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"Succession"

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Eine schrecklich reiche Familie

Must be funny in the rich man’s world, singen ABBA und die HBO-Serie „Succession“ inszeniert mit bitterbösem Cringe-Humor eine schwerreiche Familie. Eine grandiose, tragikomische Charakterschwächen-Studie.

Von Pia Reiser

Ein weißer Geschäftsmann Mitte 40, der auf der Rückbank einer Limousine erbärmlich zu „An open letter to New York“ von den Beastie Boys mitrappt. Ein douchebag sondergleichen, flüstert einem die Serie „Succession“ zu. Dieser Mann, Kendall Logan, der schmalschultrige Windbeutel mit den müden Augen, ist eines von vier Kindern des Medientycoons Logan Roy, der auch mit über 80 nicht an den Ruhestand denkt. Auch nicht nach einem Schlaganfall.

Brian Cox spielt den reichen und mächtigen alten Mann mit Shakespeare-schwerer Wucht. Sein Logan Roy ist der König Lear von Manhattan, nicht Rupert Murdoch, wie „Succession"-Erfinder Jesse Armstrong betont. Im Unterschied zu Shakespeare wird in „Succession" deutlich mehr geflucht. Selbst wenn es die ersten Worte sind, die der von seinem Hirnschlag schwer gezeichnete Logan nur mühsam hervorpressen kann, als sein Sohn Kendall ihn fragt, ob er etwas braucht: You are a fucking idiot“.

SZenenbilder "Succession"

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Plot und Setting - eine schwerreiche und mächtige, amerikanische Mediendynastie - klingen nach Prestige-Drama, doch die Art und Weise, in der die Kamera hier oft fast wie in einer Doku mitschwebt, wackelt und auf Gesichter hin- und wieder wegzoomt, erinnert an Serien wie „The Office“ oder „The Thick Of It“ - und letztere stammt ebenfalls wie „Succession“ aus der Feder von Jesse Armstrong.

Anders als die meisten Serien, die einen mit ausgefuchstem Handlungsverlauf und Cliffhangern in den Bann ziehen wollen, besticht „Succession" als tiefschwarzhumorige Charakterstudie - der Charakterschwächen skrupelloser Narzissten. Vier erwachsene Geschwister, die es nie geschafft haben, aus dem Schatten ihres Vaters zu treten, und um dessen Aufmerksamkeit buhlen. Der moralische Kompass dieses Clans ist überwuchert von Geld und Zynismus. Bei einem Baseballspiel der Familie bietet einer der Söhne einem zuschauenden kleinen Jungen eine Million Dollar, wenn er einen Homerun schlägt. Als der es knapp nicht schafft, zerreißt der Sohn den Scheck vor den Augen des Jungen und japst dabei Oh my god, that was so close ... go back to your life.“

"Succession"

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Die Komik der HBO-Serie ist ganz nah am Fremdschämen gebaut, die pointenschweren Dialoge strotzen von Bosheit und Treffsicherheit. „Succession"-Erfinder Jesse Armstrong hat schon als Drehbuchautor von „Veep“ und „In The Loop“ bewiesen, dass er diese Kombination beherrscht. Er ist ein Meister der aus dem Ärmel geschüttelten Beleidigung, eingewickelt in höfliche Floskeln.

Doch einfach nur schwerreiche Soziopathen Zynismus spucken zu lassen, wäre zu einfach. „Succession“ schafft es mit einer ganz eigenen Balance aus Tragik und Komik, dass man zwar keine der Figuren wirklich mag, aber dennoch das aufbringen kann, was den Logans fehlt: Empathie. Das hier sind keine teuer angezogenen Schießbudenfiguren, sondern komplex geschriebene Charaktere.

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„Succession“ ist in Österreich via Sky und Sky Ticket verfügbar. Via Amazon Video sind leider die ersten drei Episoden inzwischen aus lizenzrechtlichen Gründen nicht mehr verfügbar

Die faszinierendsten Figuren in dieser satirischen Anordnung über Gier, Macht und Medien sind übrigens nicht die, die mit dem Silberlöffel im Mund zur Welt gekommen sind. Sondern die, die auch ein anderes Leben kennen und staunend sowohl Reichtum als auch Verhalten der dysfunktionalen Familie Roy beobachten. Matthew McFayden brilliert als Tom Wamsgans (What a name!), zukünftiger Schwiegersohn von Logan Roy, der die Annehmlichkeiten des Reichtums nie mehr missen möchte. Und dann ist da noch Cousin Greg, zwar tatsächlich verwandt mit den Logans, der aber dann mehr zufällig in den New Yorker Intrigenstadl verwickelt wird.

„Succession“ ist exzellentes und bitterböses Schauspielkino in Serienform. und als Bonus hat man die teuflisch gute Titelmelodie tagelang als Ohrwurm.

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