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Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

ROBERT ROTIFER

„Withdrawal - neither sexy nor safe“

Eine Million demonstrierte gestern für ein Zweites Brexit-Referendum. Meine Bilder vom „Put it to the People March“ durch London.

Von Robert Rotifer

Als wir uns zur Demo aufmachten, stand die Online-Petition für eine Aufhebung des Prozesses zum britischen EU-Austritt gerade bei vier Millionen Unterzeichneten. Ein paar davon, das war zu erhoffen, sollten sich für die Demo nach London bzw. ins Freie locken lassen. Auf dem Weg zur Park Lane begegneten uns schon die Ersten. Hinter dem jungen Mann hier, der unter dem Motto “Metal Against Brexit” seine Gitarre ausführte, gingen übrigens seine stolzen Eltern einher. Sie ließen mich mit bestätigenden Blicken wissen, dass es okay war, den Sohn zu fotografieren.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Ich hab das dann gleich als Pauschal-Erlaubnis auf die runde Million Menschen angewendet, die an jenem Nachmittag im Raum Mayfair, St. James und Whitehall pro-europäische Parolen erschallen ließen.

Ihre Bilder lasse ich hier für sich sprechen lassen, solang es keiner Erklärung bedarf. Nicht zuletzt, weil ich selber müde und faul bin.

Am besten ordne ich sie chronologisch bzw. der Route entsprechend, von elf Uhr dreißig bis halb sechs.

Park Lane

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Ich weiß nicht, ob ich hier eine cultural reference verpasse, aber ja, konsterniert bin ich auch.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Subtext: Brexit ist Mary Poppins auf pervers.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Um die Ecke Richtung Piccadilly ein bisschen abzuschneiden, nehmen wir die Unterführung, da kommen uns diese zwei Frauen entgegen. Zur Linken: Verballhornung von „It’s not you, it’s me“ - wie man bei Trennungen gerne sagt (Oder auch nicht. Normalerweise ist’s ja eher umgekehrt).

Piccadilly

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Von allen bei britischen sozialen Anlässen unvermeidlichen sexuellen Wortspielen fand ich dieses am besten.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Gefolgt von dem hier.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Die Bayeux Tapestry aktuell interpretiert von der Abordnung aus dem - zumindest 2016 - mit großer Mehrheit Brexit wählenden Hastings.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Und dann haben wir einen Abschneider durch die Gassen von Mayfair genommen.

Auch dort war alles voll von Menschen in Europablau und mit gelben „Bollox to Brexit“-Stickern auf den Jacken. Da wusste ich, dass das diesmal wohl wirklich eine große Zahl sein musste, denn dass es am Piccadilly bei Demos staut, ist zwar normal, aber sogar damals 2003 bei der großen Anti-Irak-Kriegs-Demo, wo eine Million aufmarschierte (allerdings mit Schlusskundgebung im Hyde Park) konnte man noch gut überholen.

Für etwaige Daily Mail-Reporter_innen, die es darauf abgesehen hätten, die Teilnehmer_innen dieser Demo als metropolitanische, bourgeoise Elite zu entlarven, war hier reichlich Munition vorhanden: Da standen sie alle mit ihren Bieren und Proseccos vor den Blumen-geschmückten Pubs, da saßen sie in Gastgärten, wo sonst nur Hedge-Fonds-Manager_innen und Hochpreis-Tourist_innen sitzen, und aßen Hochpreisessen im Namen des Widerstands gegen den Brexit.

Wir Plebs dagegen arbeiteten uns weiter vor in Richtung Ritz, wo es dann runter zum St. James’ Palace ging, und links ab in die…

Pall Mall

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Wo wir auch Bill Nighy sahen (sag ich ja, Elite alle miteinander, eine Million Bobos und Filmstars).

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Die Unterhose links oben, die man nicht lesen kann, ist ein „P“ („pants“ sind in britischem Englisch nur Unterhosen, und wenn man „pants to...“ was immer sagt, dann ist das schon eher abweisend zu verstehen).

Trafalgar Square

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Als wir dann den Trafalgar Square passieren, hören wir bereits die Schottlands First Minister Nicola Sturgeons Stimme (Lautsprecher übertragen die Reden vom Parliament Square).

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Eine Rechtskurve in die Zielgerade:

Whitehall

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Wo’s dann wirklich schon furchterregend eng wurde. Auf drei Bildschirmen hintereinander war das Geschehen am Podium im Parliament Square zu sehen, mit dem Ergebnis, dass alle vor der ersten stehen blieben.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Sobald man sich einmal da durchgekämpft hatte, gab es Luft zum Atmen. Manche kamen sogar schon vom Parliament Square zurück, so wie die zwei da mit dem schönen „Clusterfuck“-Transparent.

Vor der Downing Street zum Beispiel drängte sich gar nichts, vielleicht weil sich herumgesprochen hatte, dass Theresa sich übers Wochenende in ihrer Land-Residenz Chequers zurückgezogen hatte.

Mutig (weniger).

Schade aber auch, weil sie die Abschlussrede ihres Parteikollegen, des alten Michael Heseltine, einst Thatchers Vize und Nemesis, versäumte, der sich ganz auf die historische Bedeutung europäischer Zusammenarbeit als Projekt des Friedens bzw. der Verhinderung des Faschismus konzentrierte. Das hatte der „In“-Kampagne damals im 16er-Jahr völlig gefehlt und war erfrischend zu hören.

Als wir es dann endlich auf den...

Parliament Square

...geschafft hatten, waren die Ansprachen schon alle gelaufen. Ich hatte noch Gelegenheit, eines meiner schlechtesten Bilder des Platzes zu schießen...

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

...und wir schlossen uns dem gut gelaunten Rückzug an.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Zur Erklärung dieses Lieblingspappschilds: Wenn jemand unfähig ist, sagt man, sie/er könne nicht einmal ein „piss up in a brewery“ (Besäufnis in einer Brauerei) organisieren.

Als wir dann hintenrum via St James’ Park und The Mall wieder rauf bis zur Pall Mall gegangen waren, war dort - drei Stunden nach der Abschlusskundgebung - immer noch das Ende der Demo unterwegs. Zum Abschluss ein paar Bilder von der Nachhut.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Mehr schlechter Sex.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Mehr Monty Python.

Demonstrant_innen beim Put it to the People March

Robert Rotifer

Die Petition zur Aufhebung von Artikel 50 steht nun bei 4,9 Millionen.

Und im Fernsehen seh ich gerade den Brexiteer Iain Duncan Smith die Institution des Parlaments angreifen („MPs couldn’t even run a whelk store“ - Parlamenterier_innen könnten nicht einmal einen Seeschnecken-Stand betreiben).

Keine Frage, der Aufmarsch gestern war lustig, aber wir erleben hier gefährliche Zeiten.

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