FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Mann trägt große Oscar-Statue auf der Schulter

dpa

Oscar-Nominierungen 2019

Mit je 10 Nominierungen für „The Favourite“ und „Roma“ gehen zwei aufregende Arthausfilme als Favoriten ins Oscarrennen, aber auch „Black Panther“ wurde als „Best Picture“ nominiert. Größte Freude: Oscarnominierung für Adam Driver. Größter WTF- Moment: „Bohemian Rhapsody“ ist ebenfalls als „Best Picture“ nominiert.

Von Pia Reiser

Es gibt dieses Jahr übrigens wieder einen Oscar-Liveticker: Auf ORF.at tickern Simon Hadler, Florian Bock, Günter Felbermayer, Lukas Krummholz und ich ab Mitternacht - vom Roten Teppich bis zur bis zur Verleihung des Preises für den besten Film.

Auch die Academy of Motion Pictures Arts and Sciences hat mit Marie Kondo entrümpelt. Üblicherweise wurden um diese Zeit schon pathetische Trailer für die Oscarverleihung veröffentlicht und neue Mottos aus der Nase gezogen von you are invited zu we dream in gold. Dieses Jahr aber: Keine Clips, kein Motto, kein Host. Die Nominierungen wurden heute mit weniger getragener Feierlichkeit als sonst bekannt gegeben: Tracee Ellis Ross (Tochter von Diana) und Kumail Nanjiani haben im Grunde 15 Minuten lang drüber geredet, wie müde sie sind und zwischendrin die Nominierungen vorgelesen. Hinter ihnen: Eine ziemlich hässliche Buchenholz-Einbauschrankwand mit - you guessed right - Oscars.

Die größte Frage vor der Bekanntgabe der Nominierungen war: Schafft es „Black Panther“ in die Königskategorie „Best Picture“, die Antwort lautet: Ja. Superheldenfilme, sonst immer mit Nominierungen in den technischen Kategorien abgespeist, wurden einerseits nicht ernst genommen, andererseits muss man auch sagen, dass vor „Black Panther“ nichts aus der Marvel-Fabrik eine derartig popkulturelle Relevanz hatte. Nur selbst so ein funkelnder Moment, wie ihn „Black Panther“ letztes Jahr hatte, wäre früher an den AMPAS vorbeigegangen, diese Zeiten sind aber nun vorbei.

szenenbilder von "black panther"

marvel studios

Black Panther

Außer „Black Panther“ in der Kategorie „Best Picture“ nominiert sind „BlacKkKlansman“, „A Star is Born“, „Vice“, „Roma“, "Green Book, „The Favourite“ und fürchterlicherweise auch der Autounfall von einem Film „Bohemian Rhapsody“. Da ist wohl der Queen-Ohrwurm mit der Academy durchgegangen. Üblicherweise gewinnt „Best Picture“ ein Film, der auch in der Kategorie „Best Achievement in Directing“ nominiert ist, das macht dann folgende Filme zu Favoriten: „BlacKkKlansman“ (Spike Lee),
„Cold War“ (Paweł Pawlikowski), „The Favourite“ (Yorgos Lanthimos), „Roma“ (Alfonso Cuaron) und „Vice“ (Adam McKay).

All diese Filme haben im Kern eine „wahre Geschichte“, mit „Roma“, „The Favourite“ und „Cold War“ ist hier der Arthausfilm stärker als sonst vertreten. Auffällig ist hier die fehlende Nominierung für Peter Farrelly („Green Book“), das wär an sich ein klassischer Oscarkandidat (wahre Geschichte, USA-Erklärungsfilm, Beschäftigung mit Rassismus), aber vielleicht sind Regisseur Farrelly doch seine penis pranks noch zum Verhängnis geworden.

Filmstill "The Favourite"

Yorgos Lanthimos

The Favourite

„The Favourite“ und „Roma“ gehen mit jeweils 10 Nominierungen als Favoriten ins Oscarrennen, die Chronik einer mexikanischen Familie und ein bissiges Kostümdrama, das auf Anachronismus statt auf historische Genauigkeit setzt. Das ist ein großer Triumph für Netflix, der sich mit „Roma“ jetzt wohl endgültig vom Patschenkino-Streaming-Giganten zum Mitspieler in der Filmindustrie etabliert hat. Die Netflix-Production „The Ballad of Buster Scruggs“ ist ebenfalls mit drei Nominierungen dabei (Best Costume, Best Original Screenplay und Best Song).

Trotz gleicher Anzahl der Nominierungen hat vielleicht „The Favourite“ (alle sind gleich, aber manche sind gleicher!) doch ein Eitzerl mehr Gewinnchancen, da auch drei Schauspielerinnen - und Stars - nominiert sind: Emma Stone und Rachel Weisz in der Kategorie „Best Supporting Actress“ und Olivia Coleman als „Best Actress“. Yalitza Arapicio ist für „Roma“ als „Best Actress“ nominiert und Marina de Tavira als „Best supporting actress“, aber ich habe so das Gefühl, dass der Oscar für Olivia Coleman schon ausgemacht ist. Ebenfalls nominiert in der „Best Actress“ Kategorie sind Glenn Close („The Wife“), Melissa McCarthy („Can you ever forgive me“) und Lady Gaga („A Star is Born“). Glenn Close könnte eventuell eine Konkurrentin sein, weil sie schon oft nominiert war, aber noch nie einen Oscar bekommen hat. Aus der Nominierung für Toni Collette („Hereditary“) ist dann wohl doch nichts geworden.

Rami Malek als Freddie Mercury

Centfox

Bohemian Rhapsody

Für Rami Malek hätte man die Kategorie „Schauspielerische Leistung, die einen miesen Film vor dem Totaluntergang rettet“ einführen müssen, da es die nicht gibt, ist auch Malek in der Kategorie „Best Actor“ nominiert, aber der Preis wird wohl an Christian Bale gehen, der sich für „Vice“ in Dick Cheney verwandelt hat. Außerdem nominiert: Viggo Mortensen („Green Book“), Bradley Cooper („A Star is Born“), Willem Dafoe („At Eternity’s Gate“). Die größte (positive) Überraschung war wohl die Nominierung für Adam Driver als „Best supporting actor“ in „BlacKkKlansman“, Favorit in dieser Kategorie ist momentan Mahershala Ali in „Green Book“, ebenfalls nominiert: Sam Elliot („A Star is Born“), Richard E. Grant („Can You Ever Forgive Me“) und Sam Rockwell („Vice“). Rockwell wurde letztes Jahr in dieser Kategorie für „Three Billboards outside Ebbing, Missouri“ ausgezeichnet.

"Roma" Filmstill

Netflix

Roma

Oscar-Liveticker in ORF.at

ORF.at wird - unterstützt von FM4 - in der Nacht auf Montag mit einem Liveticker von der Oscar-Verleihung berichten - mit Kommentaren, Videos, Fotos und Social-Media-Inhalten vom roten Teppich bis zur Verleihung des Preises für den besten Film. ORF eins berichtet ab 0.55 Uhr. Um 2.00 Uhr wird die Oscar-Verleihung übertragen, die für drei Stunden anberaumt ist, aber auch länger dauern kann. Am Montag um 21.05 Uhr folgen „And the Oscar goes to - Die Highlights aus Los Angeles 2019“ in ORF eins und um 22.30 Uhr in ORF2 „kulturMontag“.

Die Nominierung von „Roma“ als „Best Picture“ und als „Best Picture in a Foreign Language“ ist wohl die Art der Oscars zu sagen: Keine Mauern mehr. „Roma“-Regisseur Alfonso Cuaron hat auch schon mehrmals bekannt gegeben, dass er nicht daran denkt, eine englische Synchronisation von „Roma“ zu machen. Die zweitgrößte Ohrfeige nach der Nominierung von „Bohemian Rhapsody“ als Best Picture ist sicherlich die Nominierung des Pathosschinken „Werk ohne Autor“ in der Kategorie „Best Picture in a Foreign Language“, außerdem nominiert: „Capernaum“ (Libanon), „Cold War“ (Polen) und „Shoplifters“ (Japan).

Die Regie-Kategorie ist erneut rein männlich, doch die Schauspiel-Kategorien sind nicht mehr #oscarssowhite, immerhin sind dieses Jahr fünf nicht-weiße SchauspielerInnen nominiert: Mahershala Ali, Regina King, Marina de Tavira und Yalitza Arapicio.

Die Nominierungen von „Black Panther“ und „Bohemian Rhapsody“ kann man wohl auch an ein Zugeständnis an das Blockbuster-Kino sehen, den Oscars wurde ja sehr oft vorgeworfen, Filme auszuzeichnen, die das Publikum nicht interessieren. Die Idee der Kategorie „Best popular Picture“ hat man ja glücklicherweise wieder verworfen, doch mit der Nominierung der beiden Box-Office-Einserschüler kann die Academy of Motion Pictures Arts and Sciences auch eventuell auf ein bisschen höhere Einschaltquoten hoffen.

mehr Pia Reiser:

Aktuell: