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Jeden Tag ein persönlicher Moment

Das unkommerzielle Computerspielprojekt „Meditations“ ist eine erstaunliche Gemeinschaftsarbeit der internationalen Indiegames-Community.

Von Robert Glashüttner

Computerspiele zu machen muss ja super kompliziert sein! - Das denkt man sich immer wieder mal, wenn man gerade am neuesten Blockbuster-Game sitzt. Bei allen großen und größeren Produktionen stimmt diese Einschätzung und auch in die meisten (kommerziellen) Indiespiele fließen in der Regel mehrere 100 Stunden Arbeit.

Aber Computerspiele können auch in nur ein paar Stunden entwickelt werden. Da geht es dann vielleicht ausschließlich um eine kleine Message, eine bestimmte Szene oder eine Assoziation. Diese Minispiele findet man aber üblicherweise selten, weil man wahlweise nichts von ihnen weiß oder - etwa im Fall von Game Jams - mit der Auswahl überfordert ist.

Seit 1. Jänner 2019 gibt es allerdings ein Projekt, das uns Tag für Tag ein neues, kleines Game bzw. eine interaktive Digital-Installation entdecken lässt. An keinem dieser Werke spielt man länger als fünf Minuten und doch bleibt oft ein nachhaltiger Eindruck.

Meditations

Dieses Projekt ist eine erstaunlich umfangreiche Arbeit der internationalen Games-Community geworden. Unter dem simplen Namen „Meditations“ lädt man sich dabei einen Launcher aus dem Web und bekommt dann jeden Tag ein neues, kleines, speziell für diesen Zweck designtes Spiel angeboten. Die ersten dieser interaktiven Momente sind bisher sehr persönlich ausgefallen. Die teilnehmenden Designerinnen und Designer konnten sich bei den VeranstalterInnen Lieblingstage auswählen, an denen etwa ihr Kind geboren wurde, ein Familienmitglied verstorben ist oder ein ähnlich einschneidendes Erlebnis stattgefunden hat.

„Meditations“ ist frei für Windows und MacOS erhältlich.

An keinem der „Meditations“-Spiele ist länger als circa sechs Stunden gearbeitet worden, dementsprechend handelt es sich meist um audiovisuell als auch spielerisch simple, aber oft dennoch eindringliche Artefakte: Wir sehen etwa eine Familie zu Weihnachten, bei der wir zwischen zwei Szenen wechseln können - in einer von ihnen war der Großvater noch am Leben. Oder wir versuchen, auf einer Wiese verstreute Schafe in den eingezäunten Bereich zu locken.

Manchmal gibt es auch bloß einen Farbwechsel, einen Knopfdruck, einen Ton. Naheliegenderweise ist bei diesen Games, die in wenigen Stunden erdacht und umgesetzt werden, vieles sehr minimalistisch, metaphorisch und abstrakt. Alleinstehend wäre das manchmal wohl auch für FreundInnen von Alternative-Games zu wenig, doch im Kontext von „Meditations“ entfalten auch diese ganz kleinen und kurzen Computerspielmomente ihre Wirkung.

Community-stärkend

Ein zentrales Element von „Meditations“ sind nicht nur die täglichen Games-Artefakte an sich, sondern auch die verantwortlichen EntwicklerInnen. Manchmal dauert das Spielerlebnis nicht länger als zwei, drei Minuten - danach hat man meist noch Zeit, sich ein bisschen mit der gestaltenden Person auseinanderzusetzen. Oft findet man auf diese Weise interessante DesignerInnen, die bereits andere Games entwickelt haben, von denen man noch nichts wusste. Oder man entdeckt bekannte Gesichter wieder und freut sich, dass er oder sie auch bei „Meditations“ mitmacht.

Zu bereits vergangenen Tagen zurückblättern kann man bei „Meditations“ allerdings nicht. Ist also ein Tag vergangen, lässt sich das dazugehörige Spiel in einem Jahr wieder spielen. Das erhöht die Motivation, jeden Tag reinzuschauen. Es dauert ja immer nur ein paar Minuten.

Ende 2019 wird die komplette Liste an teilnehmenden Games und ihren GestalterInnen veröffentlicht werden, bis dahin gibt es eine unvollständige Liste an teilnehmenden Personen, die eingewilligt haben, schon vorab öffentlich genannt zu werden - übrigens auch Sarah Hiebl und Stuffed Wombat aus Österreich. Also: Meditiert mit und ladet euch dieses unkonventionelle Games-Überraschungsei. Es ist ein schöner Beweis dafür, wie vielschichtig und unterschiedlich Computerspiele sein können.

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