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Vizepremierminister Bulgariens Valery Simeonov bei einer Veranstaltung

Dimitar Dilkoff / AFP

mit akzent

Viele bulgarische Politiker halten das Volk für eine Verbrecherbande

Die Wahlplakate in Bulgarien und in Österreich sind sehr unterschiedlich. In Österreich lächeln alle Kandidaten so, dass man ihre Zähne sieht. Manchmal kommt es mir vor, dass sie kein politisches Programm, sondern Zahnpasta bewerben.

Von Todor Ovtcharov

Auf bulgarischen Wahlplakaten schauen alle böse und keiner zeigt seine Zähne. Vielleicht wollen sie uns zeigen, dass man, wenn man ein Politiker werden will, unbedingt ernst sein muss und man muss die Zähne zusammenbeißen für das Wohl des Volkes. Deshalb schauen alle bulgarischen Politiker auf Wahlplakaten wie Gefängniswächter aus. Ihr Benehmen ist nicht viel anders: Viele halten das Wahlvolk für eine Verbrecherbande. Und sie sind verpflichtet, das Volk genau mit dem Gefängnis-Minimum zu versorgen - einem Dach über dem Kopf und drei mal Essen am Tag. Als Gegenleistung für diese Privilegien soll das Volk seine Wächter nicht weiter stören.

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Einer der Hauptgefängniswächter ist einer der bulgarischen Vizepremierminister. Er ist für die Sozialpolitik, das Gesundheitswesen und die demographische Entwicklung zuständig. Es ist ein Paradoxon, dass ein Mensch, der offen faschistoide Ideen verehrt und die bulgarischen Roma „menschenähnliche Kreaturen“ nennt, für die demographische Entwicklung zuständig ist. Es ist so, als würde man einen Pyromanen zum Leiter der Feuerwehr erklären. Doch dieser Vizepremierminister wird immer dreister. Seine patriotische Partei stützt die Regierungskoalition und das macht ihn unantastbar. Der Premierminister muss sich ständig für das Benehemen seines Vize entschuldigen.

Der krasseste Satz dieses bulgarischen Regierungsmitglieds kam vor Kurzem, gerichtet an die Müttern von Kindern mit Behinderungen, die seit Monaten vor dem Parlament für ein besseres Sozialsystem protestieren. Sie geben nicht nach und stehen dort bei Hitze, Regen und Wind. Diser bulgarische Politiker nannte sie „schreiende Weiber, die ihre scheinkranken Kinder mitschleppen“.

Sein Rücktritt wurde verlangt. Der Premierminister musste sich wieder für seinen Vize entschuldigen. Dieser hingegen sagte, dass er weder zurücktreten, noch sich entschuldigen werde. Er meinte, dass viele Vereine bereit wären, zu seiner Verteidigung zu protestieren. Welche Vereine mögen das sein? Der Verein der Auftragskiller? Wer musst du wohl sein, um gegen die Mütter der Kinder mit Behinderung zu sein?

Ich glaube, dass die Menschen in meinem Geburtsland ihm endlich die Tür zeigen werden. Und danach können alle wieder lachen.

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