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Screenshot aus "The Messenger"

Sabotage Studio / Devolver Digital

Fünf Games, fünf spezielle Aufgaben

In Games hat man oft viele Betätigungsfelder. Manchmal sieht man vor lauter Möglichkeiten die Besonderheit nicht. In diesen fünf Videospielen aus 2018 sind einzelne Aktivitäten jedoch besonders im Gedächtnis geblieben.

Von Robert Glashüttner

Jahresrückblicke! Viele Autorinnen und Autoren machen sich mittlerweise ja schon im Jänner erste Notizen. Wenn man schon während des Jahres wichtige Vorkommnisse, Werke und Besonderheiten festhält, vergisst man diese nicht, wenn es am Jahresende zur unvermeidlichen Erstellung diverser Best-Ofs und Highlights-Listen kommt. Das spart Stress und Recherche. Und vieles von dem, das vor neun, zehn Monaten passiert ist, hätte man ansonsten möglicherweise auch längst wieder vergessen.

Andererseits: Wenn etwas nicht mal ein Jahr später schon wieder so weit verdrängt wurde, dass man sich kaum noch daran erinnert, war es dann wirklich so eindringlich? Wie realitätsnah ist außerdem ein ständiges Dokumentieren des eigenen Medienkonsums? Der Verzicht aufs Dauerdokumentieren und anstatt dessen der Rückblick ins eigene Archiv hat auch sein Gutes. Man blättert durch die Titel, reflektiert spontan getriggerte Erinnerungen, Gespräche, Texte und hört schlussendlich auf’s eigene Bauchgefühl. Zack, fertig: eine Liste an subjektiv besonders relevanten Erlebnissen. Zum Beispiel in Triple-A-Games, also der Hollywood-Variante der Videospielkultur.

Jammen in „A Way Out“

Gemeinsam mit den Knastbrüdern Leo und Vincent aus einem Hochsicherheitsgefängnis der USA in den 70er Jahren zu entkommen, war eine besondere Teamarbeit. Denn wir durften das nicht mit Fremden übers Netz oder mit einem Bot erledigen, sondern brauchten eine zweite Person in Fleisch und Blut, wahlweise neben uns oder in unserer Online-Freundesliste. Erzählerische kooperative Computerspiele sind immer noch eine Seltenheit - meistens geht es um stressige Teamspiele oder überdrehte Alle-gegen-alle-Schlachten. „A Way Out“ hat hier neue Akzente gesetzt. Man spielt gemeinsam einen interaktiven Film.

Besonders eindringlich war das gemeinsame Jammen mit Klavier und Banjo. Als Vincent und Leo in ein Haus einbrechen, um neue Ausrüstung zu ergattern, nehmen sie sich die Zeit für eine Musiksession. Wie wir es von Rhythmusspielen kennen, müssen wir im richtigen Takt die Töne treffen. Vor allem aber geht es natürlich mehr denn je ums Zusammenhalten - und auch um den kurzfristigen Bruch des Gangster-Narrativs. Manchmal steht eben auch einfach nur die gemeinsame Zerstreuung im Vordergrund.

Zeitwechseln in „The Messenger“

Alles ist anders als man denkt. Wir hätten einfach glauben können, es handle sich bei „The Messenger“ um das nächste eh ganz nette pixelige Actiongame. Ein bisschen „Castlevania“, eine Prise „Ghost’n’Goblins“ und eine visuelle Hommage an die zeitgenössische Konkurrenz von „Shovel Knight“: fertig ist das vermeintliche Vintage-Ninja-Game. Doch „The Messenger“ ist weder spielerisch noch storytechnisch banal: Wir werden durch Zeitparadoxa und wirre Wiederholungen gewirbelt, die allerdings immer vom reflektierten Shopkeeper kommentiert werden.

Es dauert eine Weile, bis wir zum ersten Mal von der „Vergangenheit“ in die „Zukunft“ wechseln. Dann ist es als ob wir durch ein Portal gehen würden: Die Pixelgrafik ist nun nicht mehr grob, sondern detailreicher. Auch die Musik hat sich verändert. Später wechseln wir immer wieder und immer öfter zwischen der 8- und 16-Bit-Welt. Es könnte auch nur ein nostalgischer Gag sein, vielmehr ist der Zeitwechsel von „The Messenger“ aber ein zentrales Spielelement. Weil nicht nur der Stil und die Technik wechseln, sondern sich immer auch das Leveldesign geringfügig verändert.

Provozieren mit „Red Dead Redemption 2“

Ein Mann und sein Pferd reiten durch den Wilden Westen. Er spürt, dass es so nicht ewig weitergehen kann. Aber was soll man denn anderes machen. Gehen wir es am besten mal langsam an. An „Red Dead Redemption 2“, hinsichtlich medialer Aufmerksamkeit und finanziellem Erfolg zweifellos das Spiel des Jahres, haben sich der Feuilleton ebenso abgearbeitet wie Indie-Game-ReviewerInnen, die von diesem Blockbuster-Kram eigentlich sonst nichts wissen wollen. Das Gute an Sandboxes: Jede/r kann eine Geschichte erzählen und sich einreden, man würde die von den EntwicklerInnen angedachte Intention unterwandern.

A propos Selbstbestimmtheit: Es gibt tatsächlich wenig, das man in RDR2 nicht tun kann, und so verwundert es nicht, dass man sich auch als das ultimative Arschloch inszenieren und damit eine erstaunlich weitreichende Provokation vom Zaun brechen kann. Das Skandälchen um die gequälten und getöteten virtuellen Suffragetten hat jedoch auch eine sehr interessante Diskussionen evoziert, wo einmal mehr die relevante Frage gestellt wurde, wie weit Freiheit in Games gehen darf und wieviel Tabus das zuständige Spielestudio und ihr Publisher als solche belassen sollten.

Schwingen in „Spider-Man“

Wusste man nicht, wer hinter dem neuen „Spider-Man“-Game steckt, hat man es vielleicht erst mal als nicht so wichtig eingestuft. Ein fataler Fehler für Videospielkulturafficionados, zeichnet sich doch Insomniac Games für den neuen Spinnenmann auf der PS4 verantwortlich - ein renommiertes und lange gedientes Spielestudio, verantwortlich für die Serien „Spyro“, „Ratchet & Clank“ und „Resistance“. „Spider-Man“ ist mit einer dementsprechend hohen Produktionsqualität auf uns zugeschwungen und hat uns erstaunt. „Prince of Persia“ war gestern, die neue Akrobatik findet nicht im Mittleren Osten, sondern mitten in Manhattan statt.

Am besten in Erinnerung bleibt das Schwingen an sich, zu dem man immer wieder gerne zurückkommt. Stellt es euch so vor wie damals das Autofahren in „GTA“: Oft hatte man null Interesse an den nervigen Gangster-Missionen und ihren schlecht gelaunten Protagonisten. Autofahren war aber immer super. Jetzt schwingen wir uns in einer unglaublich rasanten Weise zwischen den Skyscrapern von New York. Gekämpft wird am Boden dann natürlich auch. Das ist aber manchmal fast nur wie der Werbeblock inmitten eines Thrillers. Und das war’s jetzt erst mal mit den Metaphern.

Malen in „Detroit: Become Human“

Verblüffend schnell hat die Spielefachpresse die im Frühjahr erschienene, bombastisch inszenierte Dystopie „Detroit: Become Human“ ad acta gelegt. Das vom verhuschten Gameserzähler David Cage und seiner Firma Quantic Dream aufwendig entwickelte Adventure erzählt vom Aufstand der Androiden, die sich in einer nicht allzu fernen Zukunft nicht mehr von den Menschen versklaven lassen wollen.

„Detroit“ ist trotz und auch wegen seiner spielerischen, vor allem aber erzählerischen Schwächen ein sehr interessantes Spiel geworden. Ein Moment ist für mich besonders eindringlich gewesen, weil er von der plakativ gezeichneten Revolution noch weit entfernt war. Der Service-Androide eines alten Malers wird von ebenjenem dazu ermutigt, doch mal selbst zu malen. Malen, was soll ich denn malen?!, antwortet Markus verstört. Irgendwas, was dir eben einfällt, lautet die Antwort. Androiden, die bald eine eigenständige Lebensform begründen werden, sollen kein Talent zur Kreativität besitzen? Daran glaubt der alte Mann nicht.

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