FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Szenenbilder aus der Serie "Forever"

Amazon Prime

FM4 in Serie

Bis zur unendlichen Seltsamkeit und noch viel weiter

Happily ever after oder halt auch nicht. „Forever“ ist ein herrlich verschrobenes Serienformat, das erzählerischen Mut beweist. Maya Rudolph und Fred Armisen sind Oscar und June und was die Drehbuchutoren mit ihnen anstellen, sollte nicht verraten werden. Dies ist der Versuch einen Text über eine Serie zu schreiben, die man am besten anschauen sollte, ohne etwas darüber zu wissen.

Von Pia Reiser

Seit mehr als 15 Jahren gelten Serien als innovativer als Filme und wurden sogar vom Feuilleton als „der neue Roman“ abgefeiert. Und während natürlich die Geschichten, die einem Serien erzählen, manchmal spannend, witzig, dramatisch oder sehr oft einfach nur gerade nicht so schlecht sind, dass man nicht weiterschaut, so lässt die Experimentierfreudigkeit von Serien zu wünschen übrig.

Das Publikum liebt man ja auch die Sicherheit, dass man weiß worauf man sich einlässt. Die 8-teilige Serie „Forever“ ist da anders. US-KritikerInnen wurden von den Serienmachern gebeten, spoilerfrei zu berichten. Das macht das Reden über „Forever“ ziemlich schwierig, doch es ist einer der wenigen Fälle, wo die Bitte nach Geheimhaltung bestimmter Wendungen tatsächlich Sinn ergibt.

Oscar & June

Zunächst scheint alles klar. Geschrieben wurde „Forever“ den Machern von „Master of None“ und „Parks and Recreation“. Dann wird wohl auch „Forever“ im Comedybereich anzusiedeln sein. Dazu gesellen sich Maya Rudolph und Fred Armisen als Hauptdarsteller, das muss ja eigentlich schon alleine wegen den beiden unterhaltsam sein. Die zwei „Saturday Night Live“-Stars spielen das Ehepaar Oscar und June. Und während er sich in der Routine einer langjährigen Beziehung wohlfühlt, will June Abwechslung. Ein bisschen geht es June wie es in Tocotronics „Die Unendlichkeit" - was ja auch recht gut zum Serientitel passt - heißt“ Ich weiß nicht weiter, Ich will mich verändern, Doch wie fang ich’s an? Zumindest mal den ewig gleichen Urlaub ändern. Nicht zum 14. Mal in Folge zum Fischen an den See, sondern mal Skifahren in die Berge. Was soll schon passieren.

Maya Rudolph and Fred Armisen in "Forever"

Amazon Prime

Come and feel the awkwardness

Let’s plottwist again

Aha, denkt man sich also während der ersten Folge „Forever“. Eine tragikomische Abhandlung über Beziehungstrott. Große Vertrautheit herrscht zwischen Oscar und June, aber June fehlt die Überraschung, das Neue. Kannste haben, June, sagen die Serienmacher, denn endet die erste Episode mit einem Knalleffekt und während man während der zweiten Folge erneut glaubt zu verstehen, worum sich „Forever“ dreht, beendet die Serie diese Überlegungen mit einem zweiten Plottwist. Das ist ja ärger als seinerzeit bei „Lost“. Die beiden Twists zu verraten, wäre zu schade, weil man ohnehin so selten von Drehbuchwendungen wirklich überrascht wird. „Forever“ verlässt mit diesen Wendungen aber gewohntes, sicheres Serien-Terrain und erobert Neuland. Dankenswerterweise darf man aber immer noch June und Oscar bei Diskussionen übers Geschirrspülereinräumen zusehen.

Mittendrin - das hat auch glaub ich nur „Lost“ bisher gemacht - findet sich eine Episode mit zwei Figuren, die später nie mehr auftauchen, doch in den 30 Minuten erwachen diese beiden Charaktäre mehr zum Leben als manche Figuren über ganze Staffellängen. Schicksal, Liebe, Mut, verpasste Chancen. Große Themen, gerne abgehandelt in epischen Dramen, heruntergebrochen auf den kleinen Bildschirm, eine halbe Stunde, doch nicht weniger dramatisch.

Szenenbilder aus der Serie "Forever"

Amazon Prime

„Forever“ ist herrlich verschroben. Eigenwilig und für ein halbstündiges Format erstaunlich langsam dreht sich die Serie um das Tröstende des Gewohnten und die Sehnsucht nach Neuem. Das Herz der Serie ist Maya Rudolph, die Tragik und Komik gleichermaßen transportieren kann und in „Forever“ wird man sie am Meeresboden und singend in einem Schloß sehen.

Armisen bleibt wie immer erstarrt in dieser Aura aus Seltsamkeit, die er sowohl in seinen Rollen als auch in Interviews oft zelebriert. Das hilft - in Kombination mit Rudolphs Nahbarkeit - dass die Serie nie wirklich greifbar wird, sie wabert zwischen Annäherung an Metaphysik und sketchartigen Szenen. Sie pfeift auf Konventionen und hält einen mit Neugier und Verwunderung bei der Stange. Das Konzept von „Forever“ geht nicht in allen Momenten auf, aber der Mut der Macher zu dramaturgischen Experimenten, macht die Serie sehenswert.

mehr TV-Serie:

Aktuell: