Kennst du deinen Status?

In Österreich wird die Hälfte aller HIV-Diagnosen spät gestellt, wenn bereits eine deutliche Schwächung des Immunsystems stattgefunden hat. Der HIV-Selbsttest für zu Hause, kämpft seit Juni dagegen an. Eine erste Zwischenbilanz.

Von Gersin Livia Paya

„Das Thema HIV und Aids ist aktuell im Wandel“, so Wolfgang Wilhelm, der Obmann der Aids Hilfe Wien. Einer der Kernpunkte des Wandels ist der HIV-Selbsttest.

„Ab sofort kann man HIV-Selbsttests rezeptfrei in der Apotheke kaufen“, hieß es dieses Jahr. Seit Anfang Juni dürfen in Österreich CE-zertifizierte HIV-Tests zur Eigenanwendung von öffentlichen Apotheken verkauft werden.

Der Test bietet die Möglichkeit, den eigenen HIV-Status unkompliziert und schnell zu Hause zu bestimmen. Die beiden EU-zertifizierten Tests kommen aus Kanada und Frankreich, Länder in denen es - wie auch beispielsweise in Italien und Belgien, HIV-Selbsttest schon länger zu kaufen gibt. Der Test aus der Apotheke kostet etwa 30€, eine Bestellung über die Hersteller-Website ist ebenso möglich.

Die Vorteile eines HIV-Tests, der selbst durchgeführt werden kann, liegen auf der Hand. Die Stigmatisierung und mögliche Diskriminierung hält viele Menschen davon ab, sich testen zu lassen. Oft ist es auch die Anreise oder der Aufwand der die Hemmschwelle vergrößert. Tausende Menschen in Österreich wissen nichts von ihrer Infektion. Laut Aids Hilfe Wien passiert eine positive Diagnose in Österreich im Durchschnitt erst nach 3.8 Jahren. Eine sehr lange Zeit der Unwissenheit.

Wolfgang Wilhelm spricht hierbei von sogenannten „Late Presenter“ - Menschen, die ihren Status nicht kennen und damit eine frühzeitigere und bessere Behandlung versäumen. Und das Virus unwissentlich weitergeben können.

Wenn man möchte, kann man sich auch persönliche Beratung einer Apothekerin oder eines Apothekers holen. Die Aidshilfen schulen Apotheken für diese Beratung - außerdem hilft ein verständlicher Beipackzettel - in mehreren Sprachen und mit Schritt-für-Schritt Bildern. Ebenfalls in der Packung enthalten: Die Nummer der HIV-Selbsttest-Hotline der Aidshilfe.

Die Tests ähnelt einer Mischung aus der Diabetiker-Spritze und einem Schwangerschaftstest. Durch einen Stich in die Fingerkuppe wird ein kleiner Bluttropfen entnommen und binnen weniger Minuten angezeigt ob man HIV-infiziert ist oder nicht.

Die eigene Erfahrung im HIV-Selbsttest zeigt: Kein Schmerz - nur ein kleines Pieksen, so wenig Blut dass nicht mal ein Pflaster benötigt wird. Der Test ist einfach zu verstehen, nach ungefähr 15 Minuten wird ein Ergebnis angezeigt.

Das große Aber

Aber der Selbsttest funktioniert erst 12 Wochen nach dem Risikokontakt. So lange dauert es mitunter, bis sich Antikörper gebildet haben, die der Selbsttest dann nachweist. Es handelt sich nämlich um einen Antikörpersuchtest, bei dem nicht das HI-Virus direkt nachgewiesen wird, sondern die Reaktion des menschlichen Abwehrsystems auf die Virusinfektion.

Eine Infektionsgefahr vom „letzten Wochenende“ beispielsweise kann mit dem Selbsttest nicht nachgewiesen werden. Das diagnostische Zeitfenster ist also unbedingt einzuhalten.

Fällt dann das Ergebnis negativ (also nicht HIV-positiv) aus, kann man beruhigt sein, zu 99.9% stimmt das negative Ergebnis, so die Wiener Apothekerin Christa Wenkoff.

Ein positiver HIV-Selbsttest bedeutet noch keine HIV-Diagnose

Ist das Ergebnis positiv, gibt es noch keinen Grund zur Panik. Der Test ist nur bei einem negativen Ergebnis zuverlässig. Die Selbsttests sind so empfindlich, dass sie manchmal überreagieren. Sie zeigen dann ein positives Ergebnis an, obwohl keine Infektion vorliegt. Erst eine Laboruntersuchung kann ein positives Ergebnis verifizieren.

Das Manko am Selbsttest ist dann wohl der Moment, in dem man mit einem positiven Ergebnis als Betroffene zunächst allein ist. Die ausführliche Beratung, die Broschüren aber auch die im Beipackzettel angeführte HIV-Selbsttest-Hotline (Tel. 0800/252289) soll in diesen Momenten helfen. Wird HIV rechtzeitig erkannt und behandelt, so entspricht die Lebenserwartung eines mit HIV-infizierten Menschen nahezu der eines gesunden Menschen.

Lieber ein Test zu viel, als einer zu wenig"
(Wolfgang Wilhelm, Obmann der Aids Hilfe Wien)

Der HIV-Selbsttest ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Aids und HIV in Österreich. Auf Evaluierungen seitens des Bundesministerium oder der Apothekenkammer muss noch gewartet werden. Dass 90% aller infizierten Menschen ihren Status kennen, ist auch eines der Ziele der globalen Initiativen. Der HIV-Selbsttest ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, die Verbreitung weiter einzudämmen und mehr Menschen über ihren Status aufzuklären.