FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Jugo Ürdens vor dem FM4 Studio

Radio FM4 / Lukas Lottersberger

Artist of the Week

„Upfuck, aber eh geil“

Rumprahlen mit dem, was man hat! Auch wenn’s nur ein „Yugo“ ist, das schlechteste Auto der Welt. Jugo Ürdens hat der jugoslawischen Kult-Kraxen auf seinem Debüt-Album ein Denkmal gesetzt. Er ist der FM4 Artist of the Week.

Von Daniela Derntl

Vor 40 Jahren, am 2. Oktober 1978, wurde jugoslawische Automobil-Geschichte geschrieben. Denn an diesem Tag wurde der Prototyp des Yugo im Werk des serbischen Auto- und Waffenherstellers Zastava fertiggestellt. Der kantige 45-PS-starke Kleinstwagen, der im Wesentlichen auf dem Fiat 127 basierte, hatte eine lausige Reputation. Für viele galt der Yugo als das schlechteste Auto der Welt, dennoch konnte sich das schmucklose Billigvehikel mit einem Preis von 3990 $ zum kommunistischen Exportschlager mausern und schaffte es auch in die Simpsons und zahlreiche Hollywood-Filme, wie „Stirb Langsam“, „Dragnet“, „Der Verrückte Professor“ - immer als Synonym von beängstigend mieser, ja schon lachhafter Qualität. Nicht umsonst lässt auch Stephen King den Yugo in seinen Horrorgeschichten vorfahren.

Zahlreiche Witze ranken sich um den jugoslawischen Flitzer, das Time Magazine bezeichnete die Schrottkarre als „die Mona Lisa der schlechten Autos“, die Washington Post attestierte ihm eine „Geschichte des ikonischen Scheiterns“. Doch mittlerweile genießt der Yugo, ähnlich wie der ostdeutsche Trabi, Legendenstatus und verkörpert das Lebensgefühl des zerfallenen sozialistischen Staates. Mit seinem grobschlächtigen Charme und seiner verschrobenen Kaputtheit gilt er augenzwinkernd als Meisterstück jugoslawischer Ingenieurskunst und Touristen aus aller Welt zahlen heutzutage viel Geld, um dieses nostalgische Flair bei klapprigen Stadtrundfahrten durch Belgrad wiederaufleben zu lassen.

Der Charme der Kaputtheit

Für ein Wiederaufleben dieser Ikone vergangener Zeiten sorgt nun auch Jugo Ürdens. Der 22-jährige Rapper mit serbisch-montenegrinischen Wurzeln hat sein Debütalbum und einen Song nach dem Yugo benannt, und auch hier zieht sich der Charme der Kaputtheit und die Kontinuität des Scheiterns durch wie ein defektes Bremskabel: „Upfuck, aber eh geil“, nennt Jugo Ürdens das, „Rumprahlen mit dem, was man hat. 45 PS, aber Autobahn – gib ihm!“

Plattencover von Jugo Ürdens' "Yugo"

Futuresfuture

„Yugo“, das Debüt-Album von Jugo Ürdens erscheint am 5. Oktober auf Futuresfuture.

Angeschlagen wie ein „Yugo“, stolpert Jugo Ürdens schwer verkatert durch „Meier“, den ersten Song des Albums. Die Beats sind dunkel und langsam. Das Autotune zieht sich wie Kaugummi. Die Party ist vorbei, aber sie kommt wieder, keine Frage:

Seitdem ich denke
geht’s immer um das Selbe:
Sauf Sauf Sauf Sauf
Bis zum bitteren Ende

Feiern, so scheint es, ist für Jugo Ürdens eher ermüdendes Pflichtprogramm als Ausdruck hedonistischer Lebensfreude. Ein regelmäßiger, heftiger Ausbruch aus der lähmenden Lethargie und inneren Leere. Ausgepumpt und aufgepumpt mit Alkohol und Paroxat, einem Antidepressivum, geht sich echte Euphorie nicht wirklich aus. Gleich drei Songs auf dem neuen Album handeln von Resignation, Stillstand und der scheinbar unveränderlichen Eintönigkeit des Alltagstrotts – „Meier“, „Selbe“, und „Warte“:

Du wartest und wartest und wartest und wartest und wartest darauf,
dass sich irgendetwas ändert,
sich irgendetwas tut,
irgendwas passiert,
aber alles bleibt gleich,
alles bleibt so.

Schillernde Oberflächen und klaffende Löcher

Jugo Ürdens hat ein feines Gespür, den Glanz und das Elend einer hyperindividuellen Generation in all seiner Widersprüchlichkeit einzufangen. Der „schönste Rapper Österreichs“ weiß um die Blendkraft der schillernden Oberflächen und der klaffenden Löcher dahinter. Seine Texte sind autobiografisch, direkt aus seinem - oder dem Leben seiner Freunde - gegriffen. In „Vater“ kuriert er alte Wunden, in „Immer“ disst er Musikindustrie-Wichtigtuer, in „Ich verstehs Nicht“ geht’s um einen Streit mit einem Freund.

Zurück zu den Wurzeln

Apropos Freunde: Zwei seiner Futuresfuture-Labelkollegen, Edwin („Allegro“) und Einfachso („Läuft“) hat er vors Mikro geholt und weitere Unterstützung kam von den Beatbastlern Vienca, Josselin und Joce. Doch die meisten seiner schwermütigen Trap-Beats hat Jugo Ürdens selbst produziert. Aus alten jugoslawischen Gitarren-Balladen der 1960er und 70er hat er den Pathos und die tieftraurige Balkan-Romantik destilliert und sie als stark verfremdete Samples in seine Songs überführt.

Jugo Ürdens im FM4 Studio

Radio FM4

Zurück zu seinen Wurzeln geht Jugo Ürdens auch auf dem Album-Cover von „Yugo“. Man sieht einen sozialistischen Plattenbau in Skopje, ein schwer baufälliges Studentenheim, das immer noch in Betrieb ist. Mit diesem Bild unterstreicht er abermals seine Herkunft und Identität, „irgendwo zwischen Akademiker und Gastarbeiter“. Doch Letzteres kommt nicht mehr in Frage, denn es „Läuft“ für Jugo Ürdens.

Aktuell: