FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

E-Game Festival

radio fm4 / Robert Glashüttner

Das Electronic Sports Festival versteckt sich im Einkaufszentrum

Das Electronic Sports Festival in Wien könnte eine gute Veranstaltung sein, steht sich aber mit einem völlig unpassenden Veranstaltungsort und zu großspurigen Ankündigungen selbst im Weg.

Von Robert Glashüttner

Profi-Gaming, also E-Sport, ist eine komplizierte Angelegenheit. Hauptsächlich liegt es an den Disziplinen, also den jeweiligen Spielen, die sich alle paar Jahre ändern. Und selbst dort, wo die gespielten Games über viele Jahre hinweg mehr oder weniger gleich bleiben - etwa bei „FIFA“ oder „Counter-Strike“ - bildet sich nie so richtig ein Stammpublikum heraus. Das Problem liegt in der Struktur und Organisation von E-Sport-Events: Veranstalter, Turniere, Ligen, Veranstaltungsorte und Sponsoren wechseln zu oft. Ist man nicht selbst etwa als Spieler*in oder Veranstalter*in direkt involviert, verliert man schnell den Überblick.

Dennoch erleben wir in den letzten paar Jahren ein Comeback von E-Sport. Große Konzerne machen derzeit viel Geld locker, um jungen Startups beim Aufbau von E-Sport-Veranstaltungen zu helfen. So ist auch das Electronic Sports Festival entstanden, das letztes Jahr in Wien Favoriten debütiert hat und heuer in Kaisermühlen stattfindet - mitten im weitläufigen Shopping-Komplex Donauzentrum. Die Website vom E-Sports-Festival trägt im Vorfeld dick auf: Da ist etwa die Rede von einem „einmaligen Spektakel“, „mitreißenden Attraktionen“, einem „gewaltigen Showprogramm“ und natürlich nur dem Besten und Größten der heimischen Profi-Gamer*innen-Community.

Auf der Suche nach dem Festival

Dieser großspurigen Ankündigung entsprechend habe ich mir im Vorfeld so etwas wie eine mittelgroße Messehalle erwartet, in der sich die unterschiedlichen Bühnen sowie die Expo mit diversen Ausstellern drumherum präsentieren. Entsprechend erstaunt bin ich, als ich mitten im Einkaufszentrum stehe und erstmal keinen Anhaltspunkt habe, wo denn dieses fantastische E-Sport-Festival nun sein soll. Habe ich mich verlaufen, den falschen Eingang genommen? Oder ist es vielleicht gar nicht hier, mitten im Shopping-Wahnsinn?

E-Game Festival

radio fm4 / Robert Glashüttner

Die österreichischen Youtuber/Streamer Luigikid (moderierend) und JustBecci (links neben ihm) führen durch den „SingStar“ Karaoke-Contest.

Doch dann gibt es erste Indizien auf digitale Spielkultur: einige Rechner, zwei Racing-Stationen, ein paar Banner und eine Empfangstheke. Der Mitarbeiter hinter der Theke räumt um 10 Uhr in der Früh noch die diversen Materialen heraus, teilt mir aber schon freundlich mit, wo ich einen weiteren Teil der Veranstaltung finde: Hier rauf, geradeaus, dann mit der Rolltreppe wieder runter und noch ein bisschen weiter. Da wäre dann die Hauptbühne. Ich irre kurz weiter. Einmal muss ich nachfragen, dann bin ich endlich in die richtige Richtung unterwegs - hin zur Hauptbühne, die ihren Namen nicht verdient, sondern eher als größerer Messestand bezeichnet werden sollte. Da sind eine Videowall mit kleiner Bühne und etwas Bestuhlung, eine verhältnismäßig große Retro-Area sowie Speis und Trank - alles gebrandet und gesponsert, versteht sich.

Osterhafte Suche nach den anderen Bereichen

Kurz danach trete ich den Weg zurück zum Empfang an, bleibe aber diesmal im ersten Stock und biege - immer den Festival-Plan fest in den Händen haltend - in einen anderen Trakt ab. Es geht rüber über eine Brücke, und hier ist nun eine weitere Gaming-Insel: Es gibt eine weitere Videowall, zwei kleine Aussteller sowie zwei junge Frauen, die rot-weiße Trikots tragen und Tischfußball spielen. Sind sie Mitarbeiterinnen des Festivals oder Gäste, die zum Wuzzeln eingeladen wurden? Eine Frage später stellt sich heraus, dass die beiden Profis vom Wiener Tischfußballbund sind! Keine Ahnung, was das mit Gaming und E-Sport zu tun hat, aber ich bin begeistert. Der FM4-Radiobeitrag ist gerettet.

E-Game Festival

radio fm4 / Robert Glashüttner

Nationalteamspielerinnen Sophie (links) und Astrid

Ich rolle die Treppen zwei Stockwerke weiter nach oben, immer noch auf der Suche nach den restlichen beiden Bühnen. Es stellt sich heraus, dass dafür zwei Kinosäle gemietet worden sind, in denen die E-Sport-Turniere abgehalten werden - eigentlich eine gute Idee. Doch die durchgehend moderierten Partien beginnen erst um 12 Uhr. Also noch ein bisschen Geduld. Ich gehe zurück zum Empfang und spreche dort mit den Mitarbeiter*innen der jungen Wiener Indie-Firma Bars Studios, die gleich zwei erste Spiele am Start haben: den First-Person-Shooter „Shiro 011“ und das VR-Arcade-Game „Laser Beat“.

Eigentlich eine LAN-Party

Obwohl sich nach und nach doch noch einige Aussteller mehr finden, ist das E-Sports-Festival - gelinde gesagt - nicht das, was es verspricht oder gerne wäre. Die Veranstalter*innen visionieren (und kommunizieren teilweise auch) eine famose Mischung aus LAN-Party, E-Sport und Expo. Doch auch unabhängig von der Fragmentierung der einzelnen Orte, kann keiner dieser Teile so richtig aufblühen. Die LAN ist das eigentliche Herzstück der Gesamtveranstaltung, allerdings noch versteckter als die restlichen Orte und darüber hinaus nicht öffentlich - ein Ticket (und damit auch die Möglichkeit der Teilnahme an den diversen Turnieren mit der Chance auf Geldpreise) kostet dort wahlweise 39 oder 89 Euro. Das teure „Pro-Ticket“ inkludiert unter anderem freie Getränke und Snacks sowie ein Am-Platz-Service. Kurios, aber warum nicht.

Das Electronic Sports Festival ist in der Theorie eine erfreuliche Sache, bleibt aber vor allem wegen des unpassenden Veranstaltungsortes stark hinter den Erwartungen zurück, die die Veranstalter*innen im Vorfeld leider auch selbst viel zu hoch geschraubt haben.

Aktuell: