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Jessica Pratt

Saamuel Richard

Jessica Pratt

Die kalifornische Songschreiberin Jessica Pratt öffnet sich auf ihrem neuen Album „Quiet Signs“: Akustische Dreampop-Songs, die so zart sind wie Spinnweben. Musik zum Tagträumen, aber auch für die Geisterstunde.

Von Eva Umbauer

Der Name Jessica Pratt steht unter Alternative-Music-LiebhaberInnen für eindringlich-entrückte Songs. Freak-Folk à la Joanna Newsom? Anleihen von britischem Folk aus den 60er Jahren? Eine junge Marianne Faithfull?

Die Stirnfransen tief in die Augen gezogen, den Blick auf ihre Gitarre gesenkt, während sie im Fingerpicking-Stil die Saiten ebendieser zupft. Schwarze Bluse und schwarze Lederhose; ein bisschen L.A.-Rock à la Courtney Love?

Jessica Pratt "Quiet Signs" cover

Jessica Pratt

„Quiet Signs“ von Jessica Pratt ist am 8.2.2019 via City Slang & Mexican Summer erschienen.

So viele Assoziationen, wenn es um Jessica Pratt geht, und doch trifft letztlich keine zu, denn niemand ist wie Jessica Pratt. In einer der Singles vom neuen Album, in „Poly Blue“, heißt es: „The lonely days go by...“. Einsamkeit und das Vergehen der Zeit, das sind jedenfalls nicht unwichtige Bilder in den Songs von Jessica Pratt. Auch wenn dieses Mal alles ein wenig anders ist.

Quiet Signs

Ein Album „wie aus einem Guss“ wollte die US-Musikerin erschaffen, eines, dessen Songs zusammenhängen, eine Einheit bilden. Musik nicht nur für sich selbst zu machen. Homerecordings aus dem Wohnzimmer interessierten Jessica Pratt nach ihren beiden ersten Alben nicht mehr.

Zum ersten Mal suchte sie in New York ein professionelles Tonstudio auf, um ihre Songs einzuspielen. Ein Plattenlabel für Europa hat sie neuerdings auch gefunden: City Slang in Berlin, wo etwa auch US-MusikerInnen wie Calexico, Laura Gibson oder Bayonne ihre Musik veröffentlichen.

Alles war diesmal also etwas anders als in der Vergangenheit, es hatte eine gewisse Struktur, einen gewissen Ablauf, eine gewisse Professionalität. Der Zauber des musikalischen Projekts Jessica Pratt ist dennoch nicht verlorengegangen, ganz im Gegenteil. Wie eine Bildhauerin legt Pratt Schicht für Schicht die Form und Struktur ihrer Songs frei. Vier Jahre lang hat sie sich dafür Zeit genommen.

Wer ist Jessica Pratt?

Jessica Pratt kommt aus einem Ort im Norden von Kalifornien, der dem Nachbarbundesstaat Orgon näher ist als Los Angeles. Sie hätte nach Portland, Oregon gehen können, oder vielleicht auch nach Seattle, aber sie hat sich nach San Francisco für Los Angeles entschieden, wo sie im Osten der riesigen Stadt lebt.

Kein Meer, kein Strand weit und breit, aber das macht nichts. Jessica Pratt stellt man sich ohnehin nicht auf einem Surfbrett vor, sondern den dunklen Rock einer vergangenen L.A.-Band wie The Gun Club hörend vor, oder beim lauschen des Tim Buckley-Albums „Greetings From L.A.“, das Anfang der 1970er Jahre erschien und eine Lieblingsplatte ihrer Mutter war.

„My mother was a wonderful person, extremely curious, always discovering new things and playing new music around the house. She was so appreciative and childlike when it came to discovering things she was interested in - music, film, literature, etc.“

Jessica Pratts Mutter ist früh gestorben. Sie war Alleinerzieherin und hatte Schallplatten von der kalifornischen Punkband X bis zu den englischen 70er Jahre Glamrock-Stars T.Rex. Das T-Rex-Album „Electro Warrior“ bildete dann auch die Vorlage zum Gitarrespielen für Jessica Pratt, als sie sechzehn Jahre alt war. Jessicas Mutter besaß Gitarren, und eine davon spielte Jessicas älterer Bruder; als er damit aufhörte, übernahm sie selbst das Instrument.

Die Musik von Jessica Pratt ist besonders schön, wenn ihre Gitarre und auch ihr Gesang einen zarten Brazil-Vibe ausstrahlen. Entspannte brasilianische Popmusik, wie Astrud Gilberto oder Caetano Veloso sie in den 1960er und 70er Jahren spielten.

Aber auch einen beinahe-Popsong zaubert Jessica Pratt mit „Here My Love“ aus dem Ärmel und erinnert dabei fast ein wenig an Nina Persson und die Cardigans.

In den neuen Songs von Jessica Pratt finden sich neben der Gitarre auch ein Piano, eine Orgel, eine Flöte - welche besonders gut harmoniert mit Jessicas ganz besonderer Stimme - oder auch ein String Synthesizer.

String Synthesizer

Das Streicherkeyboard ist ursprünglich ein Tasteninstrument aus den 1970er Jahren, das den Klang von einem Streichorchester nachzuahmen versucht. Gespielt wird der String Synthesizer im Studio und auch auf der Bühne von Jessica Pratts Lebensgefährten, dem Musiker Matt McDermott.

Wovon Jessica Pratt singt, weiß man nicht immer, Worte wie „reflection of your memory in the window“ im Song „Aeroplane“ oder Wortfetzen wie „chosen few“ im Stück „As The World Turns“. In letzterem, soviel verrät Jessica Pratt im FM4-Interview, geht es um die Zeit, als Donald Trump US-Präsident wurde: „I always try to maintain some mysterious element to the words. I like people to be able to use the songs for their own purposes and I like for their interpretations to vary and not provide too much context.“

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