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Cover Buch Mindstate Malibu

starfruit publications

„Authentizität ist over“

Ein Sammelband wie ein wildgewordener Ted-Talk auf hoher See. Worüber? Über die Generation, die die perfekte Caption für dieses Bild hätte. Die hungrigen Jungen, die auf Performance im Internet und nicht auf Poetry-Slam schwören.

Von Gersin Livia Paya

Cover Buch Mindstate Malibu

starfruit publications

„Mindstate Malibu“ ist im starfruit Verlag erschienen.

Der starfruit Verlag also - ein paar Googlesuchen später weiß man, dass dieser Verlag ein Faible dafür hat, Literatur mit Kunst zu vereinen. Und mit „Mindstate Malibu - Kritik ist auch nur eine Form von Eskapismus“ hat starfruit durch die Zusammenarbeit mit dem Nürnberger Institut für Moderne Kunst, aus Tweets, Interviews, Essays, Fotografien und Zeichnungen eine Anthologie ganz in dieser Manier geschaffen.

Mehr als ein Kunstbuch

Allerdings ist „Mindstate Malibu“ nicht wie ein Kunstbuch aus dem Museumsshop, vielmehr ist es eine wahr gewordene, 320 Seiten lange TED-Performance mit jeder Menge smarter Kritik an der hiesigen Popkultur.

„Wir Kinder dieser dunklen Zeit wissen es doch längst: Die Wirklichkeit ist ein Wirbel aus Performances. Und du, du bist nur die Frage danach, wie konsequent ein Als-ob-Szenario durchgezogen ist. Wie stringent eine Performance, wie gewitzt ein Fake ist. Du bist eine bewusste künstlerische Strategie, eine kalkulierte artifizielle Technik. Hier also zeigst du dich in einem neuen Gewand. Du Tausendsassa, du Schlawiner.“

„Mindstate Malibu“ könnte wie ein greifbares Instagram verstanden werden: Kritik, Irrsinn, Schwachsinn mit Sinn, Wohlgefühl, Unterhaltung, Neid und Bilder. Alles ist durchdacht, klingt sogar nach, wie einer der guten Facebook Stati. Plus genauso viel Ehrfurcht davor, wie vor der Mehrzahl von Status (siehe oben).

Mindstate Malibu

starfruit / Gersin Livia Paya

„Die Form und die Lust am Spiel sind entscheidend. Das heißt, man darf über Koks rappen, ohne wöchentlich 20 Kilo getickt zu haben. Man muss nicht echt sein, um etwas echt zu machen. Man muss es nur machen. Die Figur entsteht im Handeln“, so Johannes Hertwig, einer der Berliner Köpfe in „Mindstate Malibu“. Hertwig hat gemeinsam mit anderen AutorInnen und KünstlerInnen, ein neues Generationen-Manifest geschaffen. So sagen es zumindest andere Pressestimmen aber auch ich stimme dieser Meinung zu.

Wahrscheinlich, weil ich auch in diese Neon-Hölle reingefallen bin. Ein Neonröhren-Teufel tanzt einem die Text-Passagen bei loderndem Kamin-TV vor. Und mit absoluter Vollkommenheit fühlt sich der kritische Hipster mit beinahe jedem Satz und Bild angesprochen. Genau dieser Trugschluss ist das Lebenszeichen dieses Werkes.

„Mindstate Malibu - Kritik ist auch nur eine Form von Eskapismus“ hat mehrere AutorInnen: Startup Claus, Creamspeak, Joshua Groß, Johannes Hertwig Leonhard Hieronymi, Rafel Horzon, Kurt Prödel, uvm.

Distanz zum Thema und Nähe zum Buch

„Man könnte sagen: Everything is used nowadays. Wir haben hier für alles Verwendung. Wir brauchen keine Besitztümer mehr, keine Dinge, mit denen wir uns ausdrücken könnten, seien sie nun materiell oder immateriell. Dafür haben wir jetzt die anderen Welten.“

Nur wer es auch vom Mond aus und nicht nur von der Erde aus lesen kann, kommt mit der Geisteshaltung und Angriffs des Malibu klar. Es wird mit viel „Grind“ geschrieben. Also nur mit Distanz zum Thema und Nähe zum Buch, kann man sich durch die Neon-Ästhetik des „Mindstate Malibu“ performen. Und genau um die Performance, die wir mit dem Daumendruck auf unserem Smartphone in die Realität pushen, um diesen Image-Zirkus geht es.

Mindstate Malibu

starfruit / Gersin Livia Paya

„Authentizität ist over
Authentizität war niemals richtig on
Authentizität ist yet to come
Oder vielleicht auch nie, denn vermutlich ist es so: Das Wahre ist eine Nuss aus Titan. Erstens nicht zu knacken und zweitens nur ein Produkt meines Geistes.“

„Mindstate Malibu“ sieht zwar so aus, als wäre es ein Screenshot aus den Fotoautomaten der Urban Outfitters Stores, liest sich „aber“ wie eine Insta-Story, in der man ständig vor und zurück sliden möchte. Es ist gelinde gesagt ein längst fälliges Manifest unserer Zeit, zusammengetragen von und für Menschen, die im Jetzt hängen und immer wieder den eigenen Lebens-Browser neu laden möchten.

Und um es mit den Wortes des „Mindstate Malibu“ abzuschließen: „Wem das alles zu blöd oder zu kompliziert ist, der kann beruhigt sein. Das Wichtigste am Grind ist, den Grind zu fühlen und zu leben. Wie die Grind-Gang.“

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