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Die Logos der Browser Chrome, Firefox, Microsoft Edge und Brave

Gemeinfrei

browser wars

Anmeldezwang, Werbeflut und Browser-Alternativen

Version 69 von Googles Webbrowser Chrome meldet Userinnen und User heimlich an, um noch mehr Daten sammeln zu können, Microsoft Edge macht Negative Campaigning. Mozillas Firefox und ein neuer Browser namens Brave punkten hingegen mit ungewöhnlichen Ideen.

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Moderne Webbrowser wissen viel über uns: Welche Websites wir besuchen, welche Produkte wir kaufen, wo wir uns aufhalten. Sie speichern auf Wunsch unsere Kontonamen, Passwörter und Kalendereinträge. Googles Chrome-Browser, mittlerweile der populärste Webbrowser mit 60% Marktanteil, synchronisiert all diese Daten auf Wunsch auch mit andern Geräten, so dass Favoriten, Passwörter, Kalender und dergleichen auf Desktop-PC, Laptop und Smartphone verfügbar sind. Viel Aufregung herrscht derzeit aber über das neueste Update von Chrome: Version 69 des Browsers loggt Userinnen und User nämlich automatisch ein.

Forderung nach stärkerer Regulierung

Bisher musste man einen Chrome-Account manuell anmelden. Jetzt geschieht das heimlich, still und leise, wenn man bereits in Gmail, Youtube und dergleichen angemeldet ist. „Die Grenze zwischen eingeloggt sein und nicht eingeloggt sein verschwimmt“, sagt der legendäre Kryptographie-Experte Matthew Green von der Johns-Hopkins-Universitiät in Maryland. Er fordert die stärkere Regulierung von Kozernen wie Google: „Ich wünschte, wir würden in einer Welt leben, in der sich Konzerne wie Google selbst regulieren und wir uns keine Gedanken über unsere Privatsphäre machen müssten. Leider leben wir nicht in einer solchen Welt. Europa hat zuletzt proaktiv Maßnahmen zugunsten der Privatsphäre gesetzt, die vielversprechend sind. Sobald die Wirksamkeit dieser Maßnahmen sichtbar wird, hoffe ich, dass die besten Teile davon eines Tages auch in den USA umgesetzt werden.“

Google verteidigt den erzwungenen Chrome-Login: Es gehe darum, die Synchronisation zu vereinfachen. Der Backlash im Internet hat den Konzern anscheinend überrascht, und es kommen immer mehr Details zutage: Will man zum Beispiel wie bisher die Cookies aus Chrome löschen, ist dort zu lesen: „Anmeldung im Google Konto bleibt erhalten“. Googles eigene Cookies können jetzt also nicht mehr gelöscht werden.

Google

Christoph Weiss

Je mehr Google über die Userinnen und User weiß, desto gewinnbringender kann der Konzern deren Daten an Werbepartner verkaufen. Will man sich darauf nicht einlassen, so gibt es Alternativen. Firefox von Mozilla hat umfangreiche Privacy-Features und kann gut selbst konfiguriert werden. Einer der Gründer der Mozilla Foundation - und außerdem Erfinder der Programmiersprache JavaScript - ist der Informatiker Brendan Eich. Er hat vor kurzem einen ganz neuen Browser veröffentlicht: Brave.

„Third Party JavaScript sollte aggressiv geblockt werden“

„Ich wollte immer mehr ermöglichen, als bloß Werbung zu blockieren – denn das allein schadet natürlich den Publishern. User haben mir gesagt: Ich klicke niemals auf Anzeigen, aber ich weiß, dass selbst durch das Laden und Anzeigen der Werbung eine Impression generiert wird, die dem Betreiber der Website zugute kommt. Wenn ich also Werbung blockiere, schade ich ihm. Ich möchte etwas zurückgeben, wie kann ich das tun?“

Brendan Eich

Mozilla

Brendan Eich

Brendan Eichs Lösung: Brave verfügt über ein integriertes Wallet für Kryptowährung. Wer Anzeigen blockt, aber den Publisher unterstützen will, kann damit bezahlen. Wer sich freiwillig Anzeigen ansieht, erhält Kryptogeld. Das bisher bestehende System aus Googles Anhäufung von Daten, Werbung und Dutzenden versteckten JavaScript-Programmen bezeichnet Eich als giftig: „Um einen Zahlungsfluss zu erzeugen, der nicht das bestehende toxische System unterstützt, benötigen wir eine Verrechnungseinheit. Wir bieten privates Browsing als Default-Modus an. Der Empfang von Werbung basiert auf Konsens und wird nur aktiviert, wenn der User das will.“

Brave, sagt Brendan Eich, sei somit auch viel schneller als andere Browser: „Auf mobilen Endgeräten sind wir sogar bis zu achtmal schneller. Das ist ein Hinweis darauf, wie schlimm das JavaScript-Signalling geworden ist – also nicht nur die sichtbaren Videos und Bilder der Werbung, sondern die Scripts, die im Hintergrund geladen werden und miteinander verkettet sind. Sie überladen das Netzwerk dermaßen stark, dass man einen riesigen Geschwindigkeitszugewinn erreicht, wenn man diesen ganzen Unsinn blockiert. Ich habe JavaScript erfunden und sage: Third Party JavaScript sollte aggressiv geblockt werden. Und Brave ist die beste Methode, das zu tun.“

Auch der hinsichtlich der weltweiten Nutzerzahlen fünftplazierte Browser, Opera, verfügt seit kurzem über ein Kryptowährungs-Wallet. Seine Gestalter haben sich das Ziel gesetzt, Opera zum weltweit besten Krypto-Browser zu machen.

VR-Schnittstellen im Browser

Auch Mozilla hat in der Zwischenzeit interessante neue Features vorgestellt: Die Protokollspezifikation WebVR unterstützt Virtual-Reality-Headsets wie Oculus Rift und HTC Vive. Für das mobile Headset Oculus Go gibt es außerdem einen eigenen VR-Browser namens Firefox Reality. Microsoft hingegen versucht mit Negative Campaigning, den weit abgeschlagenenen Browser Edge (nur zwei Prozent Marktanteil) zu pushen. Will man in Windows 10 einen anderen Webbrowser installieren erscheint neuerdings eine Warnung und der Hinweis, dass Edge doch ohnehin besser wäre.

Zuletzt hat außerdem Google bekanntgegeben, dass Chrome Version 70 bereits Mitte Oktober erscheinen wird - mit einer Möglichkeit, die automatische Anmeldung wieder zu deaktivieren. Die Browser Wars bleiben also spannend.

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