Roc Marciano ist kalt wie Eis
Von Stefan „Trishes“ Trischler
Wenn New York kalt ist, ist es richtig kalt - ich weiß das, ich habe einmal unfreiwillig eine Jänner-Nacht in den Straßen von Bushwick verbracht. Etwas weiter östlich, wo East New York und Queens Platz für die „Vorstädte“ machen, in Wahrheit aber der urban sprawl einfach direkt in Orte wie Hempstead übergeht, hat Roc Marciano kurz danach eine Welle losgetreten. Über selbst produzierte, minimale Beats, die manchmal einfach Loops aus alten Soul- oder Soundtrack-Platten sind, erzählte der Veteranen-Rapper auf Marcberg filmreife Straßen-Geschichten.

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Mittlerweile hat sich nach seinem Kollegen Ka oder dem Griselda Büderpaar Westside Gunn und Conway eine ganze Schar von grimmigen Eastcoast-Rappern dieser Welle angeschlossen und so einen ganz eigenen neuen New York Underground Sound etabliert. Marciano, der übrigens genau so nach dem Knockout-König Rocky Marciano benannt ist wie der berühmteste Film-Boxer, ist währenddessen aktiv wie nie zuvor: 2018 erschien sein Sequel Rosebudd’s Revenge 2, eine Platte mit Cypress Hill-DJ Muggs und zuletzt auch Behold A Dark Horse.
Im Albumtitel und am Cover wird das fahle Pferd der apokalyptischen Reiter aus dem Johannes-Evangelium dunkel, sonst bleibt im Roc Marciano-Universum alles weitgehend beim Alten: Die Featuregäste Black Thought und Busta Rhymes sind ebenso prominenter als früher, aber weiterhin schlüssig wie Q-Tip oder Alchemist an einigen der Beats. Den Großteil macht Roc aber weiterhin selbst, so auch den Song Secrets.
Der hat beim HipHop-Lesekreis, diesmal im Kernteam aus Natalie Brunner, Mahdi Rahimi und meiner Wenigkeit unterschiedliche Assoziationen ausgelöst, die eingangs erwähnte New Yorker Kälte natürlich, aber auch den Film King Of New York, der sie auch gut eingefangen hat. Kein Zufall, dass Roc Marciano selbst darüber nachdenkt, in Zukunft mit Musik und Scripts an Filmen mitzuarbeiten.
Publiziert am 09.01.2019