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Daniel Wisser im Fm4 Studio

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Wortlaut

„Jetzt mal ganz privat...“

Von Facebookfreunden zu Ängsten und privaten Ticks. Der Musiker, Autor und heuer auch Wortlautjuror Daniel Wisser beantwortet private Fragen.

Von Zita Bereuter

„Privat“ ist das Thema von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb.

Ebenfalls in der Jury ist Daniel Wisser. Als Musiker hat er mit dem Ersten Wiener Heimorgelorchester einmal den Protestsongcontest gewonnen. Als Autor hat er im Vorjahr den besten österreichischen Roman geschrieben - für „Königin der Berge“ wurde er mit dem Österreichischen Buchpreis ausgezeichnet. Soweit das „Öffentliche“. Für Wortlaut hat er einige „private“ Fragen beantwortet.

Was verbindest du mit privat?
Meine erste Assoziation ist eine politische. Ich denk immer an diesen 90er Spruch: „Mehr privat, weniger Staat“. Und ich denke dann, dass das nicht funktioniert, dass schon darin ein Widerspruch ist. Die Frage nach einem wirklichen Privatleben. Also z.B. „Wie ist die Berühmtheit xy privat?“ hat ja auch nur so lange was Privates, so lange man es nicht weiß. Die Medien, die damit Geld machen, populäre Bücher oder Magazine, gaukeln einem nur etwas vor.

Kennst du alle deine Facebookfreunde persönlich?
Nein – erstens und zweitens bin ich vor zwei Monaten ausgestiegen aus Facebook. Ich hab das Gefühl, dass es jetzt im politischen Sinne mit diesen online-Plattformen sehr schwierig wird, noch irgendeine Art von Widerstand oder sinnvoller Tätigkeit dort zu leisten oder zu machen.

Welche privaten Handynummern kennst du auswendig?
Das sind nur zwei, drei. Und die kenne ich wahrscheinlich nur deswegen auswendig, weil ihre Struktur oder Arithmetik leicht zu merken ist. Hat nichts damit zu tun, wem sie gehören.

Passend zum Wortlautthema „privat“ hat Daniel Wisser für das FM4-Gästezimmer am Sonntag, 24. März, in seiner Musiksammlung diese Nummern ausgesucht:

  • Dusty Springfield: In Private – Pet Shop Boy Produktion
  • Saint Etienne: Heart Failed in the Back of a Taxi
  • The Beatles: Cry Baby Cry
  • Kim Wilde: View From a Bridge
  • De La Soul: Me, Myself and I
  • Trio/Sephan Remmler: Keine Sterne in Athen
  • Odetta: Sometimes I Feel Like a Motherless Child

Wie oft wechselst du deine privaten Passwörter?
Wenn sie wichtig sind, mindestens alle drei Monate.

Wie sicherst du private Daten?
Zum einen verschlüssele ich sie – mit Pretty Good Privacy. Zum anderen hab ich ganz einfach USB Sticks. Einen trag ich hier um den Hals.

Wie sicherst du deine Texte?
Die Versionen auch so. Ab Lektoratsphase gibt es auch Gedrucktes. Das versuche ich so gut wie möglich aufzuheben.

Hast du schon mal irgendwas nachtippen müssen, weil es verloren gegangen ist?
Ja, das ist mir schon passiert. Finde ich als Schriftsteller sogar sehr spannend, wenn man ohne Vorlage einen Text, den man schon mal geschrieben hat, noch einmal schreiben muss. Das zeigt einem sehr oft Schwachstellen oder starke Stellen an diesem Text.

Wie würdest du dich privat beschreiben?
Das ist die Frage, was privat ist. Und ob man jemanden überhaupt privat kennen kann. Ich finde ja, dass mit dem Wort privat sehr viel Politisches gesagt ist.

Wo fängt für dich Privatsphäre an?
Man muss das selber definieren dürfen. Wo da die Grenzen sind und man erwartet, dass die anderen das respektieren. Gleichzeitig muss man natürlich wissen, wenn man medial auftritt, als Schriftsteller oder mit Publikationen, dass Teile davon wegfallen.

Was muss unbedingt privat bleiben?
Alles, was mit Beziehungen, mit Sexualität zu tun hat. Alles, was man selbst als Information für sich schützen will.

Was bedroht deine Privatsphäre?
Selbstverständlich die Poitik. Selbstverständlich eine Menge von kriminellen Machenschaften und natürlich eigentlich auch Großkonzerne, die sich auf die Fahnen geheftet haben, das Individuum so zu durchleuchten, dass sie die Daten des Individuums für kommerzielle Zwecke nutzen.

Daniel Wisser

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Hast du einen privaten Tick?
Sehr sehr viele. Ich hab ganz viele Ordnungszwänge zum Beispiel. Das fällt jetzt unter die Privatsphäre. Das sieht so aus, dass man bestimmte Dinge auf bestimmte Positionen oder in bestimmte Richtungen stellen muss und es nicht aushält, wenn das einen halben Millimeter weiter links oder rechts steht. Es ist so was Zwänglerisches und ich hab es auch im digitalen. Also auch im Umgang mit Filenamen auf dem Computer.

Bist du privat anders wie in der Öffentlichkeit?
Ich hoffe schon. Ich glaub ja in der Öffentlichkeit gibt es nur sehr kleine Ausschnitte. Selbst wenn es von einem im Netz 500 Fotos gibt, sagt das ja über eine Person nichts.

Hattest du je eine Zahnspange?
Ja, eine dieser schrecklichen Nachtspangen. Ich komm überhaupt aus der Generation, die drei Dinge hatte, die man heute Gottseidank nicht mehr hat: Flourtabletten, Zahnspange und Schuheinlagen.

Wie viele Narben hast du?
Ich hab eine Brandnarbe auf der linken Hand von einem Unfall, den ich mit einem Jahr oder 11 Monaten hatte.

Bist du tätowiert?
Nein

Was ist deine größte Angst?
Also ich hab so viele Ängste, da müsste ich jetzt eine Ordnung machen. Momentan hab ich große Angst vor der weltweiten Radikalisierung der Politik. Wenn ich jetzt von den letzten ein, zwei Jahren spreche, muss ich schon sagen, dass das alles andere übersteigt.

Wovon träumst du?
Ich träume relativ oft davon, dass Personen, die schon verstorben sind, wieder auftauchen. Aber in einer Alltagssituation, also nicht so, dass das dann thematisiert wird, sondern die sind plötzlich wieder da, so als ob sie nie weg gewesen wären und die Gespräche mit ihnen sind dann sehr interessant.

Was ist deine guilty pleasure?
Ich schau Snooker und Darts an - im Streaming oder im Fernsehen und manchmal sogar live vor Ort.

Um welche Zeit fühlst du dich am wohlsten?
Eigentlich ganz in der Früh, das ist aber im Verlauf meines Lebens erst so geworden.

Wortlaut 19

FM4

Wortlaut, der FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb

Die Jury privat:

  • Verena Rossbacher, Autorin
  • Diana Köhle, Veranstalterin & Moderatorin von Tagebuchslams
  • Marc Elsberg, Autor

Woran zweifelst du?
Momentan zweifle ich daran, ob die Mehrheit der Menschheit wirklich daran interessiert ist, eine lebenswerte Welt zu schaffen. Im Sinne des Miteinander. Im Sinne, dass man auf die Armen und die Kinder schaut. Und im Sinn, dass man auch auf seine Lebenswelt, seine Umwelt schaut.

Bist du schüchtern?
Ja

Wann bist du zuletzt rot geworden?
Gestern

Was war in deiner Jugend dein größtes Problem?
Ein großes Problem war, dass ich mich schon sehr jung alt gefühlt hab. Nämlich ab dem ersten Tag der zweiten Klasse Volksschule. Da war ich sieben. Da gab es plötzlich Schüler, die jünger waren als ich. Das hat mich massiv verstört.

Wann hat dein Bauchgefühl nicht Recht?
Letztes Jahr bei der Verleihung des Österreichischen Buchpreises. Als ich dort saß, war ich mir sicher, dass den der Josef Winkler gewinnen wird.

Inwieweit ist Privates von dir in deinen Texten?
Ganz viel. Das muss so sein, denke ich. Man kann kaum wahrhaftig eine Lebenswelt beschreiben, wenn man nicht auf seine Erfahrungswelt zurückgreift. Es ist nur so, dass das natürlich nicht tagebuchartig oder biographieartig eins zu eins verwendet wird. Aber ohne das, was ich erlebt habe, gibt es das nicht, was ich schreibe.

Schreibst du Tagebuch?
Nein, ich schaffe es nicht. Ich schreibe Eintagebücher. Meistens beginne ich am 1. Januar und meistens endet das nach ein oder zwei Einträgen. Ich halte mein Leben und auch mein Privatleben wirklich nicht für aufschreibenswürdig.

Anrufen oder SMS schreiben?
SMS

Taxi oder U-Bahn?
Am liebsten zu Fuß gehen, aber sonst U-Bahn.

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