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Ten Fé

Abi Raymaker

Ten Fé und ihre urbanen Campfire-Songs

Die englische Band Ten Fé spielt entspannten, aber unterschwellig-brodelnden Gitarrenpop und macht sich dabei auf ihrem neuen Album Gedanken über die Zeit.

Von Eva Umbauer

Ten Fé sind heute eine komplette Band, aber die Geschichte der Londoner Band begann als Duo. Ben Moorhouse und Leo Duncan trafen einander bei einer Wohnungsparty im Nordosten von London und waren dann in der U-Bahn der britischen Hauptstadt als sogenannte „busker“ aktiv, also als Straßenmusiker. Mit ihren akustischen Gitarren standen sie unter der Erde an den Bahnsteigen und zogen die Menschen mit Coversongs wie „Ramblin Man“ vom Country-Outlaw Hank Williams in ihren Bann. Die urbanen Campire Songs von Ten Fé waren geboren.

Sich austauschen und gegenseitig vertrauen

Zusammen ist man stärker, dachten Ben Moorhouse und Leo Duncan und gründeten die Band Ten Fé. Auch wenn beide nicht Spanisch sprechen, stolperten sie irgendwo über den spanischen Ausdruck „ten fé“, was so soviel bedeutet wie „have faith“, also „hab Vertrauen“. Vertrauen ineinander haben Ben und Leo von Ten Fé mehr denn je.

Ist man in einer Band der alleinige Songschreiber und Sänger, so ist das anders als wenn zwei Bandmitglieder singen und komponieren, sind sich Leo und Ben einig. Unterstützung und ein gewisser Austausch sind einfach vorhanden, wenn es zwei Sänger/Songschreiber gibt.

Ein paar der besten Bands waren oder sind wie Ten Fè von zwei Köpfen geprägt, etwa die belgische Band Balthazar, oder die australischen Indiepopper The Go-Betweens, und, ja, die Beatles hatten mit Lennon/McCartney zwei Masterminds. Obwohl, so meinen Ben Moorhouse und Leo Duncan im FM4-Interview, dass manche in einer Band das Songschreiben auch komplett alleine schaffen und erwähnen Noel Gallagher von Oasis.

Zeitgemäß und gleichzeitig old-school

Als Kids waren Ben Moorhouse und Leo Duncan begeisterte Fans von Oasis, entdeckten dann etwas später die Musik von großen Songschreibern wie Bob Dylan oder Neil Young. Ben und Leo mögen aber auch Rockbands wie Fleetwood Mac, den dunklen Pop von The Cure, den Rave-Indierock der englischen Stone Roses aus den frühen 90er-Jahren oder aktuelle Bands mit einem Psychedelic-Touch wie die Amerikaner The War On Drugs oder die Australier Tame Impala, Bands deren Herz im Rock’n’Roll tief verwurzelt ist, die aber dennoch einen sehr aktuellen Sound verkörpern.

Ten Fé haben etwas schönes Old-School-iges an sich, aber auch etwas Zeitgemäßes. Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen für Ten Fé perfekt. Egal ob es alte Songs sind oder ganz neue, Ten Fé unterscheiden nicht nach dem Alter, ein Song ist ein Song, ein guter Song ein guter Song, egal wann er entstanden ist.

Das Wort „Hippie“ darf gesagt werden, ohne ein Schimpfwort zu sein. Auch das Wort „Soft Rock“, oder doch lieber „Breezy Rock“, denn wie eine sanfte Brise vom Meer her weht die Musik von Ten Fé bisweilen, etwa in „Coasting“ oder „Not Tonight“.

Ein Spätsommer am Strand oder ein Frühlingstag im Park. In „Not Tonight“ besingen Ten Fé das Ende einer Liebesbeziehung - und den gleichzeitig vergehenden Sommer. Das tun sie auch in der neuen Single „Here Again“, einem Song, in dem es ingesamt aber letztlich darum geht, dass vieles was einem wichtig ist, oft nicht so einfach zu erreichen ist.

Das neue Album „Future Perfect, Present Tense“ ist zum größten Teil letztes Jahr entstanden, im Spätsommer und im frühen Herbst. Ten Fé begaben sich nach Norwegen in ein Studio, um an den Songs zu arbeiten. Die Producer-Rolle übernahm dann schließlich ein gewisser Luke Smith in London.

Luke Smith war einmal in einer Band namens Clor, die zu einer richtigen Kultband wurde, dann machte er sich einen Namen als Produzent für die Musik anderer Bands. So war Luke Smith etwa schon im Studio mit britischen Bands wie den Foals, Everything Everything, Slow Club, Depeche Mode oder den Crystal Fighters.

Die Hits von nebenan

Britpop trifft auf Americana-Folk und Electronica-Pop, so könnte man die Musik von Ten Fé vielleicht beschreiben. Die Songs vom neuen Album klingen nach sehr hübschen Hits von nebenan. Mit ihrem zarten Melodrama haben sie aber durchaus auch etwas unterschwellig Brodelndes in sich.

Albumcover: "Future Perfect, Present Tense" von Ten Fé

PIAS

„Future Perfect, Present Tense“ von Ten Fé ist am 8.März bei PIAS erschienen.

Ten Fé spielen am 9. Mai 2019 im B72 in Wien.

Die Songs von Ten Fé haben meist eine zarte Melancholie, strahlen aber dennoch auch Lebensfreude aus, auch wenn Ten Fé insgesamt wie recht ernste junge Männer rüberkommen. Ihre Songs sind immer sehr persönlich und trotzdem sind die handelnden Figuren in den Texten nie direkt aus ihrem Umfeld.

Im beseelten „Caught On The Inside" etwa geht es um jemanden, der oder die nur noch im Bett sein möchte: "...even if you never leave your bedroom anymore...“, in „Can’t Take You With Me“ gibt es eine Referenz an die verstorbene amerikanische Country-Legende Johnny Cash und seinen Song „Walk The Line": "....I walk the line just like Johnny...“.

Der letzte Song am Album, „Superrich“, ist nicht etwa direkte Sozialkritik, sondern es geht darum, was letztlich gut für einen ist und was nicht. Wer es einfacher mag: „No Night Lasts Forever“. Irgendwann geht die Dunkelheit und es kommt ein neuer Tag.

„To Lie Here Is Enough“ ist ein Piano-Song, „Echo Park“ hat eine tolle Gitarre, „Caught On The Inside“ gegen Ende ein Waldhorn und das Liebeslied „Coasting“ verführt mit wunderschönem Harmoniegesang.

„It’s a simple statement - ‚when I’m with you, I don’t need anything or anyone else. This feels easy, it feels like a fresh start: I’m coasting‘. Musically we kept it really simple too to reflect the sentiment. We started it to feel rootsy like Bruce Springsteen’s E Street Band and Creedence Clearwater Revival and also channel a Britpop directness.“

Wer das Debütalbum der Band kennt, das vor zwei Jahren erschienene „Hit The Light“, hat sich schon damals - neben der Slide-Gitarre, der hämmernden Percussion oder dem tollen Piano - in die Stimmen von Ben Moorhouse und Leo Duncan verliebt.

Der sanfte Bariton von Ben Moorhouse kam in der ersten Album-Runde in Songs wie dem dunkel-romantischen „Elodie“ besonders gut zur Geltung, während Leo Duncan auf den schnelleren Songs wie „Burst“ und „Turn“ die Lead-Vocals übernahm.

Wenn die Harmonie stimmt

Die besten Momente sind aber immer die, wo Ben und Leo miteinander singen. Harmoniegesang vom Feinsten, und seit es weitere Bandmitglieder gibt, gibt es natürlich noch mehr Stimmen für diesen gemeinsamen Gesang.

Mit dem neuen Album sind Ten Fé gewachsen, als Songschreiber noch besser geworden und als Sänger noch selbstbewusster, ohne jemals aufdringlich zu sein. Der Albumtitel „Future Perfect, Present Tense“ spricht das Thema Zeit an: Zeit, die man verloren hat, Zeit, die man noch vor sich hat, Zeit, die in einem Augenblick vorbei ist. „Time“ hieß auch die allererste Single von Ten Fé vor sechs Jahren. Gut Ding braucht Weile, jetzt sind Ben Moorhouse und Leo Duncan mit Ten Fé richtig angekommen.

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