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Sudabeh Mortezai

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FM4 Filmgeschichten

FM4 Filmgeschichten mit Sudabeh Mortezai

Der Spielfilm „Joy“ über die Ausbeutung in der Zwangsprostitution entwickelt sich zum hochaktuellen Exportschlager des österreichischen Kinos. Der internationale Preisregen lässt nicht nach. Nach Auszeichnungen in Venedig, London, Chicago und Marrakesch taucht mit Regisseurin Sudabeh Mortezai, ein neuer Name und eine frische Haltung am internationalen Festival-Parkett auf.

Von Petra Erdmann

Für „Joy“ und ihren harten Einblick in den Alltag einer nigerianischen Zwangsprostituierten in Wien hat Sudabeh Mortezai letzten Samstag auch noch den Max Ophüls Preis für den gesellschaftlich relevanten Film erhalten und ihre fabelhafte Laiendarstellerin Joy Anwulika Alphonsus den Schauspielpreis. In FM4 Filmgeschichten spricht die Regisseurin über ihre Umwege zum Kino.

Sudabeh Mortezai mit Petra Erdmann

Radio FM4

Sudabeh Mortezai zu Gast bei Petra Erdmann im FM4 Studio

Sudabeh Mortezai lebt seit ihrer Teenagerzeit in Wien. Zum Filmemachen ist die Regisseurin mit persischen Wurzeln relativ spät gekommen. Auch wenn sie, wie sie sagt, aus einer Familie feministischer Filmfreaks stammt: Das geringe Selbstbewusstsein, selbst Regie führen zu können, hat lange an ihr genagt.

FM4 Filmgeschichten mit Regisseurin Sudabeh Mortezai

Am Sonntag, 27. Jänner ab 15 Uhr in FM4 Connected und gleich im Anschluss auch für sieben Tage zum Anhören im FM4 Player.

„Ich habe es mir nicht zugetraut, selbst Filme zu machen. Das war typisch für mich und andere junge Frauen, während die Burschen kein Problem haben, sich hartnäckig ihre Träume zu erfüllen.“

Nach einem Studium der Theaterwissenschaft und Jobs in der Branche konnte sich Mortezai erst in Los Angeles während eines Filmstudiums das nötige Selbstbewusstsein holen, um ihre eigenen Geschichten im Kino zu erzählen. Zunächst sind es Dokumentarfilme, die sie realisiert. In „Bazar der Geschlechter“ verfolgt Mortezai das Phänomen der Zeitehe, einer religiösen Praxis und eines Schlupflochs für unverheiratete Paare im Iran, Sex haben zu können. Das Projekt hat Folgen – seit 2009 darf Sudabeh Mortezai nicht mehr in den Iran einreisen.

Seit ihrem Spielfilmdebüt „Macondo“ über einen tschetschenischen Flüchtlingsjungen am Rande von Wien konzentriert sich Mortezai auf das fiktive Kino. Da schlägt sie harsche und semidokumentarische Töne an. Die Leinwandrealität von Benachteiligten und Minderheiten, die Subdabeh Mortezai gerne inszeniert, hat mit engagiertem Multikulti-Kino nicht zu tun und ist stets auf der Hut vor dem schnell erhobenen Zeigefinger.

Joy

Filmladen

In ihrem zweiten Spielfilm „Joy“ durchstreift die Regisseurin ein Rotlicht-Milieu, in dem es nicht von Strizzis wimmelt oder Georg Friedrich die Wiener Unterwelt schauspielerisch absteckt. „Joy“ entführt in ein dunkles, unbekanntes Terrain in Österreich. Nigerianische Frauen beuten sich gegenseitig aus. Auf dem Straßenstrich und in ihren engen Garconnieren begleichen die Prostituierten ihre Schulden. In jahrelanger Sexarbeit liefern sie das Geld bei ihren Zuhälterinnen, den sogenannten „Madames“, ab. Danach schließt sich der Teufelskreislauf. Aus einer ehemaligen Prostituierten wird eine Geschäftsfrau, die wiederum Frauen für sich schuften lässt.

„Es war ein Gefühl aus Schock und Empörung, dass eine Frau, die selbst Opfer der Ausbeutung wurde, so etwas macht“, erzählt Sudabeh Mortezai von ihren Recherchen in Österreich und Nigeria.

„Doch dann habe ich kapiert, dass man sich eine moralische Position erst leisten können muss. Das können diese Frauen ohne Perspektiven in Nigeria nicht. Das können wir uns in Europa, aus unserer privilegierten Situation heraus, erlauben, Opfer und Täterinnen zu beurteilen.“

Joy

Filmladen

Die Regisseurin Sudabeh Mortzai rückt nicht die Geschichten von weißen NGO-Mitarbeiterinnen oder weißen Freiern ins Zentrum ihrer Arbeit. Sie begegnet ihren Protagonistinnen auf Augenhöhe. Ihre Laiendarstellerinnen castet sie in der Community. Sudabeh Mortezais Filme entwickeln dadurch einen speziellen Sog, der ZuschauerInnen mit neuen Blickwinkeln und Emotionen im Kinoraum konfroniert.

„Es stört mich bei Filmen mit sozialen Themen, die zwar sehr wohlmeinend sind, aber selten aus der Sicht der Betroffenen erzählt werden.“

FM4 Filmgeschichten mit Regisseurin Sudabeh Mortezai

Am Sonntag, 27. Jänner ab 15 Uhr in FM4 Connected und gleich im Anschluss auch für sieben Tage zum Anhören im FM4 Player.

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