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"Mutant Year Zero: Road to Eden"

The Bearded Ladies / Funcom

Mein Schwein pfeift

Das Taktikgame „Mutant Year Zero: Road to Eden“ schickt anthropomorphe Tiere ins Ödland einer Postapokalypse.

Von Robert Glashüttner

Ein Schwein, eine Ente und eine Frau treffen sich in einem nuklear verstrahlten Wald und unterhalten sich über Sinn und Zweck eines antiken Ipods. Was einem kuriosen Traum oder der blühenden Fantasie eines Kindes entsprungen sein könnte, ist Alltag im Taktik-Game „Mutant Year Zero: Road to Eden“.

Wir befinden uns zeitlich Jahrzehnte nach einer globalen Katastrophe, in der von der ehemals technisch fortgeschrittenen Zivilisation nur noch leere Hüllen und gruselige Skelette übrig sind. Nun bekämpfen sich martialische Banditen und die titelgebenden Mutanten um übrig gebliebene Ressourcen und die Vorherrschaft in einer nunmehr kaputten Welt.

Tiere mit Geschichte

Dieses aus heutiger Sicht etwas abgeschmackte Setting und der sperrige Name des Spiels haben einen bereits 35 Jahre alten Ursprung: Das 1984 erstmals erschienene, schwedische Tabletop-Rollenspiel „Mutant“. „Year Zero“ (2014) war die fünfte Erweiterung davon, die jetzt auch als Computerspiel umgesetzt worden ist. Passenderweise ist es von einer Gamesfirma aus Schweden namens The Bearded Ladies entwickelt worden.

Mit Ente, Schwein und Co. müssen wir uns einfach anfreunden. Die ulkigen Figuren stehen zwar im starken Kontrast zur düster-dystopischen Spielewelt, aber vermutlich würde man mit einem anderen (leichtfüßigeren) Storytelling dem Wesen des Tischrollenspiel-Originals nicht gerecht werden. „Mutant“ und das nun dazugehörige Computerspiel sind so etwas wie das schwedische Pendant zur polnischen Romanserie „Wiedźmin“ und den darauf basierenden „The Witcher“-Games. Da wollen die Fans ja auch nicht, dass man zu sehr an den inhaltlichen Grundfesten der Serie schraubt.

Schleichen und taktieren

Spielerisch ist „Mutant Year Zero: Road to Eden“ wesentlich interessanter, als es Story und Charaktere sind. Wir gehen und schleichen mit unseren Figuren durch das Ödland, suchen und sammeln Metallschrott und Waffen(bestandteile) und legen uns mit den sogenannten Ghouls an - die weiter oben erwähnten Banditen. Bevor es aber in einen Kampf geht, schleichen wir um den Feind wie ein Jäger um seine zu erlegende Beute. Erst dann, wenn die Positionierung unserer Meinung nach perfekt ist, wechseln wir per Knopfdruck in den Taktikmodus.

"Mutant Year Zero: Road to Eden"

The Bearded Ladies / Funcom

Die Kämpfe laufen immer rundenbasiert ab. Jede Figur hat pro Runde Aktionspunkte, die wir wahlweise zur Bewegung, zum Schießen, zum Werfen einer Granate oder für diverse Spezialfähigkeiten einsetzen können. Auch hier ist taktisch kluge Platzierung das A und O jeder Partie. Je besser wir unsere Figuren aufteilen und verstecken, desto eher fallen die Gefechte zu unseren Gunsten aus. Schafft man es, einen Gegner innerhalb einer Runde mit geräuschlosen Waffen zu neutralisieren, kann man sich sogar wieder aus dem Kampf zurückziehen, weiterschleichen und dieses Vorgehen im Idealfall Schritt für Schritt wiederholen, bis alle Gegner besiegt sind.

„Mutant Year Zero: Road to Eden“, entwickelt von The Bearded Ladies und vertrieben von Funcom, ist für PS4, Windows und Xbox One erschienen.

Dieses grundlegende Spielprinzip, das man von der altehrwürdigen „XCOM“-Serie und auch vom im Sommer 2017 erschienenen „Mario + Rabbids Kingdom Battle“ kennt, ist bewährt, leidet allerdings unter einem Trial-and-Error-Problem. Ob wir nämlich den Gegner treffen oder verfehlen (bzw. er uns) ist mit Wahrscheinlichkeiten verbunden. Bei aller geplanten Strategie und Taktik können wir also einfach auch Pech haben. Der Klassiker: Zwei Figuren stehen direkt nebeneinander, die eine schießt auf die andere und verfehlt trotzdem, weil nur eine 90%-ige Trefferwahrscheinlichkeit besteht. Vor allem bei höheren Schwierigkeitsgraden führt das dazu, dass man immer wieder einen Spielstand neu lädt und beim nächsten Versuch auf ein besseres Ergebnis hofft.

Schwein gehabt

Vor allem am Anfang des Spiels muss man sich durch die ersten paar Kämpfe beißen, denn erst später hat man genug Geld und Gegenstände, um aus mehreren Ausrüstungsoptionen zu wählen. Übrigens lassen sich nicht nur Outfits und Waffen wechseln, sondern auch unsere Mutanten augmentieren. Ganz im Stil von „Bioshock“ können wir an den Körpern unserer Figuren herumbasteln und sie etwa mit besserer Sehfähigkeit oder sogar selbstgewachsenen Flügeln ausstatten.

Die Möglichkeit, die rundenbasierten Taktikkämpfe durch Anpirschen zu optimieren, macht „Mutant Year Zero: Road to Eden“ speziell und entschädigt für die manchmal hölzernen und mitunter unfair wirkenden Gefechte. Das macht zwar noch kein uneingeschränkt empfehlbares Game aus, doch wem „XCOM“ zu puristisch und „Kingdom Battle“ zu kindlich-bunt ist, findet in der sonderbaren Science-Fiction-Fabel einen gelungenen Mittelweg.

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