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FM4 Extraleben: Mode in Games

Von Robert Glashüttner

Die längste Zeit über war Mode in Computerspielen ergebnisorientiert. Vor allem in Rollenspielen hat man sich jene Rüstungen und Roben übergeworfen, die dem Avatar bessere Überlebenschancen eingeräumt haben. Ästhetik war nebensächlich, und abgesehen davon war es nicht unüblich, für unterschiedliche Kleidungsgegenstände - etwa zwei Brustpanzer - zwar verschiedene Wirkungen anzugeben, aber eine idente Grafik zu verwenden. Abseits von Rollenspielen hatten wir als Spielerinnen und Spieler lange Zeit fast gar keinen Einfluss auf unser Aussehen.

FM4 Extraleben: Mode in Games

Conny Lee, Robert Glashüttner und Rainer Sigl sprechen über Fashion in Computerspielen. Am Montag, den 17. September 2018. Von 21 bis 22 Uhr und danach 7 Tage im FM4 Player sowie als Podcast.

Die erste große Welle der virtuellen Selbstermächtigung in Bezug Mode und Selbstinszenierung in Games und virtuellen Welten kam Anfang und Mitte der 2000er Jahre. „Second Life“ (2003) hat uns früher oder später alle zu DesignerInnen werden lassen und die Spielkonsolen Xbox 360 (2005) und Wii (2006) haben erstmals hauseigene Avatare eingeführt. Da ging’s zwar anfangs ums Aussehen der Figur an sich und weniger um ihre Bekleidung, doch ein Anfang war gesetzt.

Ein männlicher Avatar in "Second Life" posiert mit einem Anzug vor einem Oldtimer, im Hintergrund sonnenbestrahlte Natur.

flickr.com, User "falconghost" (CC BY-ND 2.0)

Fashion-Shooting in „Second Life“ (CC BY-ND 2.0)

Vanity Items

Die 2010er Jahre haben mit der Weiterführung von Online-Rollenspielen, vor allem aber durch die neuen, immens populären Spielgenres der MOBAs und Battle-Royal-Shooter den selbst gestaltbaren Avatar zur Regel gemacht. Ihn einzukleiden gehört zum Spielerlebnis und erfüllt genau die selben Distinktionszwecke wie in der Welt der physischen Mode: Je individueller man sich kleidet, aber gleichzeitig auch je näher man an aktuellen Trends dran ist, umso besser. Wer im Spiel immer nur mit den basic skins herumläuft, wird als Noob gebrandmarkt - ebenso wird jemand, der in der „wirklichen“ Welt auf sein Äußeres kaum Wert legt, von unserer Gesellschaft schief angesehen.

Games-Konzerne wissen das selbstverständlich und setzen hier ganz bewusst mit der Monetarisierung an: Die Spiele sind möglicherweise frei spielbar, doch früher oder später will man in sein virtuelles Aussehen investieren - wenn nicht für die anderen, dann doch zumindest für sich selbst. Wenn man schon Stunden, Tage, Wochen, Monate in einer Spielewelt verbringt, will man doch nicht aussehen wie ein planloser Anfänger oder eine 08/15-Gelegenheitsspielerin!

Gender bender

A propos Spieler und Spielerin: Das Wechseln der Geschlechter ist in Games immer schon erfreulich einfach gewesen. Bieten die jeweiligen EntwicklerInnen genügend Freiheiten, können wir bei unserem Avatar bunt über Frau oder Mann, Körperform und Ethnie entscheiden. Das setzt sich anschließend in den Outfits fort bzw. wird durch Mode die jeweilige Auswahl manifestiert - oder konterkariert.

Sprechen wir über Computerspiele!

Zum FM4 Extraleben gibt es begleitende Artikel zu allen Sendungen bis inklusive März 2017 und zu jenen ab April 2017. Das FM4 Extraleben gibt es auch als Podcast.

In Games spielen wir aber natürlich nicht immer als humanoide Figuren. Und selbst wenn unser Avatar eine menschenähnliche Statur hat, ist nicht immer gleich klar, um welches Geschlecht es sich handelt. Eigentlich ist es ja in vielen Fällen auch nicht wichtig. Mit dieser Unklarheit spielen GrafikdesignerInnen gerne, und dann spielen uns oft unsere eigenen Genderrollen und Vorurteile einen Streich. Häufig ist es aber leider auch umgekehrt, dass nämlich eine geschlechtsneutrale Spielfigur klischeehaft auf männlich oder weiblich getrimmt wird. Wir kennen alle die Geschichten von etwa anthropomorphen Erdhörchen, wo die Wimpern lang werden und die Taille schmal wird, um sie eindeutig als Mädchen oder Frau zu inszenieren. Da sind mysteriöse Spielfiguren, deren Geschlecht man nicht weiß, doch wesentlich interessanter - man denke nur etwa an die Hauptfiguren in „Metroid“ oder „Journey“.

Screenshot aus "Journey": die Hauptfigur in der roten Robe auf vom Mond bestrahltem Sand.

Thatgamecompany / Playstation

„Journey“

Cosplay und Haute Couture

Eine Bestätigung für gut designte Spielecharaktere sind CosplayerInnen, die ihre Leidenschaft für Figuren durch Mode und Selbstinszenierung aus dem digitalen Raum in die physische Welt tragen. Komplett in der eigenen Lieblingsfigur aufgehen und sich gewissermaßen in sie verwandeln wollen, darin liegt die Faszination von Cosplay. Hierzulande war die vor allem in Japan geprägte Subkultur vor rund zehn Jahren noch kaum verbreitet, doch seit ein paar Jahren ist Cosplay vor allem von Comic- und Games-Messen nicht mehr wegzudenken.

Cosplay ist auch ein Beweis dafür, dass GamerInnen keine verschrobenen Nerds ohne Bezug zum eigenen Körper und zu Ästhetik im Allgemeinen sind. Darüber hinaus verbreitern sich die Zielgruppen von Games stetig. Sportmodemarken wie Puma oder Vans wissen das und bringen immer wieder mal Special Editions in Zusammenarbeit mit diversen Spielefirmen heraus. Aber auch die eine oder andere High-Fashion-Marke wie Louis Vuitton oder Hermès hat bereits kleine Abstecher in die Gameskultur gemacht.

Doch Haute Couture und Videospiele, diese Paarung ist immer noch sehr ungewöhnlich. Es dürfte weiterhin eine größere Kluft zwischen der glamourösen Fashionwelt auf der einen, und Mode-bezogenen Videospiel-Fankulturen wie Cosplay und Games-Merchandising auf der anderen Seite geben.

FM4 Extraleben über Mode in Games

Mode und visuelle Selbstinszenierung waren in Games lange Zeit wenig wichtig, doch in den letzten Jahren hat sich das verändert. Vor allem, weil wir Computer- und Videospiele öfter und selbstverständlicher online spielen, sind wir sichtbarer und mehr unter Leuten als je zuvor. Grund genug also, sich auch mal virtuell in Schale zu werfen, und ein perfekter Anlass für das aktuelle Extraleben, das sich dem Thema Mode und Games widmet. Die Extralebenden Conny Lee, Rainer Sigl und Robert Glashüttner posieren am Montag, 17. September von 21-22 Uhr im besten Zwirn vor den FM4-Mikrophonen.

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