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26. oktober

Zum Soundpark-Geburtstag: Bands To Watch

Auch zum 17. Soundpark-Geburtstag gibt es aus der taufrischen österreichischen Bandszene viele Gratulanten und Gratulantinnen: Hier eine kleine Liste derer, die sich auf jeder herbstlichen Playlist hervorragend machen.

Von Lisa Schneider

In allen möglichen Social-Media-Kanälen poppen sie auf, vielleicht ist es aber auch der eine Freund mit der bestgepflegten aktuellen Playlist, der den Hint gibt. Neue Bands sprießen fast schon im Minutentakt aus dem Boden. Zur alljährlichen Feier des Soundpark-Geburtstags gibt es auch heuer wieder einen Vorschlag, wie man sich durchs Dickicht kämpfen kann, ohne an den wichtigsten Schätzen vorbeizuhören. Unsere Bands To Watch aus Österreich.

Miblu

Es gibt sie, diese Momente, wenn im Club dieser eine Song beginnt und klar ist: Das ist ein Hit. So geschehen beim ersten Liveauftritt der Wiener Musikerin Miblu, Anfang Oktober bei Gerards Futuresfuture-Labelparty. Genau auf dessen Label hat die Künstlerin nämlich gezeichnet, bevor im heurigen Frühjahr ihre erste Single „Shooting Stars“ erschienen ist. Besagte Hit-Single nennt sie wie ein erstes großes, schönes Statement „Still Me“. Elektropop in Spitzenklasse, der durch Feingefühl die Tanzbarkeit nicht in Beliebigkeit abdriften lässt. Das Einfache ist oft das Schwierigste. Nicht umsonst sind die richtig guten Popsongs musikalisch selten extravagante Querläufer. Dass nach dem musikalischen Oeuvre der 80er-Jahre mittlerweile auch 90ies-Pop sein Revival feiert, macht Miblu sich gelungen zu eigen: Das hat schon alles sehr viel mit Lorde-Brillianz zu tun.

Darf man den Gerüchten Glauben schenken, wird Miblu an ihre erste Live-Show bald weitere anhängen, auch eine EP soll heuer noch erscheinen.

On Bells

Jakob Kolb, der sein Soloprojekt „On Bells“ nennt, ist Musiker und bildender Künstler. Er hat in Wien an der Akademie für angewandte Kunst Bildhauerei und in Barcelona Malerei studiert. Das Hin und Her zwischen verschiedenen Kunstwelten und -stilen hat seiner ersten EP „Come On Over“ mehr als gut getan: Sie schwenkt von tropischen Beats und Field Recordings zu knallhartem Techno, trotzdem bleibt hauptsächlich die Gitarre das Lieblingsinstrument und mit ihr ein Hang zu ironisch verklärter 80er-Jahre-Nostalgie. Der rote Faden, der all die Ausreißer zusammenhält, ist Jakob Kolb selbst. Immerhin entspringt alles seinem Kopf, er schreibt und produziert im Alleingang.

Das Trendaufwärmen vergangener Jahrzehnte steht hier im Gegensatz zum Anspruch des Solokünstlers: Was ist eine Band, wenn einer allein live vier Instrumente gleichzeitig bedient? Ist das die musikalische Post-Postmoderne, in der alle Genres endlich verwachsen sind zur absoluten, goldenen Mitte? Vielleicht. Es ist eine EP wie der Wunsch nach allem auf einmal, ein rauschender Tag, eine langsam-romantische Nacht und der ungewisse Morgen. Der Spaß - und die Romanzen - zwischendurch nicht zu vergessen.

Mascha

Gut, „Wie 1 James Bond Song“ ist schon über ein Jahr alt. Und dabei war die ukrainisch-österreichische Musikerin Mascha damals schon sehr viel cooler als der Hype, keine Zahlen mehr auszuschreiben oder so zu tun, als wäre man der deutschen Rechtschreibung nicht mächtig. Und trotzdem noch einmal der Rückgriff darauf, weil Mascha eben da begonnen hat und jetzt so richtig, mit Unterstützung von Seayou Records, die Musikkarriere startet.

Mascha ist heuer am Waves Vienna Festival aufgetreten und hat ihren Auftritt - allein mit jeder Menge Elektronik verkabelt - mit den Worten: „Ich nenn’ mein Genre mal Post-Millenial“, eingeläutet. Songs, die Wohnzimmer-Charme versprühen, weil sie wohl genau dort entstanden sind und für die kluge Art Dancefloor geschrieben werden. Dazwischen auch gern mal ein Ausflug in den Ukrainian Electro Rave („Dali Dali“). Unabhängig davon, welchem Genre Mascha sich in einem Song widmet, grundlegend sind hinter allen elektronischen Spielereien die Betrachtungen einer jungen Frau zu aktuellen gesellschaftlichen, vor allem feministischen Fragen, nicht erst zuletzt in einem sehr schönen DIY-Video zum Fall Sigi Maurer umgesetzt. Die kleine, gute Trash-Brise macht das alles noch ein bisschen besser.

Pauls Jets

Als Newcomer-Star der Wiener Szene betitelt zu werden, bringt ja so einiges an Erwartung mit sich. Pauls Jets begegnen der Anforderung so, wie man es am besten tut, mit ihrem ersten Geniestreich „Üben üben üben“. Wir sind vielleicht noch nicht ganz da, wo wir hinwollen, aber wie schon immer, ist eh der Weg eher das Ziel. Den Siegeszug setzt das Trio nicht nur am Wiener Popfest, und da gleich auf der großen Seebühne, fort, sondern auch am vergangenen Waves Vienna Festival Ende September im Wiener WUK.

Es ist schon ein bisschen vom lederjackigen Wanda-Charme dabei, aber Pauls Jets schreiben keine so geradlinigen Liebeslieder. Das verrät vor allem die aktuelle Single „Diese Villa ist verlassen“: Ein Sehnsuchtssong über Einsamkeit und dem daraus Ausbrechen, aber nicht aus der Misere. Mit Nonchalance und der eben Nicht-Antwort auf große Fragen lösen Pauls Jets das Problem besagter Erwartungshaltung, indem sie zumindest so tun, als wär’s ihnen egal. Die manieriert deutsch gesungene Sinnsuche kann ewig weitergehen, Parameter verschieben sich, wie das eben ist, wenn man noch sehr jung ist. Träume teilt man mit niemandem sonst.

Dass man bei diesen Songs das Kribbeln im Bauch spürt, sich verstanden fühlt, liegt weniger an den telepathischen Fähigkeiten der Band als an ihrer Musikalität. Diese kann ja ohne Worte auskommen und mit Worten, wenn gut gewählt, kann sie den Faktor Einfühlsamkeit verdoppeln. Das Erbe von Ja, Panik will immerhin angetreten sein, das hat auch schon Katharina Seidler so formuliert. Nein, Panik würden Pauls Jets darauf antworten.

Culk

Einer der schönsten Momente ist der, wenn eine Band ihre allererste Single veröffentlicht. Wenn noch kein ganzes Album da ist, das natürlich auch Zeit und Aufmerksamkeit verlangt, durchgehört zu werden, und wenn das Einlassen auf die gut drei bis vier Minuten ganz konzentriert passieren kann. So wie bei „Begierde/Scham“ von Culk, ein verhuschter Noir-Song, der genauso aggressiv-angriffslustig wie elegant daherkommt.

Culk schreiben ihre Songs auf Englisch und auf Deutsch, das geplante, erste Album wird Kostproben beider Seiten bieten. Es ist eine schöne Wahl, die deutsche Single zuerst zu veröffentlichen. Nämlich deshalb, weil die Grundstimmung der von The Cure gar nicht so unähnlich ist und Culk damit gleichzeitig ihre eigene, muttersprachliche Version schreiben: Die Düstergitarre im aktuellen österreichischen Popzirkus am originären Platz. Die fragile Oberfläche ihres New Wave zerkratzen Culk mit existenziellen Fragen. Es ist keine Wohlfühlmusik, eher aufrauend, nicht glättend. Nebelschwaden, Fluchtgedanken, die dunklen Gelüste, manchmal muss man sich ihnen einfach hingeben.

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