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YIIK: A Postmodern RPG

Ackk Studios

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Mit dem Plattenspieler gegen den Weltuntergang

Das surreale Rollenspiel „YIIK: A Postmodern RPG“ ist voll mit Hommagen, unkoventionellen Ideen, aber auch einigen schlechten Design-Entscheidungen.

Von Christoph Sepin

Als „YIIK“ vor ein paar Jahren zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, war das Spiel schon mal vielversprechend: ein retroaffiner Grafikstil zwischen Minimalismus und Cartoonoptik, eine Gruppe unkonventioneller Hauptcharaktere und ein düsteres, geheimnisvolles, aber gleichzeitig farbenfrohes Setting.

Jetzt ist „YIIK: A Postmodern RPG“, wie sich das Spiel mit vollem Titel nennt, für PS4, Switch und Steam erschienen und erfüllt viele Erwartungen - enttäuscht aber doch recht schnell in mehreren Bereichen.

Am Anfang ist aber alles noch sehr bunt und rosig: Der Kunststudent Alex kommt von der Uni zurück in seine kleine Heimatstadt, hat keinen Job und zieht wieder bei seiner Mutter ein. Es ist das Jahr 1999. Als Alex spaziert man durch die Stadt, redet mit den Bewohnern und schaut sich um. Der Grafikstil ist einladend, der Soundtrack hervorragend, der Ersteindruck positiv.

Hier begegnet man einem Hauptcharakter, den man so nicht oft in Videospielen sieht: Ein besserwisserischer und gleichzeitig naiver Slacker, frisch vom College, fasziniert mit Platten und Popkultur, der langsam, aber sicher realisiert, dass es Zeit wird erwachsen zu werden.

YIIK: A Postmodern RPG

Ackk Studios

Zufällig stolpert Alex in ein Mysterium, das ihn aus seiner simplen Welt herausreißt, und sieht sich mit surrealen Welten zwischen Traum und Realität konfrontiert. Gemeinsam mit einer Gruppe ähnlich desillusionierter Mittzwanziger macht sich Alex auf die Suche nach Antworten und lernt immer mehr über die titelgebende Gefahr: Das Y2K genannte Phänomen der in den Spät-90ern entstandenen Befürchtungen, dass zum Jahreswechsel auf 2000 Computerbugs das Ende der Welt herbeiführen könnten.

„YIIK“ ist ein klassisches JRPG, eine Gattung Rollenspiel von früher vor allem japanischen Entwicklern, in dem es gilt, riesige Welten zu entdecken, rundenbasierte Kämpfe auszufechten und Dutzende Stunden im Spiel zu verbringen. Nur eben dass hier keine fantastischen Abenteuer in mystischen Welten im Fokus stehen, sondern ein paar Hipster in einer US-Kleinstadt. So gut das grundlegende Setting des Spiels ist, so schnell tauchen aber auch die ersten Designprobleme auf, die sich häufen und aus „YIIK“ ein frustrierendes statt unterhaltsames Erlebnis machen.

Angefangen bei Protagonist Alex: Die Absicht der Entwickler, hier einen Charakter mit Fehlern, derer er sich erst im Laufe des Spiels bewusst wird, in den Mittelpunkt zu stellen, ist klar. Trotzdem verbringt man so viel Zeit mit Alex, seinem platten, inneren Monolog und seiner langsam entstehenden, von Selbstmitleid durchzogenen Selbsterkenntnis, dass man irgendwann am liebsten im Schnelldurchlauf durch Dialogzeilen und Cutscenes springen will.

YIIK: A Postmodern RPG

Ackk Studios

Es gibt schon einen Grund, warum Rollenspiele oft einen „Silent Protagonist“ haben. Einen Hauptcharakter, der wenig bis gar nicht spricht und eher als Avatar für die Spieler und Spielerinnen gilt. Vor allem in einem Spielgenre, in dem man oft über hundert Stunden an Zeit verbringt, macht das Sinn gegen Langeweile und Frustration.

Aber da hören die Probleme in „YIIK“ nicht auf: Die rundenbasierten Kämpfe gegen unterschiedlichste, fantastische Monster werden von den Protagonisten weniger mit Waffen als mit Plattenspielern, Fotoapparaten und Hula-Hoop-Reifen ausgefochten. Das ist eine unterhaltsame, clevere Idee, auch wenn beispielsweise unvorteilhafte Fotos von Gegnern gemacht werden können, um diese dann wiederum zu schwächen.

YIIK: A Postmodern RPG

Ackk Studios

Im Gegensatz zu anderen JRPGs wird das hier aber nicht durch einfaches Knopfdrücken, sondern durch verschiedene, zeitintensive Minispiele gemacht: Unterschiedliche Kombinationen müssen rechtzeitig eingegeben werden, um erfolgreich zu attackieren oder auszuweichen. Abwechslung kommt wenig in das Konzept, Kämpfe dauern trotz einer Vorspulfunktion ewig und wieder taucht Frustration auf. Bis man Gegnern lieber gleich aus dem Weg geht.

Und das ist die Sache mit „YIIK“: Wenn ein Rollenspiel zwei der grundlegendsten Spielmechaniken nicht unterhaltsam umsetzen kann, Kampfsystem und Story, dann hilft auch die beste Welt, die rundherum aufgebaut wird, wenig. Was schade ist, denn die ist hervorragend und will auch entdeckt werden: Plattenläden, in denen man neue Musik kaufen kann, Fast-Food-Ketten, Spielhallen und zahlreiche wunderliche Charaktere, die amüsante Geschichten zu erzählen haben - und interessanter wirken als der eigentliche Protagonist Alex. Auch der fantastische Lo-Fi-Elektro-Soundtrack muss nochmal erwähnt werden. Aufgrund seiner Probleme bleibt „YIIK“ im Endeffekt aber doch nur ein Spiel, das großartig werden hätte können, wären manche Entscheidungen in der Designphase anders gefallen.

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