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Ausgezeichnete Bücher

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Ausgezeichnete Bücher

2018 wurden viele Bücher veröffentlicht. Auch sehr gute. Und einige wurden ausgezeichnet. Über diese und Literaturpreise.

von Zita Bereuter

Wer hat 2018 nochmal den Nobelpreis für Literatur gewonnen? Na? Fällt grad kein Name ein? Richtig. Da war auch Niemand. Der Preis wurde gar nicht vergeben. Weil der Ehemann von einem Akademiemitglied etliche Frauen sexuell belästigt bis vergewaltigt hat, will man da in Schweden erst mal aufräumen. Der 72-jährige wurde mittlerweile übrigens zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Widmen wir uns doch lieber Preisen, die verliehen wurden. Der Ingeborg Bachmannpreis ging an die in Wien lebende Autorin Tanja Maljartschuk. Den Österreichischen Buchpreis gewann Daniel Wisser für „Königin der Berge“, als bestes Debüt wurde „Alles was glänzt“ von Marie Gamillschegg ausgezeichnet. Den Deutschen Buchpreis gewann Inger Maria Mahlke. Und der Büchner Preis ging an Terézia Mora. Auch schön – der Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur wurde Zadie Smith verliehen.

Den Bayerischen Buchpreis gewann Lucy Fricke – die war heuer auch in der Wortlautjury. Und Damit sind wir schon Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. „Sterne“ war das Thema. Die besten drei Texte kamen heuer von Frauen: Platz drei ging an Lilian Loke, Platz zwei an Barbara Kadletz und gewonnen hat Mercedes Spannagel.

Ein ausgezeichnetes Jahr war es auch für Arno Geiger. Für „Unter der Drachenwand“ gewann er den Bremer Literaturpreis und den Joseph-Breitbach-Preis. Daniel Kehlmanns „Tyll“ wurde mit dem Frank-Schirrmacher Preis und dem Friedrich Hölderlin Preis ausgezeichnet.
Philipp Weiss bekam für sein Debüt den Klaus Michael Kühne Preis und den Preis der Jürgen-Pronto-Stiftung.
Der wichtigste Deutsche Comicpreis, der Max und Moritz Preis, für den besten deutschsprachigen Comic ging „Wie ich versuchte, ein guter Mensch zu sein“ von Ulli Lust, als bester deutschsprachiger Comic-Künstler wurde Richard Kleist ausgezeichnet.

Es gibt noch einige andere ausgezeichnete Bücher – die stellen wir euch in den nächsten Tagen auf FM4 vor.

Ausgezeichnete Bücher

Radio FM4

Olga Tokarczuk: „Flights“ (Intern. Man-Booker-Preis); Manja Präkels: „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ (Jugendbuchpreis), Riad Sattouf: „Esthers Tagebücher“ (Max und Moritz-Preis), Judith Schalansky: „Verzeichnis einiger Verluste“ (Wilhelm Raabe-Literaturpreis), Iunona Guruli: „Wenn es nur Licht gäbe, bevor es dunkel wird“ (Georgischer Literaturpreis „Saba“)

„Flights“ von Olga Tokarczuk

(von Maria Motter)

Olga Tokarczuk: „Flights“ erschienen bei Fitzcarraldo Editions

Ausgezeichnet mit: dem Man Booker International Prize 2018. Mit dem Preis wird ein Werk ausgezeichnet, das ins Englische übersetzt worden ist. Die Autorin teilt sich das Preisgeld mit der Übersetzerin Jennifer Croft. Deren Hartnäckigkeit ist es auch zu verdanken, dass es überhaupt eine Übersetzung des Romans gibt - über ein Jahrzehnt warb sie bei Verlagen für „Flights“.

Darum geht’s: Alles, was man in einem Roman anstellen könnte, das hätten SchriftstellerInnen im letzten Jahrhundert bereits gemacht. Behauptet die polnische Autorin Olga Tokarczuk. Daher wünscht sie sich dringend neue Ansätze des Geschichtenerzählens für die literarische Gattung. In „Flights“ ist eine Ich-Erzählerin, die autobiografische Parallelen zur Autorin aufweist, viel unterwegs. Auf nahezu jeder Seite tut sich eine bemerkenswerte, gern auch bizarre oder historische Anekdote auf. „Flights“ lässt sich chronologisch lesen oder auch abschnittsweise, denn es besteht aus über einhundert kurzen Texten. Die größte Faszination geht von den Überlegungen und Gedanken aus, die sich die Ich-Erzählerin und andere ProtagonistInnen machen. Irgendwie ist das alles interessant, etwa die Feststellung, dass unsere Herzen von einer Farbe sind, die wir niemals für ein Auto oder eine Zimmerwand wählen würden - beigebraun.

Diese Auszeichnung sollte das Buch noch bekommen: Ein gestricktes inneres menschliches Organ: gern ein Herz, für das herausragende Fädenlegen- und ziehen von Motiven.

Was man zur ausgezeichneten Autorin noch wissen sollte: Sie war 28, als sie zum ersten Mal aus Polen ausreisen konnte. Sie hat als klinische Psychologin gearbeitet, ist Vegetarierin, Feministin und eine scharfe Kritikerin der nationalkonservativen polnischen Regierung. Zu ihrem bisherigen Werk gehören Gedichtbände ebenso wie den bereits auf Deutsch erschienen, auch sehr speziellen Kriminalroman „Der Gesang der Fledermäuse“.

„Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ von Manja Präkels

(von Anna Katharina Laggner)

Manja Präkels: „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ erschienen im Verbrecher Verlag

Ausgezeichnet mit: Deutscher Jugendbuchpreis, Anna Seghers Preis 2018

Darum geht’s: Der Debütroman von Manja Präkels handelt vom Übergang von einer vermeintlichen Kindheitsidylle in der DDR zum Vakuum, das die Wende hinterlässt. Einem Vakuum, in dem man Skinhead wird, weil einem sonst nichts einfällt und es alle anderen auch tun. Die Hauptfigur dieses autobiographisch geprägten Romans ist Mimi, die erlebt, wie der nette Nachbarsbub zum Neonaziberserker wird, der eine Bande anführt, die aus der ostdeutschen Kleinstadt einen Wilden Westen des Drogenhandels, rassistischen Terrors und zügelloser Selbstjustiz macht. Die Ich-Erzählerin wird Redakteurin einer Lokalzeitung und schreibt über die Gewalt. Bald wird sie selbst bedroht.

Das Buch zeichnet sich durch einen nüchtern beschreibenden Stil aus, der keine Erklärung für die Geschehnisse liefert, man liest Szenen, die so brutal sind, dass sie einen sprachlos machen und der Autorin gelingt obendrein: Sprachwitz.

Diese Auszeichnung sollte das Buch noch bekommen: Den Preis für den absurd-verstörendsten Buchtitel.

Was man zur ausgezeichneten Autorin noch wissen sollte: Die Autorin Manja Präkels hat über 15 Jahre an ihrem Buch herumgeschrieben. Und sie ist außerdem Frontsängerin der Berliner Band „Der Singende Tresen“.

„Esthers Tagebücher“ von Riad Sattouf

(Von Zita Bereuter)

Riad Sattouf: „Esthers Tagebücher“ übersetzt von Ulrich Pröfrock, Handlettering von Hartmut Klotzbücher,
erschienen bei Reprodukt

Ausgezeichnet mit: Max und Moritzpreis als bester internationaler Comic 2018 und Rudolph Dirks Award 2017

Darum geht’s: Esther ist ein zehnjähriges Mädchen, das in Paris lebt. Aufgeweckt, schlau und neugierig aber auch noch verspielt und verträumt tänzelt sie in ihrer Kindheit und tappt doch immer wieder in die Pubertät. Sie besucht eine Musicalausbildung und will später mal große Stadien als Sängerin füllen. Noch spielt sie mit ihren Freundinnen Familie, die Buben sind fast durchwegs anstrengend – allen voran ihr älterer Bruder. Der beste Mann überhaupt ist ihr Vater. Den liebt sie über alles. Soweit so real. Denn Esther erzählt ihre wahren Geschichten dem Comiczeichner Riad Sattouf. Der ist mit Esthers Eltern befreundet und will Esther bis zu ihrem 18. Geburtstag begleiten. Jährlich soll ein Band erscheinen. Der zweite Band wurde eben ins Deutsche übersetzt. Esther beobachtet sich selbst und ihre Umgebung kritisch und genau. Gemeinheiten von Kindern aber auch die Anschläge in Paris aus ihrer Sicht erzählt. Riad Sattouf beschönigt nichts, sondern ergänzt das mit grandiosen Zeichnungen. So wird das wohl ein prächtiges gegenwärtiges Zeitdokument.

Esther

Riad Sattouf/Reprodukt

Esther

Riad Sattouf/Reprodukt

Was man über den Autor noch wissen sollte: Riad Sattouf ist einer der populärsten Comiczeichner Frankreichs. Sattouf ist in Paris geboren und in Libyen und Syrien aufgewachsen. Über seine Kindheit im Nahen Osten schrieb er den mehrfach ausgezeichneten Comic „Der Araber von morgen“.

Diese Auszeichnung sollte das Buch noch bekommen: Ein goldenes iPhone. Nein, besser was mit Bestand: Das diamantene Tagebuch, für bestes persönliches Erzählen.

„Verzeichnis einiger Verluste“ von Judith Schalansky

(von Lisa Schneider)

Judith Schalansky: „Verzeichnis einiger Verluste“ erschienen bei Suhrkamp

Ausgezeichnet mit: Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2018, Irmtraud-Morgner-Literaturpreis 2018

Darum geht’s: „Verzeichnis einiger Verluste“ heißt der zwölfteilige Erzählband von Judith Schalansky trocken- und ist dabei voll von gar nicht trockenen Geschichten über Dinge, Personen oder Ideen, die im Menschengedenken wissentlich oder unabsichtlich ausgelöscht worden sind. Wir reisen da etwa zurück ins Antike Rom, wo in einer Arena ein Löwe mit einem Kaspischen Tiger kämpft. Letztere sind mittlerweile ausgestorben. Wir gehen auf Einhornjagd. Wir stehen vor einem ehemaligen Palast der DDR, der Heimat von Judith Schalansky. Oder wir reisen auf eine Insel, die von den Weltkarten verschluckt wurde. Anspruchsvoll aber ebenso lebendig, kurios und geheimnisvoll, ja mythisch sind diese zwölf Erzählungen; hinterlegt mit vielen sehr genau recherchierten Fakten aus der Natur-, Wissenschafts, - ja, der gesamten Menschheitsgeschichte. Auch sehr schön: Jeder Geschichte geht ein Schwarz-auf-Schwarz-Druck voraus. Was genau darauf abgebildet ist, zeigt sich nur im richtigen Licht.

Diese Auszeichnung sollte das Buch noch bekommen: Preis für die fantasievollste literarische Schatzsuche

„Wenn es nur Licht gäbe, bevor es dunkel wird“ von Iunona Guruli

(von David Riegler)

Iunona Guruli: „Wenn es nur Licht gäbe, bevor es dunkel wird“ aus dem Georgischen übertragen von Iunona Guruli erschienen bei btb

Ausgezeichnet mit: Georgischer Literaturpreis: „Saba“ für das beste Debüt

Darum geht’s: „Verloren: Innere Ruhe, den Weg nach Hause, einen wunderbaren Traum, einen Kindheitsfreund und den Appetit. Biete großzügigen Finderlohn.“ Solche Kleinanzeigen platziert Iunona Guruli zwischen ihren erbarmungslos ehrlichen Texten. Sie erzählt 13 Kurzgeschichten unverblümt und ohne Happy End über menschliche Abgründe. Zwischen dem Elend blitzen ab und zu hoffnungsvolle Momente hervor, die den sonst harschen Ton kontrastieren. Obwohl ihre Geschichten einen starken Bezug zur georgischen Gesellschaft haben, ist jedes einzelne Schicksal sehr persönlich beschrieben. Am Ende der Geschichten bleibt oft die Hoffnungslosigkeit, so als würde ein Film nach dem dramatischen Höhepunkt enden.

Diese Auszeichnung sollte das Buch noch bekommen: Ein Preis für die beste Übersetzung. Die georgische Autorin lebt in Berlin und hat ihr Buch selbst übersetzt. Darum ist es ihr gelungen, die sprachlichen Feinheiten der Originaltexte auch in die deutsche Version zu transportieren.

Ausgezeichnete Bücher

Radio FM4

William Finnegan: „Barbarentage“ (Pulitzerpreis), Tillie Walden: „Pirouetten“ (Eisner Award), Oliver Bottini: „Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“ (Deutscher Krimipreis), Tilo Daum: „Das Kapital sind wir: Zur Kritik der digitalen Ökonomie“ (Politisches Buch),Inger-Maria Mahlke: „Archipel“ (Deutscher Buchpreis)

Barbarentage von William Finnegan

(von Simon Welebil)

William Finnegan: „Barbarentage“ übersetzt von Tanja Handels erschienen bei Suhrkamp

Ausgezeichnet mit: Dem Pulitzerpreis in der Kategorie Autobiografie und den William Hill Sports Book of the Year Prize, beides für die amerikanische Originalversion 2016

Darum geht’s: „Barbarentage“ ist eine Ode an das Surfen und seine Kultur, verpackt in eine Autobiographie. Deren Protagonist ist William Finnegan, der sich schon früh mit dem Surf-Fieber infiziert hat. Aufgewachsen im Kalifornien der 50er Jahre und auf Hawaii, hat er eine Leidenschaft für das Surfen entwickelt, die ihn über die ganze Weltkugel führt und sein Leben bestimmen sollte. Finnegan kann dabei so über das Surfen schreiben, dass selbst Laien fasziniert sind und gerne mit ihm in seine Welt abtauchen. Man kann die Wellen hören, riechen, sehen und fühlen, mal euphorisch, mal schmerzvoll. Darüber hinaus hat Finnegan auch als Person Tiefgang: Er kann von Literatur genauso schwärmen wie für elegante Turns und Offshore-Winde, er versucht die eigene Kultur zu analysieren und weiß, dass sie nie abseits des Politischen stattfinden kann, das er scharfsinnig analysiert.

Diese Auszeichnung sollte das Buch noch bekommen: Einen Übersetzungspreis – von Leidenschaft in Literatur.

„Pirouetten“ von Tillie Walden

(Von Zita Bereuter)

Tillie Walden: „Pirouetten“ übersetzt von Sven Scheer, Lettering von Olav Korth erschienen bei Reprodukt

Ausgezeichnet mit: dem Oskar in der Comicwelt, dem Eisner Award für Best Reality-Based Work 2018

Darum geht’s: Die Amerikanerin Tillie Walden will Eiskunstläuferin werden. Mit fünf Jahren beginnt die heute 22 jährige mit dem Training. Das kleine Mädchen mit der Brille hat Talent. Bald trainiert sie täglich. Das heißt morgens um vier aufstehen, damit sie vor der Schule noch aufs Eis und am Wochenende an Wettkämpfen teilnehmen kann. Bald merkt Tillie Walden, dass sie lesbisch ist. Ein großes Tabu in ihrer Umgebung. Die Mädchen auf dem Eis sind einerseits ihre Konkurrentinnen, andererseits gefallen sie ihr.
In diesem Spannungsfeld findet Tillie Walden ihren Weg. Sie erzählt von ihrer Kindheit und ihrer Jugend auf dem Eis. Vom harten Training, von den anderen Mädchen, den Wettkämpfen, von ihrem Ausstieg. Vor allem, von den Empfindungen, die sie damals hatte. „Pirouetten“ ist eine coole Coming Of Age und Coming Out Geschichte.

Was das Buch auszeichnet: „Pirouetten“ zeigt unter anderem, wie viel Schminke und Maske über den kleinen Eisprinzessinnen liegt.

Diese Auszeichnung sollte das Buch noch bekommen: den goldenen Schlittschuh für einen Einblick in die Eistanzkunstwelt

„Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“ von Oliver Bottini

(von Ali Cem Deniz)

Oliver Bottini: „Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“ erschienen bei DuMont

Ausgezeichnet mit: Deutscher Krimipreis 2018

Darum geht’s: Die brutal ermordete junge Frau und der abgebrühte Cop, der dringend ein Motivationsseminar braucht. Man könnte meinen, Oliver Bottinis Roman wäre ein klassischer Krimi, den man schon in zigfacher Ausführung gelesen hat. Doch dann würde man sich irren. Auf der Suche nach dem Täter irrt der rumänische Polizist Ion Cozma durch eine Welt, in der nicht nur Menschen, sondern auch die Natur Opfer unendlicher Gier werden. Großinvestoren fallen wie Heuschrecken über Ackerflächen her und vernichten die lokale Landwirtschaft und die Umwelt. Oliver Bottini macht die korrupten Verstrickungen zwischen Politik und Wirtschaft zum Fundament seines Romans. Dieser genauer und spannende Blick auf das Thema Landgrabbing macht “Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens” zu einem Krimi, der nicht nur Krimi-Fans begeistert.

Diese Auszeichnung sollte das Buch noch bekommen: Das politische Buch des Jahres, aber das hat ja ein anderes Buch in dieser Liste erhalten.

„Das Kapital sind wir: Zur Kritik der digitalen Ökonomie“ von Tilo Daum

(von Simon Welebil)

Tilo Daum: „Das Kapital sind wir: Zur Kritik der digitalen Ökonomie“ erschienen bei Suhrkamp

Ausgezeichnet mit: „Das politische Buch“ der Friedrich-Ebert-Stiftung 2018

Darum geht’s: Autor Timo Daum versucht den ganz großen Wurf, nämlich die Veränderung des Kapitalismus durch das Internet zu erklären und zu kritisieren. In vielen Beispielen zeigt er, wie der Digitale Kapitalismus die Welt des Netzes verlässt und die alten Industrien herausfordert, etwa in den Bereichen Verkehr, Logisitik oder Energie und wie die Digitalen Riesen Google, Facebook oder Amazon da überall mitspielen und wir sie dabei unterstützen. Timo Daum ist sehr gut darin, komplexe Inhalte gut verständlich runter zu brechen. Fast in jedem Kapitel holt er weit aus und beginnt bei den Basics, etwa der Entstehung des Internets oder der Funktionsweise von Algorithmen. Dabei hat er hat einen sehr entspannten Schreibstil, kann polemisch sein, skandalisieren und aufrütteln, ist aber überhaupt kein Maschinenstürmer, der die Zeit zurückdrehen will. Im Gegenteil: Er kritisiert linke Politik dafür, dass sie keine eigene Perspektive auf gesellschaftliche Transformation entwickelt und wagt sich halt selbst daran, mit Forderungen von Daten für alle etwa, noch mehr Umsonst-Kultur oder der Regulierung und Gestaltung von öffentlichen Diensten.

Diese Auszeichnung sollte das Buch noch bekommen: Den Buzzword Preis für die Erklärung populärer Schlagworte

„Archipel“ von Inger-Maria Mahlke

(von Conny Lee)

Inger-Maria Mahlke: „Archipel“ erschienen bei Rowohlt

Ausgezeichnet mit: Deutscher Buchpreis 2018

Darum geht’s: Mahlke erzählt rückwärts von 2015 bis 1919 die Geschichte Teneriffas durch die Geschichte verschiedener Figuren: der hundertjährige Großvater der im Altersheim als Portier arbeitet, seine Tochter die als Politikerin in einen Skandal verwickelt. Insgesamt erzählt Mahlke die Geschichte dreier Familien und so verbindet sie Perspektiven von reich, arm, Arbeiterklasse und Aristokratie.

Indem Mahlke die Geschichte von Hinten aufrollt, gewinnt ein anfänglich sehr verwirrendes Bild nach und nach an Klarheit. Man versteht die Figuren und ihr Verhätlnis zueinander von Seite zu Seite besser. Vor allem wird Archipel allerdings durch den analytischen Blick der Autorin ausgezeichnet. Noch die kleinste Geste wird bei Inder-Maria Mahlke zu einer fesselnden Figurenstudie. Und dadurch, dass sie so genau hinschaut, durch genaue Details, beschreibt sie die größeren Zusammenhänge über ein Jahrhundert hinweg.

Diese Auszeichnung sollte das Buch noch bekommen: den „Telling the big Picture“-Award

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