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Die Barber's Angels schneiden Obdachlosen Haare

Christoph Liebentritt

Überall braucht irgendjemand eine neue Frisur. Und Liebe.

Die Barber’s Angels haben am Sonntag im Wiener Neunerhaus über 150 obdachlosen Menschen kostenlos die Haare geschnitten. Für die war nicht unbedingt ihr neues Aussehen, sondern vor allem die entgegengebrachte Menschlichkeit wichtig.

Von Todor Ovtcharov

Die Menschen haben unterschiedliche Assoziationen, wenn sie „Angels“ hören. Einige denken an eine Ballade von Robbie Williams, andere an die „Hell`s Angels“. Dritte, die unverbesserliche Traditionalisten sind, denken an blonde, weiß gekleidete und lockige Kreaturen, die oft Schwerter in ihren Händen halten, die über unser Schicksal bestimmen und Botschaften von Gott bringen.

Alle diese Assoziationen treffen zu, wenn man über die „Barber`s Angels“ spricht. Sie tragen Schwarz wie Biker und halten nicht grad Schwerter, aber Scheren in ihren Händen. Gestern erschienen diese Engel im Neunerhaus in Wiens fünftem Bezirk. Dort wurde eine Gratis-Haarschneideaktion für Obdachlose durchgeführt.

Barber`s Angels ist eine Organisation professioneller Frisöre aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden. Sie bietet ihre Dienste Obdachlosen vollkommen kostenlos an. Sie schneiden Haare auf Bahnhöfen und Unterführungen, unter Brücken und in dunklen Eingänge. Überall. Ihre Namen könnten aus Märchen stammen: Mister X, Baby, Barber Lady oder Figaro.

Die Barber's Angels schneiden Obdachlosen Haare

Christoph Liebentritt

Am Sonntag bekamen mehr als 150 Menschen in Wien eine neue Frisur, von denen viele seit Jahren nicht mehr beim Frisör gewesen sind. Das Ziel der Aktion war, zu zeigen, dass jeder Mensch seine Würde hat, ohne Berührungsängste und Erniedrigung.

Nur ein bisschen Menschlichkeit

Nachdem die Mutter von Sandra gestorben war, ist sie in eine tiefe Depression versunken und schließlich auf der Straße gelandet. Es war schön, zu beobachten wie sich Sandras Gesicht unter den Händen der Angels veränderte. Ich weiß nicht, ob die neue Frisur oder die nette Einstellung daran Schuld waren, aber Sandra kamen fast die Tränen.

Die Barber's Angels schneiden Obdachlosen Haare

Christoph Liebentritt

Markus meinte zu seinem neuen Haarschnitt hingegen ganz lakonisch - „Ich weiß nicht, ob ich eine neue Frisur brauche, aber ich brauche Menschlichkeit! Nur so wenig!“, und zeigte dabei auf seine Fingerspitze.

Er umarmte seinen „Engel“ und ging weg. So viele der Menschen haben ihren Frisör umarmt, nachdem sie fertig waren. Umarmen Sie Ihren Frisör, wenn er mit Ihren Haaren fertig ist? Aber hier war es anders. Einige der Menschen, schauten sich im Spiegel an und fragten sich: „Bin ich das überhaupt?“ und scherzten gleich darauf: "Mit der neuen Frisur finde ich sicherlich eine neue Wohnung, eine neue Arbeit, eine/n neue/n Freund/Freundin“.

Viele dieser Obdachlosen haben ihr Zuhause in einem der drei Neunerhaus Wohnhäuser. Im 5. Wiener Gemeindebezirk bietet das Neunerhaus gratis ärztliche, zahnärztliche, sowie tierärztliche Versorgung.

Die wie Biker angezogenen Frisöre gingen nach getaner Arbeit wieder. Sie sammelten ihre Scheren und Schampoos ein. Am Sonntag waren sie in Wien, morgen sind sie woanders. Denn überall braucht irgendjemand eine neue Frisur. Und Liebe.

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