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We're still here

Oculus

VR für Gutmenschen

Immer mehr Filmemacher entdecken Virtual Reality als neues Medium. Sie produzieren Dokumentarfilme, die Zuseherinnen und Zuseher mitten ins Geschehen transportieren. Einige neue Beispiele dafür erscheinen auf dem von Oculus gegründeten Label „VR for Good“.

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Ich gebe zu, dass ich in den letzten Jahren eher ablehnend war, wenn es um VR-Filme ging. Denn: Einfach nur eine 360°-Kamera in den Raum zu stellen und zu filmen, reicht nicht. In diesem Fall kommt man sich beim Ansehen des Films nämlich vor, als würde man im Inneren einer Kugel sitzen, auf die ein verzerrtes Bild projeziert wird.

Gute VR-Apps sind programmiert und designt wie Videospiele, aufwändig gestaltet und mit interaktiven Elementen – z.B. die vor kurzem veröffentlichte VR-Version des Anne Frank Hauses, oder die virtuelle Tour durchs radioaktiv verseuchte Tschernobyl. Ein schlichter VR-Film kann da nicht mithalten - dachte ich. Bis ich „Meeting a Monster“ gesehen habe, einen kurzen Dokumentarfilm, der vom Leben einer Frau im rechtsextremen Umfeld und ihrem Ausstieg daraus erzählt.

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Oculus

Der Film beginnt in der bedrückenden Wohnung aus Angelas Kindheit: Es ist dunkel, Bierdosen stehen herum, die Eltern schreien einander an, das Mädchen wirft sich verzweifelt aufs Bett in ihrem dreckigen Zimmer. Die VR-Kameraperspektive ist niedrig wie der Blick eines Kindes.

In der Schule ist Angela eine Außenseiterin - bis sie schließlich selbst zum Bully wird. Auch hier befinden wir uns in VR auf dem Fußboden des Klassenzimmers.

Angela gerät ins rechtsextreme Umfeld, liest Nazilteratur und identifiziert sich immer mehr mit ihren Skinhead-Freunden. „Wir zettelten Schlägereien mit Menschen anderer Hautfarbe an. Wir hatten Kämpfe mit rivalisierenden Skinhead-Gruppen. Das war mein Leben. Ärger, Aggression, Gewalt, andere Leute mit hineinziehen. Acht Jahre lang.“

Nach diesen acht Jahren gerät Angela ins Gefängnis, wo ihr ausgerechnet von afroamerikanischen Frauen geholfen wird. Heute leitet sie das Projekt „Life after hate“, das Leuten hilft, aus Nazikreisen auszusteigen.

Regisseurin Gabriela Arp schafft es mittels modernster 360°-Technik, ein intensives Mittendrin-Gefühl zu erzeugen. Im Gefängnis, am Lagerfeuer mit anderen Ex-Nazis – jede Szene wirkt intensiv.

Two spirit persons

Arp veröffentlicht mit Hilfe der von Oculus gegründeten gemeinnützigen Initiative „VR for Good“. Dort erscheint auch der Kurzfilm „Authentically Us: We’re still here“ von Jesse Ayala. Diese Geschichte handelt von Aiden Crawford, der ein Native American und eine „Two Spirit Person“ ist - letzteres ist beim Stamm der Cherokee-Powhatan die traditionelle Bezeichnung für eine Transgender-Person.

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Aiden Crawford erzählt von der Überlieferung der Lieder, der Bräuche und der Geschichten, die an ihn durch einen „Elder“ mündlich weitergegeben wurden, und von seinem Bestreben, dasselbe später für jüngere Transgender-Personen unter den Native Americans zu tun. „Two spirit persons were culturally involved in their tribe’s history, preservation, languages, historical craft – because it’s not just a hashtag. It’s a way of being”.

In einem anderen Film auf dem „VR for Good“-Label namens „Home after war“ geht es um traumatisierte Kriegsheimkehrer.

Die neuen VR-Kurzfilme werden immer öfter auch auf Filmfestivals wie den Filmfestspielen von Venedig oder Sundance gezeigt. Das liegt unter anderem daran, dass für den Betrieb eines VR-Headsets nicht mehr zwingend ein leistungsstarker PC benötigt wird. Mobile Virtual-Reality-Headsets wie das Oculus Go sind mittlerweile leistbar und qualitativ hochwertig.

Ansehen kann man sich die VR-Filme aber nicht nur auf Festivals, sondern in der App „Oculus Movies“ oder in den Apps vieler Tageszeitungen und Fernsehsendern - meistens kostenslos.

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