low, check“. Wie auf einer Strichliste geht die Musikerin durch chauvinistische Zwänge, durch die Widersprüchlichkeiten, die von einer „erfolgreichen“ Frau erwartet werden. Du sollst essen, aber nicht zuviel, du sollst Sport machen, aber nicht zuviel, du sollst von großen Dingen träumen, aber nicht zu groß. „Dream it till it’s yours, check, don’t dream too high though“.

Dann dreht sich die Stimmung leicht, geht auf Weltpolitik ein, auf den „American Nightmare“, die neue Welt und das, was übrigbleibt: „This is a new age, it’s a new dawn“, singt Erez. „Donald Duck is dead, Daisy drowned“. Einst Vorzeigefiguren der globalen Popkultur, Symbole für bunt angemalt-verträumte Zeichentrickwelten, in der Realität untergegangen: „Their dream, bad dream, no dream, American dream. Dream? No, dream? Nightmare“.

Präsentiert wird das alles in von Noga Erez gewohnter stimmlicher Nonchalance, die hier, in diesem Lied über Widersprüchlichkeiten und Unterdrückung, noch stärker im Gedächtnis bleibt als in anderen Tracks der Musikerin. Und dann noch ein letztes Mal, bevor sich alles in Hall auflöst: „You don’t know me“. Ein Lied als Abbild der Welt und eine düstere Reflektion der Gegenwart.

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