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Maverick Sabre

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Maverick Sabre ist der Rising Star der britischen Neo-Soul-Szene

Schmerz und Kampf und Neo-Soul. Maverick Sabre vertont den musikalischen und gesellschaftlichen Melting Pot, der London ist. Er vergisst dabei aber nicht seine irischen Wurzeln.

Von Lisa Schneider

Being Irish means to me an understanding of our past, an understanding of our pain and struggle and being able to express it creatively, erzählt Maverick Sabre in einem Interview. Pain und Struggle, die Unsicherheiten des Erwachsenwerdens, aber auch gesellschaftliche und politische Missstände sind die Themen seiner Musik - so auch auf seinem neuen, dritten Album „When I Wake Up“.

Inspirationsquelle London

Maverick Sabre wächst im irischen Wexford auf, geboren wurde er aber in London. Die Stadt ist aktuell nicht nur politisch in aller Munde, sondern nach wie vor einer der spannendsten musikalischen Melting Pots Europas - und deshalb mittlerweile auch der Lebensmittelpunkt des Musikers. Die große, schnelllebige, multikulturelle Metropole, in der Genres wie Grunge und Jungle, aber auch HipHop oder vor allem Neo-Soul ihre Hochphasen erlebt haben und immer noch erleben.

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Neo Soul ist nicht nur in Großbritannien on the rise: Wer Maverick Sabre mag, dem sei der österreichische Musiker Lou Asril empfohlen. Oder die Wiener Musikerin Soia.

Was Neo-Soul angeht ist es neben Künstlern wie Michael Kiwanuka vor allem aktuell Jorja Smith, die die Szene aufrüttelt. Und sie ist eine langjährige musikalische Wegbegleiterin von Maverick Sabre, gemeinsam haben sie unter anderem schon 2016 den Song „A Prince“ gemeinsam aufgenommen.

Eine der ersten Singles seines neuen Albums- und auch eine der besten - heißt „Slow Down“. Es ist ein Duett mit Jorja Smith, die erdachte Liebesgeschichte, authentisch nachgestellt. Es hat gebrodelt, einige Sekunden, bevor der Song einsetzt. Jetzt geht’s ums Runterkommen, das sich selbst ein wenig Belächeln: Um was ging es in unserem Streit noch schnell? Slow Down, runterkommen, im Jetzt leben. Was sind das schon für teilweise lächerliche Sorgen, mit denen wir uns umgeben.

MCing, Sampling, Collaborating

Während der 28-jährige Maverick Sabre aktuell also als eines der spannendsten neuen Talente der britischen Hauptstadt gehandelt wird, hat er dort schon vor gut sieben Jahren das erste Mal angeklopft. „Let Me Go“ ist ein soulig gefütterter Dancefloortrack, der nicht zuletzt wegen des Samples von Isaac Hayes’ „Ikes Rap II“ zum wummernden Dauerbrenner der UK-Charts im Sommer 2011 wurde. Seine Wurzeln als irischer MC, der solange keine Stimme für seine Refrains fand, bis er schließlich selbst neben dem Rappen zu singen begonnen hat, sind deutlich zu hören. Auch folgende Singles wie das im zurückgelehnten 60er Jahre-Charme aufgenommene „I Need“ knüpfen an den ersten großen Erfolg an. Wieder Top 20 in den UK-Charts. Das Debütalbum erscheint 2012, es trägt den schön redundanten Titel „Lonely Are The Brave“.

Nach seinem zweiten Album „Innerstanding“ 2015 und beinahe unzähligen Kollaborationen wie etwa mit der erwähnten Jorja Smith, dem ugandisch-britischen Spoken-Word-Performer George The Poet und dem ebenfalls britischen Soulmusiker Liam Bailey erscheint jetzt mit „When I Wake Up“ das dritte Album von Maverick Sabre. Sollte man sich noch nie mit ihm und seiner Musik beschäftigt haben, ist dieser dritte Longplayer der, der auf jeden Fall einen Platz in der Plattensammlung verdient hat.

LIVE

Am 25.4. ist Maverick Sabre live zu Gast in Wien: er spielt in der Grellen Forelle.

Seinen steigenden Bekanntheitsgrad in der Londoner Szene nutzt Maverick Sabre erneut, um sich renommierte Gast-Artists auszuwählen. Neben Jorja Smith ist der Grammy nominierte Reggae-Musiker Chronixx am Song „Her Grace“ zu hören (mit ihm hat er auch schon am Song „Trouble“ zusammengearbeitet). Damit hat sich Maverick Sabre selbst einen Traum erfüllt: Nachdem ihm sein Vater im Alter von acht Jahren neben traditioneller irischer Musik und dem Gitarrespielen an sich vor allem auch den Blues nahegebracht hat, kippt der damals ausschließlich rappende Maverick Sabre hinein in Genres wie HipHop, Soul oder eben Reggae.

Die alte Geschichte, neu erzählt

„Her Grace“ ist eines der besten Beispiele dafür, wie Maverick Sabre jahrzentealte Musik- und Genretraditionen mit der Gabe verbindet, Geschichten zu erzählen. Der Song handelt von häuslicher Gewalt und gleichzeitig vom hinterhältigen Spurenverwischen derselben. Von Geheimnissen, die nicht geheim sind: „Who heard her call, unlock the door, she lost a smile behind the curtains as she falls, there’s blood on the draws, she’s numb from the force and through the silence through the night he came and stole“, singt Maverick Sabre, während Streicher und Chor ein warmes Bett für die kalte Storyline liefern.

Es ist überhaupt großteils der herausragenden Stimme von Maverick Sabre zu verdanken, dass seine düsteren Geschichten eine gewisse Weichheit erlangen. Gerade das neue Album ist geprägt von Themen wie Missbrauch, mentaler Gesundheit oder Waffengewalt. „No money, no doctors for patients, always money for bombs and not payslips and the bullets, they keep you in slavery“ heißt es auf „Guns In The Distance“. Man will sie wieder und wieder hören, die Anklagen. Die Stimme.

„Guns In The Distance“ ist auch der Song, der einen der wenigen Rapparts des Albums beinhaltet. Die genretechnische Vielfalt seiner Wahlheimat hat Maverick Sabre gemeinsam mit seinen eigenen musikalischen Wurzeln in ein Album gepackt, das klingt, wie man sich das zeitgenössisch vertonte London vorstellen muss. Folgerichtig eröffnet er das Album mit der schweren A-cappella-Ballade „Preach“, um schon am nächsten Stück, dem fiebrigen „Drifting“, einen Haken Richtung Sonne zu schlagen. Dick und schwer ist hier nur mehr der Bass.

Cineastische Maßnahmen

Maverick Sabre weiß, einen erzählerischen Bogen zu spannen - vom ersten bis zum letzten Song. Alles durchzuspielen, seine eigene Vergangenheit, seine durchmischten musikalischen Vorlieben - und die seiner Kollaborationspartner*innen. Ein Album als Soundtrack seiner Entwicklung als Künstler.

Cover "When I Wake Up" Maverick Sabre

FAMM

Das dritte Album von Maverick Sabre, „When I Wake Up“, erscheint via FAMM.

Es ist besonders schön, dass ganz am Schluss der Song „Glory“ steht. Es ist die kommende Albumsingle, deren Anfangszeilen auch am Albumcover abgedruckt zu lesen sind:

Told me rivers of gold would come
Had me chasing to see
I was kissing my only one
Left my pain with the breeze
I rise up in the morning sun
Take a flight with the wind
I know better of days will come
So I try to believe

Maverick Sabres Vater, der ihn überhaupt erst zur Musik gebracht hat, singt mit ihm gemeinsam.

Man sieht sie dort sitzen, in einer Bar am irischen Land. Eine Band spielt im Hintergrund traditionelle Instrumente, Geige, Flöte, Akkordeon, akustische Gitarre. Das ist nostalgisch und kitschig und wunderschön zugleich, vielleicht ist es draußen schon finster, und die Nacht schon sehr alt. Und nachdem im Vorlauf des Albums, mit all den anderen Songs, schon alle Pistolen abgefeuert, die Haare gerauft und die Tränen über den Zustand der Welt vergossen sind, ist es Zeit, sich gemeinsam aufzurappeln: „Keep your head up you’re coping“.

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