Vorschläge zur rücksichtsvollen Bebilderung von Spinnen-Texten

Muss man Artikel wie „Invasion der Horror-Tarantel - Burgenland im Giftspinnen-Fieber“ denn unbedingt mit einem Foto der giftigen Horror-Tarantel illustrieren?

von Marc Carnal

Ich habe Angst vor Spinnen. Das habe ich an dieser Stelle vor über zehn Jahren schon einmal erwähnt, woraufhin mich folgende Mail erreichte:

Hallo,
Du wirst Dich vielleicht wundern, warum ich Dich kontaktiere - Du hast auf der FM4-Site zum Thema Angst vor Spinnen gepostet.
Ich bin Redakteurin bei der Barbara-Karlich-Show und suche für meine nächste Sendung Leute, die Angst vor Spinnen, Schlangen usw. haben und diese Ängste im Studio bewältigen wollen - das ist kein Scherz.
Wenn Du Interesse hast, lass es mich wissen!

Was für eine grässliche Vorstellung! In der Barbara Karlich Show als Spinnen-Phobiker zwischen einem Schlangen-Phobiker und einer Ratten-Phobikerin sitzen und sich von einem Brachial-Psychologen eine Tarantel auf die Schulter setzen lassen.

Ich habe die Express-Therapie im Nachmittagsfernsehen natürlich nicht in Anspruch genommen und leide auch heute noch unter Begegnungen mit diesen achtbeinigen Horror-Geschöpfen. Doch nicht nur auf Wänden hockend, von Laternen in die Tiefe gleitend oder über Böden huschend jagen sie mir einen Schrecken ein. Selbst Fotos von Spinnen - ob dürre in kunstvollen Netzen, giftgrün-tropische oder fettleibig-pelzige in Erdlöchern - können uns Arachnophobikern die Nackenhaare einfrieren.

Darauf nehmen Online-Medien aber keine Rücksicht und bebildern regelmäßig Spinnen-Artikel mit möglichst bedrohlichen Fotos. Auf Startseiten prangen neben Headlines wie “Tödliche Wolfsspinne erobert Kärnten” oder “Taranteln dank Klimawandel in Tiroler Schlafzimmern” riesige Detailaufnahmen der Eindringlinge.

Nun kann man bei der Illustration von News-Seiten natürlich nicht auf jede Phobie Rücksicht nehmen. Berichte über eine Demonstration am Stephansplatz aus Rücksicht auf Agoraphobiker unbebildert zu lassen, wäre übertrieben. Und auch Skispringer kann man beim Ausüben ihres Berufs zeigen, ohne Leser mit Höhenangst zu vergraulen.
Aber furchteinflößendes Getier? Ich bitte um etwas mehr Rücksicht!

Damit sich all die fantasielosen Fotoredakteure und Copywriter da draußen nicht allzu lang ihre leeren Köpfe zerbrechen müssen, diene ich hiermit gerne mit einigen eleganten Bebilderungs-Vorschlägen für Spinnen-Artikel, übrigens allesamt lizenzfrei:

Homonym

Das Bild einer Wäschespinne ist auch den größten Snowflakes unter den Lesern zuzumuten und schont die Nerven von Arachnophobiker mit familientauglichem Augenzwinkern.

Zimmerecke ohne Spinne

Wer denkt beim Foto einer Zimmerecke nicht sofort an Spinnen? Man sollte jedoch eine elegant kolorierte Ecke mit edlem Stuck wählen, denn eine nikotingelblich-weiße ist kein allzu ideales Aufmacherbild für eine Schock-Story über Spinnen.

Abstraktion

Als alter DIY-Aficionado habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, mit einfachsten Hausmitteln die typische Form einer Spinne anzudeuten, ohne allzu naturalistisch zu werden.

Unkenntlichmachung

Ein schwarzer Balken lässt einerseits Arachnophobiker ruhig atmen und schützt nebenbei auch die Persönlichkeitsrechte der Spinne.

Detailaufnahme

An dieser Stelle wollte ich eine Makro-Aufnahme eines Teils eines Spinnenbeins einfügen. Weil eine solche im Netz (no pun intended) aber nicht zu finden ist, hätte ich ein 20MB-Foto einer Spinne öffnen und bearbeiten müssen. Ich finde, das ist zu viel verlangt und schießt am Ziel dieses Beitrags meterweit vorbei.

Der natürliche Lebensraum

Das Bild eines Staubsaugers löst in Spinne-Feinden ein Gefühl der Erleichterung aus. Zufrieden werden sämtliche Zielgruppen auf das Foto klicken, um den vollständigen Artikel über schwarze Witwen zu lesen.

Distanz

Wer unbedingt eine Spinne in freier Wildbahn zeigen möchte, kann das ja machen. Aber nur, solange das Foto mit möglichst großem Abstand geschossen wurde!