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Die Band Suede in der Dämmerung, der blauen Stunde

Suede

Blaue Stunde mit Suede

Die englische Band Suede ist mit einem neuen Album namens „The Blue Hour“ wieder stark da.

Von Eva Umbauer

Die Britpop-Veteranen rund um Sänger Brett Anderson legen ein Album vor, das von Anfang bis zum Ende durchgehört werden möchte. Ich steige trotzdem beim sechsten Song von „The Blue Hour“ ein, dem packenden „Cold Hands“, in dem Brett Anderson agiert wie in einer Art Power-Pop-Musical. Die Welt von Suede ist noch immer intakt, oder wieder, wie die Band selbst sagen würde. Schließlich war nach dem Album „A New Morning“ Anfang der Nuller Jahre die Luft raus bei Suede. Erst elf Jahre später hatte man mit „Bloodsports“ wieder den Faden gefunden.

Albumcover von Suedes "Blue Hour"

Suede

Das neue Album, „The Blue Hour“ schließt direkt an das letzte, „Night Thoughts“, an und bildet damit und mit „Bloodsports“ eine Art Trilogie.

Blaue Stunde

Die „blue hour“, also die „blaue Stunde“, beschreibt jenen kurzen Moment nach Sonnenuntergang bevor die Nacht eintritt. Es handelt sich um ein schönes Bild, kein bedrohliches. Die verletztlichen Momente am neuen Suede-Album sind besonders schön, weil der Vibe insgesamt ein bisweilen harscher ist, ja, in Momenten ein fast an Goth erinnernder. Etwa gleich im Album-Opener, einem Song namens „As One“.

„Oh, I´m your blue eyed boy, I suffer your indifference, and you can teach me pretty words, and we can feed the sparrows“, singt Brett Anderson, während die Prager Philharmoniker das phantastische Streicher-Backing dazu bereitstellen.

Einen toten Vogel begräbt Brett Anderson dann im Song „Roadkill“ - und sein kleiner Sohn fragt den Daddy, was er da eigentlich tut. „Burying“, sagt dieser nur drauf.

Fuchs, Dachs, Rotkehlchen, all die Tiere, die in traditionellen englischen Kinderbüchern vorkommen, finden sich so oft totgefahren an den Straßen- und Wegesrändern, dort, wo Brett Anderson heute mit seiner Familie lebt, im Südwesten von England. Von daher kommen Songs wie „Dead Bird“ oder eben „Roadkill“.

Ansonsten müssen wir am neuen Suede-Album durch „Wastelands“, werden aufgefordert mit der Band „Beyond The Outskirts“ zu kommen, ok, von der Brücke springen wir aber nicht, auch wenn die Gitarre in diesem Song gerade so hart wie eine Metalgitarre daherkommt.

Emotionales Wasteland

„I wonder where you are tonight“, haucht Brett Anderson dann ganz zart, aber schon geht es weiter in dieser Tour de Force, dem emotionalen „wasteland“, das Brett Anderson und Suede da zeichnen.

„Chalk Circles“ heißt der nächste Song voller „ringroads, stairways, roundabouts“. „Watching traffic heading south“, singt Brett Anderson und dann schlägt die Trommel wie bei einem Marsch. Nein, Atempause gibt es keine. Erst bei „Life Is Golden“ darf sich der Suede-Fan etwas zurücklehnen. Oder bei „All The Wild Places“, wo klar wird, warum die Prager Symphoniker zu den besten Orchestern gehören. Rastlos singt Brett Anderson, während ihn die Streicher einhüllen: „Of all the wild places I know, yours is the most desolate.“

Rock Oper

Aber noch ist die Geschichte nicht zu Ende erzählt: „I stay in bed and feed the day with my imagination“, singt Brett Anderson, und davon, dass er mit 17 von zu Hause weggegangen ist. „The Blue Hour“ ist seine Rock Oper. Suede spielen in ihrer ganz eigenen Liga.

Das neue Suede-Album ist auch eng verbunden mit der Autobiografie, die Brett Anderson heuer im Frühling veröffentlicht hat. Erst gab es gar keinen Verlag, Brett schrieb das Buch für seinen kleinen Sohn, damit dieser es vielleicht irgendwann später lesen könnte. Aber „Coal Black Mornings“ wurde ein Erfolg. Es ist ein tief berührendes Buch über die Kindheit und Vergangenheit von Brett Anderson - es endet mit dem Moment, als Suede den ersten Plattenvertrag bekommen.

Suede zählten in den Neunziger Jahren neben Blur, Oasis und Pulp zu den „Großen Vier“ des Britpop. Heute distanziert sich Brett Anderson von Britpop - etwa seinem „flag waving“: „I was documenting Englishness, and I think those other bands that came later were celebrating it.“

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