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Von Lebenderregern und Unsicherheiten

In Graz schauen zurzeit viele nach den Kürzeln in ihrem Impfpass. Nachdem Fälle von Masern-Erkrankungen publik wurden, wird das Impf-Service der Stadt Graz verstärkt genutzt. Menschen stehen für die Impfungen Schlange.

Von Maria Motter

Schon ein an Masern erkrankter Mensch kann unwissentlich viele weitere anstecken. Der Virus bleibt oft lange unentdeckt, denn Symptome wie Kopfschmerzen und Fieber, Augenentzündung und der typische Hautausschlag treten erst auf, wenn man längst infiziert ist.

Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit. Auch in industrialisierten Ländern verstirbt eines von 1000 erkrankten Kindern an der Infektion. Bis 2020 sollten Masern eigentlich eliminiert sein - so der Plan der der WHO, der Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen. Doch das würde eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent erfordern und davon ist Österreich weit entfernt.

Wo ist mein Impfpass?

In der Steiermark sind kürzlich einige Masernerkrankungen publik geworden, ein erkrankter Jugendlicher hatte im LKH ein Baby mit dem Masernvirus infiziert. Die Durchimpfungsrate, eine mögliche Impfpflicht oder generell die Frage impfen - Ja oder Nein wird momentan wieder häufig diskutiert.

Im Grazer Amthaus, auf der Impfstelle, hat der diensttuende Arzt gerade 138 Menschen binnen fünf Stunden geimpft, erzählt er, während ich den Jackenärmel hochziehe. Ein schönes Medizinglas steht vor dem Mann im weißen Kittel. Die Flüssigkeit wird zu dem Pulver aufgezogen, geschüttelt und gespritzt. Die Dreifach-Immunisierung gegen Masern, Mumps und Röteln ist gerade der Renner auf der Impfstelle der Stadt Graz.

Im Amtshaus in der Schmiedgasse muss man sich schon am Morgen entschuldigend durch die wartenden Menschen drängen, um den Gang zu passieren. Studierende, Eltern mit kleinen Kindern und ältere Damen ergänzen ihre Daten auf Fragebögen. War man kürzlich krank, sind Allergien bekannt und: Sind Sie schwanger? Grüne, grünbläuliche und gelbe Impfpässe werden gezückt, die eingetragenen Kürzel studiert. Erleichterung beim Lesen eines Kürzels: In der Kindheit hat der Körper die Bekanntschaft mit Lebenderregern gemacht, heute steht somit die zweite und damit letzte Impfung gegen Masern an. Wenn ich dann mit einem Wilderreger in Kontakt komme, bin ich geschützt.

Ein Stich und die Bitte, noch eine halbe Stunde am Gang zu warten. Nur für den Fall, dass Nebenwirkungen auftreten würden. Es gibt ein Impfschadensgesetz, für anerkannte Impfschäden gibt es Schadenersatz. Alle niedergelassenen Ärzte und Impfstellen sind angehalten, Nebenwirkungen zu melden.

Heute in FM4 Auf Laut: „Impfmüde?"
Gibt es eine moralische Verpflichtung sich impfen zu lassen? Wer trägt die Verantwortung bei Ansteckungswellen? Wie wirken sich die aktuellen Epidemien auf das Risikobewusstsein aus?
Ali Cem Deniz diskutiert in FM4 Auf Laut mit ExpertInnen und AnruferInnnen.

Es fühle sich an, als ob die Spritze noch immer drinstecken würde, klagt ein Volksschulkind sein Leid. Sein Teddybär lugt aus seiner Winterjacke, er hat ihn sich vor die Brust gesetzt. Seine Erziehungsberechtigten hatten die Wahl: Entweder das Kind kann einen Impfpass und die Impfung vorweisen oder es muss der Schule die kommenden drei Wochen fernbleiben.

Impf-Service

"Wenn ich schon selber nicht erkranke, möchte ich etwas zum Herdenschutz beitragen“, erklärt eine Dame, warum sie die Service-Aktion der Stadt nützt. Beruflich habe sie mit vielen Menschen zu tun. „Ich finde es unverantwortlich, sich nicht impfen zu lassen“. Auf einer Wartebank sitzen vier Generationen Frauen einer Familie, ein Mädchen mit seiner Mama, der Großmutter und der Uroma. Die Omi ärgert sich sehr über „all die Biomütter, die ihre Kinder gegen gar nichts impfen lassen“. Ihre Tochter, Mutter eines Kindergartenmädchens, kennt die Diskussion ums Impfen-Lassen aus dem eigenen Freundeskreis. Sie sagt, sie könne die Einstellungen anderer Eltern nur akzeptieren.

Die Impfstelle hier in Graz bietet die kostenlose Dreifachimpfung gegen Röteln, Mumps und Masern das ganze Jahr hindurch an. „Manche Eltern sind äußerst gewissenhaft und bieten den Kindern, dass sie ein geschütztes und gesundes Leben vor sich haben. Andere Eltern sind auch sehr, sehr gewissenhaft. Aber oft ist das Kind gerade krank, wenn man die Impfung machen sollte, oder manche sind beruflich sehr engagiert“, sagt die Ärztin Renate Nakolnig-Molnar. „Infektionskrankheiten stehen im Alltag nicht im Vordergund. Man denkt nicht jeden Tag daran, sondern erst dann, wenn etwas passiert. Gott sei Dank nehmen es die Eltern dann wahr.“

Impfen: Ja oder Nein?

Manche ÖsterreicherInnen sehen Impfungen für ihre Kinder aber auch kritisch. Für die Ärztin Renate Nakolnig-Molnar ist das nicht nachvollziehbar. „Wenn ich die Möglichkeit habe, einen gefährlichen Beißer an die Leine zu nehmen und mit Maulkorb ruhig zu stellen, dann ist das eine Möglichkeit, die ich nicht versäumen darf“, vergleicht sie den Masernvirus mit einem Hund und tut ihre Überzeugung kund.

Masern Virus

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„Viren sind gemeiner als Bakterien zum Beispiel. Bei Bakterien hoffen wir ja, dass wir mit einem Antibiotikum dagegen ankommen. Das können wir mit Viren nicht machen. Viren schleusen sich ein, machen sich meine eigenen Körperzellen zunutze, damit sie sich vermehren können, und sind daher dann ganz, ganz gemeine ‚Bewohner‘. Und mit einer Impfung kann ich das verhindern.“

Was die Versorgungslage mit Impfstoff betrifft: Die Stadt hat ein großes Kontingent. Niemand brauche sich Sorgen zu machen, die Impfung nicht zu bekommen.

FM4 Auf Laut: "Impfmüde?

Gibt es eine moralische Verpflichtung, sich impfen zu lassen? Wer trägt die Verantwortung bei Ansteckungswellen? Wie wirken sich die aktuellen Epidemien auf das Risikobewusstsein aus? Ali Cem Deniz diskutiert am Dienstag in FM4 Auf Laut mit ExpertInnen und AnruferInnnen.

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