Codewort Luisa
„Ich sehe immer wieder, dass Frauen im Vorbeigehen angegrapscht werden“, sagt Julie. Sie ist Barchefin in einem Club in der Innsbrucker Innenstadt. Und das gehe dann oft so schnell, dass die Frauen gar nicht reagieren können.
Knapp zehn Bar- und Clubbetreiber treffen sich bei der ersten Schulung für das Projekt „Luisa ist hier“. Sie alle können von Erlebnissen allein in den letzten Tagen berichten, bei denen Frauen im Nachtleben bedrängt wurden. Diese reichen vom Ignorieren eines Neins bis hin zu unangenehmen Berührungen.

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Heimgehen keine Lösung
Clubbetreiber Frederik Lordick wollte das nicht mehr hinnehmen. Sexualisierte Gewalt sei kein großes Thema in Innsbruck, es komme aber immer wieder vor. Eine Bekannte von ihm etwa sei in einem Club angegrapscht werden. Sie ging danach heim - sie wollte ihre Ruhe haben und nicht lange herumreden, was denn passiert ist. Das kann nicht die Lösung sein, meint Fred. Er wollte in seinem Club, dem „Dachsbau“, ein Hilfsangebot für Frauen in unangenehmen Situationen schaffen. Das funktionierte nur bedingt, dann entdeckte Fred „Luisa ist hier“.
Das Projekt gibt es seit einigen Jahren in Deutschland und mittlerweile auch in der Schweiz. Das Konzept ist einfach: Frauen die bedrängt werden oder sich unwohl fühlen, können sich mit der Frage „Ist Luisa hier?“ an das Barpersonal wenden. Das Personal weiß dann: Die Frau braucht Hilfe.
Keine langen Erklärungen
Das Codewort ist wichtig. Um Hilfe zu bitten oder die Situation genau zu erklären ist für Betroffene nicht einfach, weiß Katharina Hölbling vom Verein „Frauen gegen VerGEWALTigung“. Sie schult das Barpersonal zum Thema „sexualisierte Gewalt“. Besonders im Nachtleben sei um Hilfe zu bitten besonders schwierig. Oft ist es ja schon eine Herausforderung in einer vollen Bar mit lauter Musik ein Getränk zu bestellen, lange Erklärungen würden da für eine große Hemmschwelle sorgen, meint sie.
Die Frage nach Luisa soll Hilfesuchenden einen einfachen Weg eröffnen. Das Barpersonal ist darauf geschult, die Person an einen ruhigen Ort zu bringen und mit ihr weitere Schritte abzuklären. Das kann, wenn gewünscht, das Rufen eines Taxis sein oder das Benachrichtigen einer vertrauten Person bis hin zum Hinauswerfen des Täters. Wichtig sei es dabei, zuerst eine Lösung für die Betroffene zu finden, die Suche nach dem Täter komme erst dann, so Hölbling.

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Mehr Aufmerksamkeit im Nachtleben
Gut 20 Clubs und Bars machen in Innsbruck mit. Sie bilden derzeit ihr Personal aus. Die Mitarbeiter in Clubs und Bars sollen lernen, mit der Frage nach Luisa umzugehen, und auch Anzeichen für sexualisierte Gewalt und unangenehme Situationen zu erkennen. Gleichzeitig werden sie im Umgang mit Menschen unter Drogeneinfluss geschult. Dass Alkohol die Gewaltbereitschaft verstärkt, ist kein Geheimnis und auch Kokain ist eine beliebte Droge im Innsbrucker Nachtleben, erklärt Manuel Hochenegger von der Drogenarbeit Z6 in Innsbruck. Gerade Kokain in Kombination mit Alkohol führe oft dazu, dass das Ego ansteige und ein „Nein“ nicht akzeptiert wird. Hier soll das Personal Anzeichen erkennen und so mögliche Störenfriede schon vor einem Vorfall im Auge behalten.
Auf Plakaten und Stickern auf der Frauentoilette können Frauen erkennen, dass der Club bei der Initiative mitmacht, dort wird Luisa auch noch einmal kurz erklärt. Ab 1. Mai soll „Luisa ist hier“ dann in den teilnehmenden Clubs und Bars umgesetzt werden. Der Initiator Frederik hofft, dass die Frage nach Luisa selten oder nie gestellt werden muss. Denn das große Ziel hinter dem Projekt sei es, das Thema sexualisierte Gewalt präsenter zu machen, und damit vielleicht schon vorzubeugen. Das komme allen im Innsbrucker Nachtleben zugute. Demnächst wollen auch Grazer Clubbetreiber „Luisa ist hier“ umsetzen.
Publiziert am 27.03.2019