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Himatsubishi auf der Ars Electronica

FM4 | Lina Simon

Ars Electronica

So geht Zeit totschlagen auf Japanisch

Im Japanischen gibt es ein eigenes Wort fürs Zeit-Totschlagen. Die Ars Electronica zelebriert diese eigene Kunst in einer besonderen Ausstellung.

Von Anna Masoner

Zwischen Ausstellungen, Konzerten, Performances und Vorträgen: So ein Besuch der Ars Electronica kann schon recht schlauchen. Es ist ständig was los, eigentlich müsste man sich klonen, um nichts zu verpassen.

Für gestresste Ars-BesucherInnen ist heuer ein langer Pfad unterm Dach der Linzer POSTcity angelegt, wo Himatsubushi, das Nichtstun propagiert wird.

Das japanische Wort Hima steht für die Zeit, die man unerwartet geschenkt bekommt: wenn ein Termin ausfällt, sich ein Zug verspätet oder beim Download nichts weitergeht. Wer Himatsubushi pflegt, reagiert in solchen Fällen nicht mit einem Tobsuchtsanfall oder mit dem Drang, schnell etwas Neues in die leere Zeittasche zu packen, sondern atmet tief durch und lässt die Gedanken schweifen. Bei der Ars Electronica soll uns effizienzgeplagte Wesen Kunst in diesen Ausnahmezustand versetzen.

Himatsubishi auf der Ars Electronica

FM4 | Anna Masoner

„Balance Scale for Lightness“ von Yasuhiro Suzuki

Tiefenentspannend wirkt ein altmodisches weißes Metronom. Auf den ersten Blick scheint es stehen geblieben, aber es läuft bloß in eher ungewöhnlichen Intervallen: von einer Sekunde bis zu 10.000 Jahren. Angesichts diese Zeitspanne wirkt die ach so wichtige To-do-Liste lächerlich.

Ebenso meditativ ist die auf dem Kopf stehende Waage in einer Art Aquarium. Vom Boden aufsteigende Luftblasen verfangen sich in den Waagschalen und sollen sie offenbar mit Leichtigkeit ausbalancieren. Wird das Gleichgewicht irgendwann kippen? Wir haben es nicht herausgefunden, die Zeit hat nicht gereicht.

Himatsubishi auf der Ars Electronica

FM4 | Lina Simon

„Reflect“ von Noga Sapir

Im Himatsubushi Lab entdeckt man Stifte, mit denen man nicht schnell schreiben kann, und eine kleine flauschige Kugel, die beim Entspannen helfen soll. Zwischen die Hände gelegt, misst sie Köpersignale wie Puls und Hautleitfähigkeit. Ein die Farben wechselndes Licht auf der Kugel zeigt den aktuellen Stresspegel an.

Am Ende des Pfades, der bequemerweise stets die Richtung vorgibt, erreicht man eine kleine Terasse mit Café. BesucherInnen und Besucher sitzen matt in der Sonne und halten meditativ ihre Teeschalen in der Hand. Sie schauen auf einen kleinen Garten mit Apfelbäumen.

Auf dem Ast eines der Apfelbäume hängt das japanische Geschicklichkeitsspiel Kendama, so erklärt es eine der Kuratorinnen, Emiko Ogawa. Ein roter Holzapfel hängt an einem Faden an einem Holzstück in der Form eines Hammers. Beim Spiel geht es darum, den Apfel in die Luft zu werfen und dann mit einem der Holzteller zu fangen.

Schaffen wir es, einen Apfel in dem Moment zu fangen, in dem er vom Baum fällt, fragt der Künstler rätselhaft im Katalog. Das ist also der absolute Test unserer Bereitschaft, uns auf eine unvorhersehbae Wartezeit einzulassen.

Leider nicht bestanden: weder in Sachen Geschicklichkeit und Apfelfangkunst noch in Sachen Zen. Nach einer halben Stunde Muße hetzen wir schon weiter zum nächsten Termin. Himatsubushi muss warten bis nach der Ars.

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