FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Blaue Tablette

Aidshilfe

PrEP - was bringt die „Pille davor“ gegen HIV?

Seit Jänner 2018 ist die PrEP in Östereich um 59 Euro pro Monat erhältlich. Für wen ist sie sinnvoll und welche Nebenwirkungen können auftreten?

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Seit 1988 wird jährlich am 1. Dezember der Welt-AIDS-Tag begangen - organisiert von UNAIDS, dem Programm der Vereinten Nationen für HIV bzw. AIDS. Ein Thema, über das noch nicht so lange gesprochen wird, ist die Prä-Expositions-Prophylaxe, kurz „PrEP“. Es handelt sich dabei um eine Pille, die bei täglicher Einnahme das Risiko einer HIV-Infektion stark vermindert – nämlich um 90 bis 95 Prozent.

Die PrEP ist ein verschreibungspflichtiges Medikament. Wer es einnehmen will, muss sich also ein Rezept holen. In Österreich gibt es nur wenige Ärzte, die es ausstellen. Einer davon ist Dr. Horst Schalk in Wien Alsergrund. Obwohl es eigentlich für alle Ärzte leicht wäre, die Prep zu verschreiben, sagt Schalk, finde er selbst in den Landeshauptstädten nur wenige Kolleginnen und Kollegen, die das tun. „Wir sind gerade auf der Suche. Wir veranstalten öfters einen Experten-Runden-Tisch und wollen mehr Anlaufzentren, mehr Ordinationen. Es fahren immer wieder Menschen aus Oberösterreich, aus Kärnten oder aus der Steiermark zu uns nach Wien und lassen sich das verschreiben, was natürlich sehr umständlich ist für so ein banales Rezept.“

Horst Schalk und Karl Heinz Pichler betreiben gemeinsam die Gruppenpraxis schalk:pichler. Einer ihrer Schwerpunkte ist die Betreuung HIV-positiver Patienten.

schalk:pichler

Horst Schalk und Karl Heinz Pichler bereiben gemeinsam die Praxis schalk:pichler. Einer ihrer Schwerpunkte ist die Betreuung HIV-positiver Patienten.

Abgeklärt werden muss vor der Ausstellung eines Rezepts allerdings immer der HIV-Status der betreffenden Person. Denn wenn jemand bereits infiziert ist, so Schalk, wäre die Verschreibung nicht sinnvoll. Erfolgt der PrEP-Start während der HIV-Akutinfektion, steigt sogar die Wahrscheinlichkeit einer Resistenzbildung - das wäre also gefährlich. Außerdem klärt Schalk vor der Ausstellung des Rezepts auch ab, was die Person mit der Einnahme des Medikaments bezweckt, welches Risiko sie hat und ob es überhaupt indiziert ist, dass sie die PrEP einnimmt. Sinnvoll ist die PrEP für Menschen, die einem erhöhten HIV-Infektionsrisiko ausgesetzt sind, also z.B. jene, die in Hochrisikoländer fahren und die viele unbekannte wechselnde Sexualpartner haben. Dazu gehören auch Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter.

Nicht unbedingt indiziert ist die PrEP für Horst Schalk bei Personen, deren Partnerin oder Partner HIV-positiv ist: „Wir haben manchmal Paare, wo einer positiv und einer negativ ist, und der positive ist optimal behandelt mit einer HIV-Therapie. Dann ist es nicht notwendig, dass der HIV-negative eine Prep einnimmt. Denn der HIV-positive, der optimal behandelt wird, ist nicht mehr infektiös.“

Mit einer HIV-Therapie auf dem aktuellsten Stand kann die Konzerntration des Virus im Blut unter die Nachweisgrenze gesenkt werden. Aus dieser Therapie heraus ist dann auch das PrEP-Medikament entstanden - und das ist der Grund, warum über mögliche Nebenwirkungen und Risiken der PrEP sehr viel bekannt ist: „Als Langzeitnebenwirkung, die vielleicht nach einigen Wochen oder Monaten auftritt, könnte ein Nierenwert etwas in die Höhe gehen. Das ist aber kein Nierenschaden, sondern eine gewisse Form einer Ausscheidungsreduktion. Bei manchen Patienten können am Anfang Schlafstörungen oder weicher Stuhl auftreten. Aber es ist nicht so, dass man jetzt plötzlich einen schweren Leberschaden oder ähnliches bekommt. Das heißt: Die PrEP ist praktisch risikolos bis extrem risikoarm.“

In Österreich wie auch in ganz Europa war die PrEP nach ihrer Einführung sehr teuer und wurde nicht von den Sozialversicherungen bezahlt. Diese Situation, sagt Horst Schalk, habe sich aber verbessert: „Mittlerweile gibt es Generika. Das Originalpräperat kostet rund 1000 Euro pro Monat, und die Generika kosten für einen Monat ungefähr 60 Euro.“

Entscheidet man sich für die Einnahme der PrEP, dann sei vor allem die richtige Anwendung wichtig. Die Pille nur unregelmäßig oder kurz vor dem Sex zu nehmen, bringt nämlich nichts. „Wir empfehlen unseren Patienten zum Beispiel: Nimm sie einfach nach dem Aufstehen. Das kann um 6 Uhr Früh sein, wenn er oder sie arbeiten geht, und am Wochenende auch erst um 10 oder 11 – das macht überhaupt nichts.“

In Städten oder Ländern, in denen die PrEP schon länger als in Österreich verschrieben wird, z.B. in Norwegen oder in San Francisco, ging die Zahl der Neuinfektionen um rund die Hälfte zurück.

Weltweit infizieren sich derzeit aber 5000 Menschen pro Tag mit HIV. Das sind 1,8 Millionen pro Jahr. Die Pandemie ist also alles andere als gestoppt. Eine HIV-Infektion ist zwar behandelbar, aber nicht heilbar - und die PrEP kann die Zahl an Infektionen drastisch reduzieren.

Aktuell: