Der Zauberer von ATL

Auf dem neuen Album „The Wizrd“ verwandelt sich der Rap-Visionär aus Atlanta zum wiederholten Mal in ein neues Alter Ego - der FM4 HipHop-Lesekreis hat den Opener „Never Stop“ analysiert.

Von Stefan „Trishes“ Trischler

Was ist los, Future? fragte sich die Rap-Presse, weil er nach sehr releasereichen Jahren 2018 „nur“ den Soundtrack zu einem Blaxploitation-Remake produziert, sowie ein Kollabo-Mixtape mit dem Kollegen Juice WRLD aufgenommen hat und an durchaus hochkarätig besetzten Singles beteiligt war. Vielleicht hatte er einfach genug von dem sich immer schneller drehenden Karussell des Erwartungsdrucks, wollte nach Jahren der medialen Belagerung einmal in Ruhe Zeit mit seinen Kindern verbringen oder den Tod seines langjährigen Studio-Partners und andere persönliche Rückschläge verarbeiten. Wahrscheinlich war der Workaholic aber ohnehin im Studio und hat viele Songs aufgenommen, diese aber erst jetzt auf The Wizrd versammelt.

In der namensgleichen Doku, die man leider nur mit Apple Music Abo sehen kann, erzählt Future unter anderem auch über sein nicht gerade behütetes Aufwachsen und die Depressionen, die ihn plagen - und die man auch einigen seiner Songs anhört. Auf der positiven Seite hört man darin aber auch Andre3000 als Superfan und Analytiker kluge Dinge über Future sagen. Der ist ja eine spätere Generation der Dungeon Family, die sich in den frühen 90ern um das Produktionsteam Organized Noise, Outkast und Goodie Mob formierte - wie übrigens auch Run The Jewels-Hälfte Killer Mike, über dessen neue Serie wir auch noch sprechen müssen.

In weiteren guten Future-News hat der Rapper dem Codein-Cocktail Lean abgeschworen, traute sich aber laut diesem Interview eine Weile nicht, darüber zu sprechen. Weil er fälschlicherweise sehr auf seinen Substanzen-Konsum reduziert wird, befürchtete der Rapper, dass die Fans ihm diese Lifestyle-Veränderung übel nehmen und seine Musik nicht mehr so lieben würden.

Dabei gibt es auf The Wizrd weiterhin die typisch treibenden Trap-Kracher wie F&N oder Faceshot zu hören, aber eben auch introspektivere Stücke wie Temptation oder den Opener Never Stop. Anhand des letzteren habe ich mit Mahdi Rahimi genauer über Future und das neue Album gesprochen, wobei auch der selbsternannte Groß-Ayatollah des Future Hives zugeben musste, dass die 20 Songs eine Spur zu lang sind. Das mit dem Overachieven ist eben ein großes Missverständnis!