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APA/dpa/Michael Kappeler

Bayern nach der Wahl

Die Wahl in Bayern brachte das erwartet schlechte Ergebnis für die bisher alleinregierende CSU. Wäre es nach den Jungwählern gegangen, wären die Veränderungen noch dramatischer gewesen, erklärt uns der Politik-Redakteur Kevin Ebert von Puls beim Bayerischen Rundfunk.

von Conny Lee und Alex Wagner

Auf den ersten Blick scheint die Wahl in Bayern eine herbe Schlappe für die CSU zu sein, doch es hätte noch schlimmer kommen können. Dank dem guten Abschneiden der Freien Wähler geht sich eine bürgerliche Koalition in Bayern aus, der Umschwung bleibt aus. Mehr zu den Ergebnissen der Wahl gibt’s auch hier auf ORF.at. Die großen Gewinner der Bayern-Wahl sind Die Grünen. Wir haben mit Politikredakteur Kevin Ebert von Puls beim Bayerischen Rundfunk über den Ausgang der Wahl in Bayern gesprochen.

Conny Lee: Die Verluste für die CSU wurden ja schon im Vorfeld prognostiziert. In wie weit waren die Verluste gestern wirklich ein Schock für die CSU?

Kevin Ebert: Es war echt eine herbe Niederlage, das kann man so sagen. Das hat auch niemand so richtig geleugnet. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder von der CSU spricht von einem „schmerzhaften Ergebnis“. Aber die letzten Umfragen vor der Wahl waren für die CSU noch schlechter. Also vielleicht kann man sagen, die CSU hat jetzt zwei sehr blaue Augen kassiert, aber ist mit 37,2 Prozent natürlich noch sehr stark.

Was waren die Gründe für das schlechte Abschneiden der CSU?

Die Wähler haben die CSU richtig abgestraft, wie man so schön sagt. Die Idee, Stimmen bei der AfD abzugraben, ist wirklich nicht aufgegangen. Wenn man sich die Wählerstromanalyse anschaut, sieht man, dass die meisten Menschen von der CSU zur AfD übergelaufen sind, insofern ist da im Vorfeld schon wirklich viel schief gelaufen. Genauso in Berlin, da ist das Theater in der Großen Koalition ein wichtiger Grund für die CSU-Pleite. Der Hauptakteur des GroKo-Krachs, Innenminister Horst Seehofer, der ist ja Bayer und von der CSU, und seine Politik in Berlin hat definitiv nach Bayern abgestrahlt. 56% der Wähler gestern haben gesagt, Hauptverantwortlicher für den Zustand der CSU aktuell ist Horst Seehofer. Auf Platz zwei war Angela Merkel und dritter dann erst Markus Söder.

Bayerische Landtagswahl

APA

Steht denn damit Horst Seehofer deiner Meinung nach vor dem Rücktritt? Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat im Vorfeld ja auch schon dem CSU-Chef und deutschen Innenminister Horst Seehofer die Schuld an dem schlechten Abschneiden gegeben. Wie wird Horst Seehofer darauf jetzt reagieren?

Die haben sich ja gegenseitig ein bisschen die Schuld zugeschoben, also der Stuhl wackelt definitiv - auch nicht unbedingt erst seit der gestrigen Wahl, schon seit der Affäre um den ehemaligen Präsidenten des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen. Ich glaube, dass man jetzt noch die Hessen-Wahl in zwei Wochen abwarten wird, die zweite größere Landtagswahl, die ansteht. Und je nachdem, wie die CDU dort abschneiden wird, glaub ich wird die deutsche Kanzlerin Angela Merkel auch eine Entscheidung zu Horst Seehofer fällen. Klar ist, dass das die Große Koalition extrem instabil machen würde, wenn sie jetzt ihren Innenminister einfach absägen würde. Und das muss sie sich erstmal leisten können. Denn dann wird es auch für Angela Merkel, die ja selbst in ihrer eigenen Partei schon eher umstritten ist, schwierig. Also das wird sie sich zwei mal überlegen. Aber Seehofer wackelt und darf sich jetzt nicht mehr viel erlauben und die Hessen-Wahl wird glaub ich die Weichen stellen.

Söder Seehofer

APA/dpa/Peter Kneffel

Was ist aber eigentlich mit Markus Söder? Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Die alte CSU ist tot“. Markus Söder sei der unbeliebteste Ministerpräsident Bayerns. Warum wird nach so einem Ergebnis wie gestern nicht die Position von Markus Söder in Frage gestellt?

Ich würde schon sagen, dass Söder unter strenger Beobachtung steht, aber man will ihm wahrscheinlich noch ein bisschen Zeit geben. Er hatte jetzt auch nicht super viel Zeit zum gestalten, ist erst seit 6 Monaten Ministerpräsident in Bayern - das hat er gestern auch sehr häufig und sehr intensiv betont. Aber klar, Söder muss liefern, der unbeliebteste Ministerpräsident aller Zeiten sollte sich jetzt nicht noch super viel erlauben.

Zu den Grünen - die sind ja bei uns in Österreich nach den letzten Nationalratswahlen aus dem Parlament geflogen - in Bayern haben sie gestern ihr bestes Ergebnis ever erzielt: 17,5% der Stimmen haben sie erhalten. Warum und wo haben die Grünen so dazugewinnen können?

Also die Grünen haben wirklich viel richtig gemacht, es war ein super starkes junges dynamisches Führungsduo mit Katharina Schulze und Ludwig Hartmann. Gerade in den Städten waren die Grünen sehr erfolgreich. Ich meine sechs Direktmandate in München - München ist grün! Das ist wirklich krass, das hat so jetzt auch niemand erwartet. Vor allem bei den jungen Wählern waren die Grünen sehr erfolgreich, die Menschen zwischen 18 und 29 Jahren haben zu 24% die Grünen gewählt. Das ist fast so stark wie die CSU - auch ne ganz schöne Hausnummer. Und man muss auch sagen: viele Leute, denen die CSU zu krass, zu konservativ, zu rechts wurde, die sind dann halt nicht zur sowieso schon schwachen SPD übergelaufen, sondern zu den Grünen.

Ludwig Hartmann und Katharina Schulze

APA/dpa/Sven Hoppe

Trotzdem werden vermutlich die Grünen in die Opposition, eine Koalition mit der CSU gilt als eher unwahrscheinlich - vor allem weil noch eine andere Partei gut abgeschnitten hat: Die Freien Wähler. Da geht sich eine Koalition mit der CSU aus und die ist für die CSU wahrscheinlich einfacher. Wer sind denn die Freien Wähler?

Die Freien Wähler haben generell ein man könnte sagen ähnliches Programm wie die CSU. Sie sind super stark auf dem Land, die stellen auch sehr viele Bürgermeister in den Kommunen, die sind also der CSU definitiv nah. Eine Koalition macht da nur Sinn. Diese wurde sich auch schon von beiden Seiten herbeigewünscht. Bei den Freien Wählern sind auch viele ehemalige CSUler, die unabhängiger sein wollten. Die Freien Wähler haben einen extrem starken und prominenten Spitzenkandidaten, der gerade auf dem Land sehr stark ist, Hubert Aiwanger. Wo sich die Partei ein bisschen schwer tut, ist, wenn es darum geht, eine einheitliche Linie zu finden. Vor allem, wenn es darum geht, eine bayernweite Linie zu finden. Da spielt die Stärke auf dem Land, aber die vergleichsweise Schwäche in der Stadt den Freien Wählern nicht so sehr in die Karten. Es gibt dann immer verschiedene Meinungsströmungen in der Partei, das liegt an der sehr interessanten Struktur der Partei. Deshalb fällt es den Freien Wählern oft ein bisschen schwer, sich zu einigen. Aber ich glaube, dass sie für die CSU ein sehr wertvoller und definitiv wünschenswerter Koalitionspartner sind. Und sie haben ja selber immer gesagt: sie möchten regieren, die Koalition mit der CSU war immer das klare Ziel.

Die AfD am rechten Rand kommt auf 10,2% der Stimmen und schafft damit den Einzug in den Landtag - aber intern hat man sich da bei der AfD mehr erhofft, oder?

Also das krasse ist, dass viele ja jetzt echt froh sind, dass die AfD aus dem Stand nur 10,2% abgesahnt hat, das ist ja fast schon ein bisschen paradox. Aber tatsächlich sah es für die AfD nach mehr aus in den letzten Umfragen. Das Ergebnis ist jetzt noch keine herbe Enttäuschung für die AfD, aber es hat vielleicht ein leichtes Gschmäckle. Sie haben sich mehr erhofft. Ich glaube, das Hauptproblem der AfD in Bayern war, dass sie keinen starken Spitzenkandidaten oder Spitzenkandidatin hatten, da wollte die Partei sich nicht einigen, konnte sich nicht einigen und dadurch gab es eben nie diese eine Person, die die Wähler mitreißen kann. Nichtsdestotrotz muss man sagen, gerade in Niederbayern war die AfD wieder richtig stark und vor allem auch ganz ganz viele CSUler dazugewonnen. Und das sollte die CSU durchaus beunruhigen.

Wie haben denn die jungen WählerInnen bei der Wahl in Bayern gestern abgestimmt?

Das ist wirklich ein sehr interessantes Ergebnis. Die Jungwähler, also alle zwischen 18 und 29 Jahren, haben auch die CSU auf den ersten Platz gewählt, wenn auch mit ziemlichen Verlusten. Nur 2 Prozent-Punkte weniger als die CSU, auf Platz zwei, haben sie die Grünen gewählt. Am krassesten finde ich, dass die AfD in unserer Altersgruppe 18 bis 29 Jahre 11% abgestaubt hat - das zeigt, dass die AfD eben nicht nur eine Partei für alte weiße Männer ist, sondern auch gerade bei jungen Leuten überdurchschnittlich erfolgreich ist. Das fand ich wirklich erstaunlich. Auf der anderen Seite hätten es bei den Jungwählern auch die Linken in den Landtag geschafft. Also da wär echt einiges noch ein bisschen anders gewesen, die SPD wäre noch schwächer gewesen.

Die CSU hat verloren, auch die SPD hat sich quasi halbiert - die SPD war ohnehin nie die stärkste Partei in Bayern, aber mit 9,7% jetzt nur noch auf dem fünften Platz. Welche Auswirkungen hat nun diese Wahl in Bayern für die GroKo, die Große Koalition in Berlin?

Das ist jetzt natürlich sehr viel Druck, der auf der GroKo und auch auf Angela Merkel lastet. Das gilt auch für die SPD. Die bisher nicht wirklich gut funktionierende Große Koalition - da wird jetzt wahrscheinlich wieder eine heftige Diskussion innerhalb der SPD aufflammen und Kevin Kühnert, der Bundesvorsitzende der JuSos, wird wieder betonen, dass er es schon immer gesagt hat, wie kacke er die GroKo findet. Angela Merkel muss den Laden jetzt irgendwie zusammenhalten. Ich glaube, es wird sehr stark davon abhängen, wie es nach der Hessen-Wahl in zwei Wochen weitergeht, welche Ergebnisse da erzielt werden. Und damit auch, ob Innenminister Horst Seehofer noch haltbar ist und mit dem steht und fällt diese ganze GroKo. Entlässt Merkel Seehofer, dann macht sie ihre Große Koalition extrem instabil und an diesem Scheideweg sind wir gerade. Es ist wirklich ein Haufen Unruhe im Laden und die GroKo und auch Angela Merkel wanken beide ganz schön.

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