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Wes Anderson & Juman Malouf

KHM-Museumsverband | Rafaela Proell

Wes Anderson, Juman Malouf und die Mumie der Spitzmaus

Der US-Filmemacher und die Illustratorin und Autorin eröffnen die Ausstellung „Spitzmaus Mummy in a Coffin and other Treasures“ im Wiener Kunsthistorischen Museum - eine wahrlich wundersame Schau.

Von Alexandra Augustin

Wir sind im Stress! #SpotBillMurray! Und hat schon jemand Tilda Swinton gesichtet? Wes Anderson und seine Partnerin Juman Malouf sind auch im Lande? Da ist was los in Wien. Heute Abend wird im Kunsthistorischen Museum in Wien die Schau „Spitzmaus Mummy in a Coffin and other Treasures“ eröffnet. Die große Ausstellung, auf die wir seit Monaten warten.

In der Lobby vom Hotel Imperial haben sie spontan ein Lied gemeinsam gezwitschert. Die Laune ist gut. Zurecht!

Was hat es mit der Schau auf sich? Montagvormittag fand die Pressekonferenz statt – leider ohne Wes Anderson und Juman Malouf. Dafür gab es einen ersten Blick in die Ausstellung: Ein kleiner 2500 Jahre alter Mäusesarg hinter Glas im Zentrum, in Alkohol eingelegte, wunderschöne Laubfrösche, präparierte Vögel, Zeichnungen grotesker Menschenköpfe aus dem 17. Jahrhundert, Miniaturmodelle von japanischen Musikinstrumenten. Eine wundersame Wunderkammer, in der man sich verlieren darf. Aus über vier Millionen Objekten des Hauses haben sie ihre 423 Lieblingsstücke ausgesucht und so platziert, wie es für die beiden KünstlerInnen Sinn macht. Auch so kann Kunst sein. Ohne Labels, ohne schwere Theorie. Ein Bereich ist einfach nach der Farbe Grün arrangiert, mit Objekten aus allen Epochen.

Die ägyptischen, griechischen und römischen Stücke der Antikensammlung, Gemälde alter Meister, die Kunstkammer – angeblich ihr Lieblingsort auf der ganzen Welt. Was für ein Kompliment an Wien. Wenn jemand diesen Raum betritt, aber nicht wüsste, wer hier am Werk war, woran würde man das erkennen?

Co-Kurator der Ausstellung, Jasper Sharp, hatte viel Freude daran, sich mit den beiden GastkuratorInnen in tagelangen Sessions durch die unterirdischen Lager des Museums zu graben, wie Maulwürfe:

„If you’ve seen a few of his films, there’d be certain aspects: the color palette, the protagonists, whether they’re young children or they’re animals, the symmetry, which is something that occurs a lot in his films. There is so much going on in his films, so much attention to detail. And it feels very much like that in this exhibition.“

Nicht nur Wes-Anderson-Fans wissen, woran man einen Wes-Anderson-Film erkennt: Seine Sets wirken wie gemalt. Es sind kleine Mikrowelten, die sich durch ein meisterhaftes Produktionsdesign auszeichnen. Weitwinkeleinstellungen, Symmetrie, lebensgroße Puppenhäuser, von echten Menschen bewohnt. Objekte, Materialien und Kleider machen die einzigartigen Persönlichkeiten aus, man denke etwa an die roten Adidas Overalls von Chas Tenenbaum. Pelzmäntel. Zigaretten. Eine Fingerprothese aus Walnussholz bei Margot Tenenbaum. Wes Anderson lädt uns mit seinen Filmen dazu ein, unsere graue Realität zu verlassen und seine kleinteilige Welt abzutauchen, die er ebenso wie ein Kurator sorgsam gestaltet.

Der ägyptische Mäusesarg aus dem 4. Jahrhundert vor Christus, in dem angeblich eine kleine Spitzmaus liegt, steht als Herzstück in der Ausstellung stellvertretend für die Arbeitsweise von Wes Anderson und Juman Malouf: Normalerweise findet mn es eingepfercht zwischen vierzig anderen mumifizierten Exponaten im Haus. Schlangen, Krokodilen und Katzen, da übersieht man dieses kleine Objekt leicht. Das Licht auf Dinge werfen, die sonst ein Schattendasein fristen: Diese Absicht ist den beiden GastkuratorInnen gelungen.

Sarg einer Spitzmaus, um 4. Jh. v. Chr.

KHM-Museumsverband

Sarg einer Spitzmaus, um 4. Jh. v. Chr.

Der kulturelle Mehrwert, wenn zwei wie Wes Anderson und Juman Malouf eine Ausstellung in Wien bestreiten, ist natürlich unerschöpflich. Große Namen locken viele Menschen an. Dass Celebrities als GastkuratorInnen agieren ist zwar nicht neu, bis dato allerdings eher ein US- und UK- Phänomen gewesen.

MusikerInnen kuratieren Musikfestivals, Filmstars das Programm von Filmabenden, Hip-Hop-Stars entwerfen mittlerweile große Ausstellungen: Pharrell Williams hatte im Canadian National Design Museum für eine Ausstellung mit dem Titel „This Is Not A Toy“ die Ehre, gemeinsam mit dem japanischen Künstler Takashi Murakami. Der Rapper Drake hat 2015 eine Schau für Afro-Amerikanische Kunst bei Sotheby’s in New York kuratiert. Auch Katy Perry kuratiert. GastkuratorIn ist mittlerweile ein beliebter Nebenerwerb. Fachfremde Menschen bringen natürlich einen viel natürlicheren, spielerischen Zugang mit, jenseits von Geschmackspolizei und schwerer Theorie.

In der Ausstellung im Kunsthistorischen Museum findet man neben den Bildern keine Erklärtexte, für den Katalog und die Vitrinen hat Juman Malouf wunderbare Zeichnungen eines jeden Kunstwerkes angefertigt. Wes Anderson hat den Katalogtext geschrieben. Falls ihr euch die Ausstellung anschaut setzt euch Kopfhörer auf: Der sonst vielleicht in Museen oft so monotone Audioguide wird hier von Jason Schwartzman gesprochen. Wow!

Wes Anderson und Jumam Malouf kommen übrigens seit zehn Jahren regelmäßig nach Wien und besuchen immer wieder das Museum. Das machen sie, wenn sie dem Hollywoodrummel entfliehen wollen. Derart versteckt werden sie die kommenden Tage hier wohl nicht verbringen.

„Spitzmaus Mummy in a Coffin and other Treasures“ ist bis 28. April 2019 im Kunsthistorischen Museum in Wien zu sehen.

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