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Screenshot aus Fallout 76

Bethesda

Enttäuschende Postapokalypse

Vor Kurzem ist mit Fallout 76 Bethesdas neuester Streich erschienen. Das Prequel der legendären Fallout-Serie spielt im postapokalyptischen West-Virginia des Jahres 2102. Kritiker und Fans der Serie sind enttäuscht.

Von Daniel Grabner

Es gibt nur wenige Computerrollenspiele, die an Titel der Fallout Reihe heranreichen, denn Fallout zu spielen heißt, eine einzigartige Spielerfahrung zu machen: Durch die unglaublich packende und detaillierte Atmosphäre der postapokalyptischen Welt, die markante Googie-Ästhetik aus dem amerikanischen Spaceage der 50er und 60er Jahre, die packenden Geschichten, deren Teil man Titel für Titel wird, die popkulturellen Referenzen von Star Trek über Monty Python bis hin zu The Walking Dead oder Toy Story, der schräge und oft schwarze Humor in den Dialogen, die Freiheit in einer riesigen Welt umherzustreifen, sie zu entdecken und zu beeinflussen...

Die fast schon legendäre Fallout–Reihe gibt es schon seit gut 20 Jahren und war seit jeher ein Garant für hervorragende Rollenspielerlebnisse. Während die Spiele der Serie lange Zeit eher von Insidern gekannt und geschätzt wurden, schaffte es der Publisher Bethesda ab 2008 die Serie Titel für Titel bekannter zu machen, zuletzt mit Fallout 4 im Jahr 2015. Vor 10 Tagen ist nun mit Fallout 76 ein neuer Titel erschienen, der mit großen Veränderungen aufwartet. Die RPG-Elemente wurden stark reduziert, stattdessen liegt der Fokus auf Multiplayer, Survival und Sandbox. Seit dem Release hagelt es Großteils vernichtende User-Kritiken auf sämtlichen Plattformen.

Das Setting

Wir befinden uns im West-Virginia des Jahres 2102. Die Welt wurde von einem Atomkrieg zerstört, als Spieler hat man 25 Jahre lang in einem Bunker überlebt, am sogenannten Reclamation Day wagt man sich nun hinaus in die feindliche, postapokalyptische Welt, um sie wieder aufzubauen.

Zuerst mal das Positive

Die Spielwelt ist riesig, nämlich viermal größer als die des Vorgängerteils und sie ist unglaublich abwechslungsreich: Gebirge, Wüsten, Wälder, alles dabei. In ihnen trifft man unter anderem auf Monster, die aus der Folklore West Virginias entlehnt sind, wie das kopflose „Beast of Grafton“ oder das „Flatwood Monster“. Bethesda hat unglaublich viel Mühe in „Environmental Storytelling“ gesteckt, d.h. durch Dinge in der Umgebung werden kurze Geschichten erzählt: ein Revolver in der Hand eines Skeletts mit einem Abschiedsbrief daneben zum Beispiel. Interessant, aber mitunter etwas monoton, ist auch der Fokus auf Survival: Um in der Postapokalypse zu überleben, muss man sich kontinuierlich um sauberes Wasser und Nahrung kümmern, die man auch selbst herstellen muss.

Die Idee war gut

Für dieses Spiel hatte Bethesda eine an sich gute Idee: Warum nicht andere Spieler in die Welt hineinholen und aus dem Singleplayermodus der vorherigen Teile eine kollektive Erfahrung machen? Ein Online-Multiplayer also, in dem man in kleinen Teams durch die Postapokalypse streifen kann, Quests gemeinsam erledigt, Behausungen baut und handelt, und natürlich auch gegeneinander kämpfen kann.

Zu dieser guten Idee kommen leider ein paar miese Entscheidungen dazu. In Fallout 76 gibt es keine NPCs mehr, also keine fiktiven Charaktere, mit denen man als Spieler in Dialog treten könnte, die Dialogfunktion, eines der wichtigsten Elemente in Rollenspielen und immer schon absolute Stärke der Fallout-Reihe, wurde komplett abgeschafft. Man streift als Spieler durch eine leblose Welt. Storytechnisch macht das auch Sinn, denn die Menschen sind nach dem Nuklearkrieg alle tot. Es macht allerdings als Spieler nicht sonderlich viel Spaß, sich von den im Übermaß im Spiel verstreuten Büchern, Notizen oder „Holobändern“ (Audioaufzeichnungen) der Verstorbenen Geschichten erzählen zu lassen. Auch die Hauptstory wirkt dadurch wie eine lieblose Aneinanderreihung von Miniquests der Sorte: geh dort hin, hol dieses Ding, dann geh dorthin und töte das, dann geh wieder dahin und drücke diesen Knopf.

Screenshots aus Fallout 76

Bethesda

Tell your own story

Aber ja, „Tell your own story“ war die Prämisse von Spieleentwickler Bethesda. Immerhin ist es ja ein Multiplayer. Das funktioniert aber nicht so recht. In ca. 24h Spielzeit waren nicht mehr als 7 bis 10 andere Spieler am Server. Bei einer Spielwelt dieser Größe ist die Chance eher gering, dass man sich zufällig über den Weg läuft. Trifft man doch auf einen anderen Spieler, ist die Kommunikation nur über einen (always-on) Voice-Chat möglich. Dass sich Fremde über Voice-Chats zu Teams organisieren, passiert selten. Man ist also letztendlich doch wieder allein unterwegs.

Bugs und Glitches

Hat man dann ein paar Freunde überredet, sich das Spiel zuzulegen und gemeinsam zu spielen, hat man noch mit einer Vielzahl anderer Probleme zu kämpfen. Bugs, die dazu führen, dass sich Quests nicht abschließen lassen, instabile Server, Grafikfehler und eine komplizierte, unintuitive Steuerung. Generell wirkt die Grafik in Fallout 76 über weite Strecken wie im Vorgänger, obwohl Bethesda beteuert, sie weiterentwickelt zu haben. Bethesda hat für die kommenden Monate zahlreiche Patches angekündigt.

Als Fallout Fan der ersten Stunde blutet einem das Herz. Als Fallout Neuling trifft man auf ein fehlerhaftes und unfertig wirkendes, lebloses Suvival-Sandbox Game. Meine Empfehlung: lieber doch einen der Vorgänger aus der Reihe spielen, da war die postapokalyptische Welt noch in Ordnung.

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