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Doctor Who Still

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Why are you calling me Madam?

Einmal Genderbending, drei neue GefährtInnen und keine altbekannten Monster, bitte: die aktuelle Staffel von „Doctor Who“ möchte ganz neu anfangen.

Von Jenny Blochberger

„The Woman Who Fell To Earth“ heißt die erste Folge der neuen Staffel von „Doctor Who“ – die erste mit einem weiblichen Doctor, der Nummer 13. Was mich schon zur semantischen Schwierigkeit bringt, die ich in diesem Text zu bewältigen habe: „Der“ weibliche Doctor? Wie sagen wir denn da, wenn die Titelfigur irgendwas macht – z.B. der Doctor verliert seinen Sonic Screwdriver, oder doch der Doctor verliert ihren Sonic Screwdriver...? Da ist sie wieder, die Tücke des grammatischen Geschlechts im Deutschen. Man kommt einfach nicht ohne aus, und das Subjekt dauernd umschreiben, wenn man sagen möchte, dass der/die Doctor etwas tut, ist auch nicht befriedigend. Dann eben die Doctor.

„Doctor Who“ für Einsteiger

„Doctor Who“ ist eine langgediente BBC-Serie über ein Alienwesen, das in seiner Zeitmaschine (der Tardis) mit menschlichen BegleiterInnen durch Raum und Zeit reist und immer wieder mal das Universum/die Erde/die Menschheit rettet. Dieses Wesen gehört der Spezies Time Lord an, die sich am Ende einer Lebenszeit in eine neue Inkarnation regenerieren kann, die geschlechtsmäßig, altersmäßig oder ethnisch nicht festgelegt ist (nur britisch muss sie wohl immer sein). Nach einer Reihe von weißen Männern diversen Alters ist „der“ Doctor nun in der aktuellen Ausprägung als Frau reinkarniert.

Die Doctor fällt also aus ihrer Zeitmaschine, der Tardis, und verliert dabei ihren Sonic Screwdriver (quasi Zauberstab - eigentlich sowas wie ein hochtechnologisches Schweizer Taschenmesser). Sie fällt in einen Zug nach Sheffield und damit auch schon in ihr erstes Abenteuer, komplett mit allen GefährtInnen, die sie voraussichtlich auf ihrer Reise begleiten werden.

Was genau passiert, ist ein bisschen egal: eine außerirdische Bedrohung sucht die Erde heim, man muss sie stoppen, es gibt eine dramatische Szene auf einem Kran. Man hat den Eindruck, der neue Showrunner Chris Chibnall („Broadchurch“) hätte die erste Folge plotmäßig bewusst dünn gehalten, damit die neuen ProtagonistInnen besser zur Geltung kommen. Das ist so halbwegs gelungen: Die divers gecasteten GefährtInnen sind charakterlich noch nicht sehr stark ausgeprägt, wirken alle durchaus sympathisch, aber etwas unkantig. Wir wollen hoffen, dass es nicht allzu kuschelig in der Tardis wird, ein wenig Konflikt zwischen den Reisenden wäre ja ganz interessant und würde sich anbieten, immerhin hatte keiner der bisherigen Doctors derart viele GefährtInnen.

Doctor Who Still

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Was nun die neue Doctor-Inkarnation angeht, bin ich fürs erste durchaus angetan. Meine Befürchtung war, dass die erste Frau in der Titelrolle den Badass geben müsste, was leicht auf Kosten des doctortypischen Wortwitzes gehen könnte; aber Jodie Whittakers Doctor ist durchaus witzig, leicht verwirrt, aber schnell beim Denken – ähnlich wie ihr Vorgänger Peter Capaldi, was natürlich der Tatsache geschuldet sein könnte, dass die neue Inkarnation erst dabei ist, sich zu erfinden. Als erstes baut sie mal einen neuen Sonic Screwdriver, denn ohne den, das haben wir schon ein paar Mal bemerkt, ist der/die Doctor ganz schön aufgeschmissen.

Ein bisschen verschenkt ist die Szene, in der die Doctor ihren neuen Look findet; wirklich, sie geht in einen Charity Shop, probiert einiges an, ruft dann „Das isses!“, und das isses dann auch? Spätestens hier hätte sich ein wenig Screwball angeboten, aber das werden wir dann ja sehen, wie das ist mit den pfiffigen Dialogen, wenn der Text auf vier ProtagonistInnen aufzuteilen ist. Diese Staffel wird laut Showrunner Chibnall ohne die klassischen Feinde wie Daleks oder Cybermen auskommen und stattdessen neue Monster präsentieren. Die Bösewichte waren meiner Meinung nach ohnehin immer der uninteressanteste Aspekt, weil selten nuanciert gezeichnet; die alte Doctor-Who-Tradition des eindimensionalen feixenden Bösewichts werden wir wohl auch mit Chibnall nicht los, man kann nur hoffen, dass er auch nicht auf die Tradition des selbstironischen Humors vergisst.

Das würde ich mir von der neuen Staffel mit Doctor Nummer 13 wünschen: mehr Witz und Wortspiel, weniger Fokus auf den oft verworrenen „Monster of the Week“-Plot. Ob mein Wunsch Aussicht auf Erfüllung hat, ist nach dem Staffelauftakt jedenfalls noch etwas unklar.

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