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Elisabeth Köstinger

Jenny Blochberger, FM4

Interview

Elisabeth Köstinger im Interview

Im Zuge des FM4-Klimaschutzschwerpunkts „Klima.Macht.Politik“ war Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) FM4 Connected zu Gast und hat Fragen von uns und unseren HörerInnen beantwortet.

Tut Österreich genug für den Klimaschutz? Wie will die Regierung ihre Klimastrategie umsetzen? Welchen Stellenwert hat das Thema in der Koalition?

Interview mit Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP)

Hier die wichtigsten Auszüge aus unserem FM4-Interview mit Elisabeth Köstinger, Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus.

Sie fahren demnächst nach Katowice, um dort mitzuhelfen, die Welt zu retten. Wie wollen Sie eigentlich die Regierungsmitglieder anderer Länder vom Kampf gegen den Klimawandel überzeugen, wenn sogar Ihr eigener FPÖ-Vizekanzler vom Menschen gemachten Klimawandel nicht überzeugt ist?

Also zum einen kommt mir ja eine spezielle Rolle zu, weil wir ja im Zuge der Ratspräsidentschaft auch die Verhandlungen für die Europäische Union führen in Katowice, nicht nur für Österreich. Wir haben dort das Mandat aller EU-Staaten zu vertreten. Das ist eine sehr große Aufgabe.

Wir haben in den letzten Wochen viel Zeit investiert, auch eine gemeinsame europäische Position zustande zu bringen. Sie wissen, auch in Europa gehen die Meinungen ziemlich stark auseinander. Deutschland hat ja wieder stark auf den Braunkohleabbau gesetzt, um den Atomkraftausstieg zu kompensieren. Polen als Gastgeberland setzt massiv auf Kohlestrom. Da haben wir Länder, die mit ungleichen Geschwindigkeiten vorangehen.

Aber wenn da sogar in Ihrer eigenen Regierung Skepsis am Klimawandel herrscht, macht das nicht Ihren Kampf um einiges schwieriger?

Naja, der Vizekanzler benennt den Einfluss [des Menschen auf den Klimawandel]. Der steht außer Frage. Was vor allem auch messbar ist, wenn wir schon davon reden, ist die Reduktion [von CO2]. Da können wir sehrwohl in allen Bereichen Dinge tun und Rahmenbedingungen ändern, dass die CO2-Belastung sinkt. Verkehr als Punkt Nummer eins und vor allem auch der ganze Bereich der Gebäude.

Für mich ist Klimaschutz die größte und wichtigste Aufgabe in meinem Ressort.

Die Klimastrategie war mir persönlich ein großes Anliegen, die wurde im ersten Halbjahr 2018 erstellt. Jetzt geht es darum die Maßnahmen sukzessive abzuarbeiten und umzusetzen, um eine spür- und messbare CO2-Reduktion zustande zu bringen.

Wie ist denn das Koalitionsklima in Klimafragen, wenn es da so unterschiedliche Positionen zwischen FPÖ und Ihnen gibt?

Die FPÖ hat überall zugestimmt, den Plan zu erstellen. Ich hab die Klimastrategie gemeinsam mit Verkehrsminister Hofer ausgearbeitet. Er muss als Verkehrsminister auch die Einsparungen bringen. Das sind 7,2 Millionen Tonnen CO2 …

Er hat aber jetzt Tempo 140 zum Testen angeordnet.

Zum Testen. Es muss in Echtzeit gemessen werden, was die Emissionen betrifft. Er hat ja auch selbst bereits gesagt, dass es ein Testbetrieb ist. Wir werden das ganz genau evaluieren, was das für Auswirkungen hat. Aber, und das ist das entscheidende: Der Verkehrsminister muss natürlich die Einsparungen bringen. An dem wird das dann auch zu messen sein.

Bei Elektroautos stellt sich ja schön langsam auch heraus, dass die kein Allheilmittel sind, nachdem die Produktion der Akkus sehr energieintensiv ist, und die Förderung des für die Batterien erforderlichen Lithium auch sehr problematisch ist.

Das stimmt. Beim Lithium müssen wir uns darauf konzentrieren, dass sich die Abbaubedingungen in den entsprechenden Ländern auch verbessern. Und vor allem muss das Recycling und die Wiederverwertung der Batterien lückenlos sichergestellt werden. Und das zweite Thema bei Antrieben ist das Gas. Da sieht man, dass sich sehr viel tut.

Aber auf welches Gas setzt man da, ist das dann fossiles Erdgas?

Auf grünes Gas. Wenn man, wie in der Klima- und Energiestrategie vorgesehen, die Transformation hin zu erneuerbarem Gas schafft, dann wird es in Österreich Standard sein, Biogas aus natürlichen Verarbeitungsprozessen zu produzieren. Unser Ziel ist es also, hier das fossile Gas massiv zurückzudrängen.

Elisabeth Köstinger im Studio

FM4/Lukas Lottersberger

Fünf Millionen Autos sind in Österreich insgesamt registriert, davon die meisten Diesel. Was die Antriebe betrifft, ist hier Erdgas mit 6.000 Autos vernachlässigbar, und auch bei den Elektroautos hinken wir extrem hinterher. Nur 20.000 Autos, das sind 0,4 Prozent der registrierten Fahrzeuge, sind E-Autos. Auf was für einen Wert soll diese Zahl in den nächsten Jahren realistisch steigen?

Wenn der Strom aus erneuerbarer Energie kommt, ist die E-Mobilität eine echte Alternative. Norwegen gilt da als eines der Musterländer für saubere Mobilität, da liegt die Neuzulassungsquote bei rund 40 Prozent zurzeit, und wir müssen alles dafür tun, dass wir sukzessive in so eine Größenordnung kommen.

Im Moment ist Österreich nicht auf Kurs, was die Pariser Klimaschutzziele betrifft. Auch wenn die Ziele der EU nicht erreicht werden, drohen Österreich hohe Strafzahlungen bis maximal 9 Milliarden Euro. Sie riskieren das?

Es wäre total widersinnig, das Geld in Strafzahlungen zu investieren und nicht in Klimaschutzmaßnahmen.

Und deswegen werden wir alle gemeinsamen Anstrengungen setzen, um die Paris-Ziele zu erreichen. Wir haben tatsächlich seit 2016 wieder einen verstärkten Anstieg der CO2-Konzentration. Das war mit ein Grund, warum ich als erste Maßnahme im Jahr 2018 die Klima-Energie-Strategie ausgearbeitet habe, Maßnahmen bereits vorgezogen hab in der Umsetzung und wirklich alles dafür tun werden, damit wir unser 2020- und auch unsere 2030-Ziele erreichen können. Ich weiß, jeder erwartet, dass das von heute auf morgen passiert, aber das sind Dinge…

…die Zeit brauchen, ja. Aber die Frage ist: Haben wir diese Zeit noch? Sämtliche ExpertInnen schlagen Alarm und sagen, wir müssen jetzt Maßnahmen setzen.

Das tun wir ja auch. Das war ja auch immer der große Vorwurf, dass Österreich keine Strategie hat, dass Österreich keine Sektorziele hat. Das haben wir jetzt über die Klimastrategie hergestellt.

Sie fahren jetzt nach Polen zur Weltklimakonferenz als EU-Ratsvorsitzende stellvertretend für die Klimaschutzziele von Europa, sie haben aber kürzlich auch als EU-Ratsvorsitzende zugestimmt, dass es in der EU weiterhin Subventionen für Kohlekraftwerke geben soll – und zwar bis zum Jahr 2035. Das steht doch komplett im Widerspruch zu den Klimaschutz-Zielen, warum haben sie da zugestimmt?

Österreich hat, was Atomkraft und auch Kohlekraft betrifft eine ganz klare Haltung, wir treten entschieden überall auch dagegen auf. Wir werden auch jetzt in Katowice alles dafür tun, unsere europäischen Partner davon zu überzeugen, dass sie das Geld, das sie in Kohle investieren wollen, viel stärker in den Ausbau von erneuerbaren Energien umlenken sollten.

Es kommt trotzdem immer wieder der Vorwurf, dass die als EU Ratsvorsitzende nicht energisch genug verhandeln, sie können als EU Ratsvorsitzende auch eine Agenda vorgeben, Druck machen, warum sind die säumig?

Das haben wir gemacht, im Endeffekt müssen auch wir als österreichischer Ratsvorsitz eine Mehrheit zustande bringen, auch wir müssen die Mehrheit der Staaten hinter uns versammlen, ansonsten bekommen wir keinen Entschluss zusammen und das haben wir mehr als engagiert getan. Auch hier nur ein Beispiel: Deutschland als einer der größten Autobauer hat sich bei den CO2 Reduktionen auf 30 Prozent festgelegt, die Kanzlerin hat in der Nacht vor den Verhandlungen noch alle Staats- und Regierungschefs angerufen und gesagt, die deutsche Position ist klar, über 30 Prozent gibt’s nichts.

Wir haben in 14 Stunden marathonverhandelt und sind auf 35 Prozent gekommen, das ist jetzt Minimum, wir verhandeln jetzt mit dem europäischen Parlament und ich werde alles dafür tun, dass wir das noch anschließen können – das Parlament fordert 40 Prozent – dass wir hier wirklich auch einen Abschluss erreichen.

Würden sie es begrüßen, wenn der Klimaschutz in Österreich in den Verfassungsrang gehoben werden würde?

Ja.

Und was tun sie selber privat gegen den Klimawandel und worauf verzichten sie?

Ich werde 2019 ein Projekt starten, ob ich es wirklich auch schaffe, mit nur regional produzierten Lebensmitteln mich selbst zu versorgen.

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